Sprungmarken
22.08.2006

Aus Kindern werden Kelten

Historische Spielstadt im Petrispark

Der zehnjährige Simon Weber ist im Hausbaubetrieb von „Exobnus“ (rechts) und „Noreia“ (verdeckt) bereits zum Gesellen aufgestiegen. Die Wände aus Weidengeflecht werden später mit Lehm befestigt.
Der zehnjährige Simon Weber ist im Hausbaubetrieb von „Exobnus“ (rechts) und „Noreia“ (verdeckt) bereits zum Gesellen aufgestiegen. Die Wände aus Weidengeflecht werden später mit Lehm befestigt.
„Die Römer uns besiegen? Das wird niemals geschehen“, lacht die Dorfälteste. „Unsere Männer werden sie schon aufhalten.“ Wir schreiben das Jahr 52 vor Christus. Fast alle Männer des Treverer-Dorfs nahe der Mosel sind zum Kampf gegen die römischen Eindringlinge ausgezogen. Nur der Schmied und der Zimmermann sind zurückgeblieben. Die übrigen Handwerksbetriebe werden derweil von den Frauen weitergeführt.

Kupferling als Währung

Bereits zum 15. Mal veranstaltet die mobile spielaktion in diesen Sommerferien ihre historische Spielstadt, die diesmal wegen der Bauarbeiten in den Kaiserthermen ausnahmsweise auf einer Wiese im Petrispark aufgebaut wurde. Unter dem Motto „Leben im Vicus der Treverer“ können Kinder zwischen 6 und 14 Jahren noch bis 25. August in die Zeit der Kelten im ersten Jahrhundert vor Christus eintauchen. Als Lehrlinge, beispielsweise in der Schmiede, bei der Korbflechterin, beim Hausbau, Bäcker, der Spinnerin oder Weberin können sie so manches über das Leben und den Alltag der Kelten erfahren und sich zugleich in Form von Kupferlingen ein kleines Zubrot für ihre Dienste erwerben, mit dem sie die in der Stadt produzierten Waren – zum Beispiel lederne Säckchen, Schmuck, Gewänder oder eine Gerstensuppe im Wirtshaus – erwerben können.

Genaue Recherchen

Neben der Arbeit und dem Alltag erfahren die Kinder aber auch einiges über das gesellschaftliche und politische Leben der Treverer in dieser Gegend. Jeder Handwerker hat seine eigene „Geschichte“, die Tag für Tag weitergesponnen wird. Wie zum Beispiel Kundry, die Weberin, deren Mann im Kampf gegen die Römer umgekommen ist und die nun, da sie keine Brüder hat, nach keltischem Brauch den Männern rechtlich gleich gestellt ist. Diese sehen das aber gar nicht so gerne und Kundry, die zudem dank überhöhter Mieteinnahmen zu den reichsten Dorfbewohnern zählt, soll deshalb möglichst bald wieder verheiratet werden. Begegnungen mit weitgereisten Händlern aus dem Orient und natürlich die ständige Bedrohung durch die Römer komplettieren das Szenario, für das das Team der spielaktion um Jörg Drekopf und Sandra Rouhi wie immer genaue historische Recherchen betrieben hat. Ob Kleidung, Werkzeuge, Sprache oder Verpflegung: Wenn der Vicus jeden Morgen um 11 Uhr seine Pforten öffnet, haben die Kinder das Gefühl, in eine andere Zeit versetzt worden zu sein.

„Wenn es die Spielstadt nicht gäbe, müsste man sie erfinden“, lobte Oberbürgermeister Helmut Schröer, der dem Dorf wie jedes Jahr einen Besuch abstattete. An der Finanzierung der für die Kinder kostenlosen Ferienaktion beteiligen sich neben der städtischen Jugendpflege auch die Nikolaus-Koch-Stiftung und die Sparkasse. „Über unsere jährliche Spende für diese wunderbare Initiative gibt es nie eine Diskussion“, berichtete Sparkassen-Chef Dieter Mühlenhoff.
 
Verweisliste