Sprungmarken
08.08.2023

Kurze Blüte des Steindrucks in Trier

Zeichnung des Innenschiffs der Kirche
Eine der Lithographien zeigt mit dem Innenraum der Liebfrauenkirche ein gotisches Juwel. Seit 1986 ist die als Zentralbau angelegte Kirche Teil des Unesco-Welterbes. Foto: Anja Runkel / Signatur: Sta_Tr_Grafikslg_0147

Von Paris nach Trier – vor 200 Jahren wagte sich ein junger Trierer Zeichenlehrer an eine neue Drucktechnik und eröffnete die erste Lithografieanstalt in der Stadt. Die noch im selben Jahr gedruckte und veröffentlichte Mappe mit dem Titel „Trier’s Alterthümer und Umgebungen in 22 pittoresken Ansichten“ ist im Stadtarchiv deshalb das Objekt des Monats August.

Bilder mit Hilfe chemisch bearbeiteter Steine auf Papier zu drucken – das war vor 200 Jahren eine Neuerung, die auch einen jungen Trierer Zeichenlehrer begeisterte: Christoph Hawich, der 1782 in eine Künstlerfamilie hineingeboren wurde, hatte gute Aussichten, Maler zu werden. Aufgewachsen in der Kunstwerkstatt seines Vaters, lernte er früh das Zeichnen und Malen.

Wie er arbeitete Hawich zunächst als Zeichenlehrer und widmete sich außerdem der Porzellanmalerei. Auf seinen Studienreisen durch den Südwesten Deutschlands sowie nach Paris lernte der junge Trierer Maler dann das Steindruck-Verfahren kennen.

Dabei wird eine Steinplatte mit Chemikalien so bearbeitet, dass die zu druckenden Stellen die ölige Druckfarbe aufsaugen, während mit Wasser benetzte Flächen die Farbe abstoßen. In einer Presse können dann Papierbögen mit den so bearbeiteten Steinplatten bedruckt werden.

Noch während Hawich als Zeichenlehrer und Porzellanmaler arbeitete, bemühte er sich, die Gelder für die Eröffnung einer eigenen Anstalt zu sammeln. Unterstützt durch verschiedene Mäzene und dank des Kredits der Stadt Trier, eröffnete er 1823 im früheren Familienatelier in der Palastgasse 95 seine Steindruckwerkstatt.

Die Motive, die er für seine Werkmappe „Trier’s Alterthümer“ benutzte, stammten noch aus einer Sammlung von Stadtansichten, die er als Vorlage für die Porzellanmalerei genutzt hatte. Diese Bilder übertrug der Frankfurter Lithograf Johan Susenbeth für ihn auf die Steinplatten.

Die Stiche waren unter anderem für Touristen gedacht. Sie bildeten die wichtigsten Gebäude der Stadt ab, zum Beispiel die Porta Nigra, die Kaiserthermen und die Moselbrücke, aber auch die Landschaft rund um Pallien oder Olewig. Einer der so entstandenen Drucke in der Sammlung von 22 Ansichten ist der „Innenraum der Liebfrauenkirche“. In der Darstellung führen kleine Staffagefiguren den Betrachter in das Bild und verdeutlichen so die Größenverhältnisse des Raumes.

Christoph Hawich war ambitioniert und begann bald mit weiteren Projekten. So erstellte er eine Galerie der Trierer Persönlichkeiten und großformatige Lithographien, darunter eine Ansicht der Igeler Säule und eine Stadtkarte von Trier.

Leider erwies sich die Steindruckerei nicht als wirtschaftlich. Die Lithografien verkauften sich nicht so gut wie erwartet. Auf seinem Selbstporträt, das er fünf Jahre nach der Werkstatteröffnung anfertigte, blickt er dem Betrachter recht resigniert entgegen. Zu diesem Zeitpunkt war absehbar, dass die Anstalt keine Zukunft mehr hatte. Zwei Jahre später schloss er auch seine Sonntagsschule für Handwerker und war nur noch als Zeichenlehrer an der Trierer Knabenbürgerschule tätig. Der Pionier der Lithografie in Trier verstarb 1848 mit fast 66 Jahren in seiner Heimatstadt. An seine ambitionierten Steindruckprojekte erinnern viele Werke im Bestand des Stadtarchivs.

Von Dr. Magdalena Palica