Sprungmarken
08.05.2018

Ohne Trier kein Marx

Festakt zum Auftakt des Jubiläumsjahres mit Hauptredner Jean-Claude Juncker

Gesprächsrunde mit Kurt Beck, Beatrix Bouvier, Katarina Barley, Bischof Stephan Ackermann und Moderator Alexander Wasner (v. l.)
Die Gesprächsrunde mit Kurt Beck, Beatrix Bouvier, Katarina Barley, Bischof Stephan Ackermann und Moderator Alexander Wasner (v. l.) lockert den Festakt in der Basilika auf.

„Ohne Trier hätte es Karl Marx nicht gegeben". Mit dieser Aussage brachte Jean-Claude Juncker das ihm ohnehin wohl gesonnene Publikum in der Konstantin-Basilika endgültig auf seine Seite. Als Knotenpunkt preußischer und französischer Einflüsse habe die Moselstadt bei dem jungen Marx den Sinn fürs Politische geschärft. Juncker war Hauptredner bei dem Festakt, mit dem Trier und Rheinland-Pfalz den Auftakt des Jubiläumsjahrs und die Eröffnung der Landesausstellung feierten. „Der Kapitalismus ist eine Plage, wenn er nicht nuanciert wird durch Überlegungen, die den Menschen und nicht die Produktion in den Mittelpunkt stellen", sagte der EU-Kommissionspräsident und Trierer Ehrenbürger. Der Grundgedanke von Marx sei daher auch heute noch richtig. Selbstkritisch fügte Juncker an: „Die EU ist ein wackliges Gebäude, solange die Sozialpolitik das Stiefkind der europäischen Integration bleibt."

Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer zollte dem „Gelehrten und tiefgründigen Analytiker Karl Marx, einem der bedeutendsten Denker des 19. Jahrhunderts" ihren Respekt. Es sei wichtig und richtig, dass Rheinland-Pfalz aus Anlass seines 200. Geburtstags einen Anstoß gebe, sich mit seinem Leben und seinem Werk kritisch auseinanderzusetzen. Zugleich äußerte sie ihr Verständnis für den Standpunkt von Opfern der SED- Herrschaft, die die Feierlichkeiten für die DDR-Staatsikone Karl Marx kritisiert hatten. Dreyer und Juncker betonten jedoch unisono: „Man kann Marx nicht die Gräueltaten seiner vermeintlichen Erben im 20. Jahrhundert zuschreiben."

„Lassen Sie uns Karl Marx neu entdecken", lautete daher die Einladung von OB Wolfram Leibe zum Start der Ausstellungen. „Wir haben als Geburtsstadt eine besondere Verantwortung gegenüber Marx, zu der wir uns bekennen – frei von ideologischen Vorbehalten, getragen von einem kritischen Bewusstsein."

In einer Talkrunde mit SWR-Kulturredakteur Alexander Wasner kamen weitere Ehrengäste zu Wort. Für Bischof Stephan Ackermann geht es im Jubiläumsjahr auch darum, bisher eher unbekannte Facetten aus dem Leben und Werk von Karl Marx deutlich zu machen. Zugleich stellte er klar: „Eine Heiligenverehrung ist sicher nicht angebracht." Die Bundesjustizministerin und Trierer Bundestagsabgeordnete Katarina Barley stellte fest: „Als ich vor 25 Jahren nach Trier kam, war Marx im Stadtbild kaum präsent. Heute besteht eine viel größere Bereitschaft seine historische Leistung differenziert zu würdigen." Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich- Ebert-Stiftung, lobte: „Die Ausstellungen in Trier haben sich nicht in ein Denkschema drängen lassen und tragen dazu bei, dass man sich von festgefahrenen, strikt positiven oder strikt negativen Meinungen über Marx lösen kann."

 
Bildergalerie
  • Malu Dreyer wohnt in Trier, Jean-Claude Juncker ist Ehrenbürger der Stadt.