Sprungmarken
24.02.2015

Um 10 Uhr wehte das Sternenbanner

US-Militärkolonne an der Porta Nigra im März 1945
Aus der Paulinstraße kommend rückt eine US-Fahrzeugkolonne an der Porta Nigra vor. Foto: Sammlung A.Welter
Der 2. März 1945 ist für Trier ein historisches Datum. An diesem Freitagmorgen vor 70 Jahren marschierten die Amerikaner in die Stadt ein – für Trier war der Zweite Weltkrieg damit so gut wie beendet. Die RaZ rekonstruiert in Zusammenarbeit mit dem Heimatforscher Adolf Welter, der intensiv hierzu forschte und Bücher veröffentlichte, anhand verschiedener Quellen die Geschehnisse dieses wichtigen Datums.

„In Würdigung der Bedeutung der Stadt Trier als Straßen-, Eisenbahn- und Verpflegungsknotenpunkt, leisteten die Nazis keinen großen Widerstand. Es war jedoch für unsere Division, die viele Fahrzeuge und manchen Mann auf den Anmarschwegen lassen musste, auch kein einfaches Übernehmen.“

So berichtete die US-Armeezeitung „The Stars and Stripes“ in ihrer Ausgabe vom 3. März 1945 über den Einmarsch in Trier. Zu lesen waren diese Sätze – zehn Jahre später – in der Trierischen Landeszeitung vom 2. März 1955, die ihren Lesern den gesamten Artikel anlässlich des zehnten Jahrestags in deutscher Übersetzung präsentierte.

Trier wurde von den Amerikanern in einer Zangenbewegung von beiden Moselseiten angegriffen. Die in der Nacht vom 26. auf 27. Februar bei Beurig nähe Saarburg durchgebrochenen US-Truppen bewegten sich Richtung Trier. „Trier war am 1. März schon so gut wie eingeschlossen“, sagt Heimatforscher Adolf Welter. Doch die Nazis leisteten durch Flakbeschuss heftigen Widerstand und fügten den vorrückenden US-Panzerkolonnen Verluste zu. Um das schnelle Vorrücken zu verhindern, wurde die Kaiser-Wilhelm-Brücke am Abend des 1. März gesprengt. All dies konnte jedoch nicht verhindern, dass die amerikanischen Panzer weiter Richtung Trier vordrangen und am Nachmittag des 1. März auf dem Grüneberg, an der Pfalzeler Brücke und am Stadtrand bei Kürenz standen. Eine Abteilung der 10. US-Panzerdivision gelangte am späten Abend des 1. März nach Irsch und erreichte um 22 Uhr die Eisenbahnbrücke bei den Kaiserthermen.

Zeitzeuge Heinrich Schraps schildert damals sein Erleben der Situation: „Nachmittags zwischen 16 und 17 Uhr wollte ich mit meinem Freund (…) die Stadt Richtung Ruwer verlassen. Auf der Höhe der Zementbrücke hörten wir US-Panzer anrollen. Wir sprangen deshalb zu Trierer Volkssturmmännern in deren Schützengräben und beteiligten uns am Abwehrkampf. Da jedoch keine panzerbrechenden Waffen vorhanden waren, konnte die Durchfahrt der US-Panzer in Richtung Kürenz nicht verhindert werden. Mein Freund erhielt einen Bauchschuss und starb.“ In der Nacht drangen US-Truppen schließlich in die Kasernen in Feyen ein. Die Wehrmacht meldete: „Am 1. März 1945 setzt der Feind mit der 76. amerikanischen Infanterie-Division und der 10. Panzer-Division den Zangenangriff auf Trier fort und erzielte tiefe Einbrüche. Nach Verlust von vier Panzern bricht der Feind mit zunächst acht Panzern bis zu den Schießständen in Feyen (Pellinger Straße) durch.“

Römerbrücke wird nicht gesprengt

In der Nacht vom 1. auf den 2. März stieß der amerikanische Oberst Richardson mit zwei Panzern und Infanterie von den Kaiserthermen durch die Südallee zur Römerbrücke vor und besetzte diese. Die Deutschen wollten die Römerbrücke sprengen. Als dies jedoch ausblieb, bekamen zwei Hauptmänner den Befehl, die Situation an der Brücke zu überprüfen. Die US- Truppen hörten die beiden Soldaten mit ihren genagelten Stiefeln schon von weitem und erschossen sie. Zivilisten wurden auf die Brücke beordert, wo diese stundenlang stehen mussten und als Geiseln dienten, damit die Brücke nicht noch nachträglich gesprengt werden konnte. Sie wurde es bekanntlich nicht und blieb damit die einzige Brücke bis Koblenz, die den Krieg überstand. Nahe der gesprengten Kaiser-Wilhelm-Brücke rückten die Amerikaner auf den Georg-Schmitt-Platz vor, nahmen dort Stellung und beschossen die Uferstraße in Pallien, auf der deutsche Truppen Richtung Biewer flüchteten. Als ein Munitionswagen getroffen wurde, zerstörte die Explosion den Bahnhof Pallien sowie umliegende Häuser.

Gegen 10 Uhr am Morgen des 2. März hisste US-Captain Robert Wilson die amerikanische Flagge auf dem Hotel Porta Nigra. Dieser symbolische Akt machte es überdeutlich: Trier war in amerikanischer Hand. Bezeichnend erscheint eine Wehrmachts-Brieftaubenmeldung vom Nachmittag: „Restbesatzung Trier eingeschlossen. Freikämpfen der Römerbrücke mit vorhandenen Kräften unmöglich.“ Wie viele deutsche Soldaten sich in Trier befanden, ist laut Welter unklar. Was die Zivilisten betrifft, geht der Heimatforscher von rund 1000 Personen aus.

Harter Kampf bei Pellingen

Vorbei war der Krieg für die Menschen mit dem Einmarsch der Amerikaner jedoch nicht. Denn noch befand sich die Stadt in Reichweite deutscher Artilleriegeschütze. Lohnende Ziele waren die Römerbrücke und der Eurener Flughafen. Die größte Gefahr für Trier entstand in der Nacht vom 6. auf den 7. März, als die 6. SS-Gebirgsdivision Nord einen Gegenangriff im Raum Lampaden startete und die „Dreikopf-Höhe“ bei Pellingen zurückeroberte. Die einzige Nachschubstraße der US-Truppen in Trier war damit unterbrochen. Nach hartem mehrstündigem Kampf wurde sie von den Amerikanern jedoch wieder freigekämpft. Die anschließenden Gefechte dauerten noch bis zum 17. März. Erst dann war der Krieg für Trier zu Ende – doch der Überlebenskampf ging weiter. Über Monate mangelte es an Lebensmitteln, Strom, Gas und Wasser. Verschärft wurde die Situation durch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die plündernd durch die Straßen zogen und vielfach Brände legten. Doch nach und nach startete der Wiederaufbau der weitgehend zerstörten Stadt und eine neue Zeit brach an.

Björn Gutheil

Quellen

  • Christoffel, Edgar: Krieg am Westwall 1944-1945, Trier 1989.
  • Gilles, Dr. Karl-Josef: Die Geschichte von Filsch, Trier 2003.
  • Trierische Landeszeitung vom 2. März 1955 und vom 3. März 1970.
  • Welter, Adolf: Chronik Trier-Euren 1939 -1948, Trier 1987.
  • Welter, Adolf: Trier 1939 - 1945 – Neue Forschungsergebnisse zur Stadtgeschichte, Trier 1998.
  • Zenz, Emil: Trier in Rauch und Trümmern, Trier 1983.