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12.04.2011

Norbert Blüm und der aufrechte Gang

Gerechtigkeit schafft Frieden“. Mit diesen Worten trägt sich Norbert Blüm im Beisein der Mitglieder des Ältestenrates in das Goldene Buch der Stadt Trier ein.
Gerechtigkeit schafft Frieden“. Mit diesen Worten trägt sich Norbert Blüm im Beisein der Mitglieder des Ältestenrates in das Goldene Buch der Stadt Trier ein.
Wenn Rudolf Dreßler und Norbert Blüm nacheinander die Rednertribüne betreten, werden Erinnerungen an den Bonner Bundestag wach. Vergangene Woche war es wieder soweit: Der frühere Bundesarbeitsminister Blüm erhielt den Oswald von Nell-Breuning-Preis der Stadt Trier und Dreßler hielt die Laudatio.

In ihren engagierten Reden geißelten der 75-jährige CDU-Politiker und der 69-jährige SPD-Sozialexperte die zunehmende Entfremdung von Kapital und Arbeit. Damit zeigten sie, wie aktuell die von Nell-Breuning begründete katholische Soziallehre angesichts der Finanzkrise noch immer ist.

Norbert Blüm ist nach Paul Kirchhof, Helmut Schmidt, dem Päpstlichen Rat Cor Unum und den Brüdern Hans-Jochen und Bernhard Vogel der fünfte Träger des mit 10 000 Euro dotierten Preises. Mit der Auslobung will Trier an das epochale Lebenswerk des 1890 in der Moselstadt geborenen Jesuitenpaters Oswald von Nell-Breuning erinnern.

Vertrauensverhältnis

Oberbürgermeister Klaus Jensen, der die Urkunde im Rahmen einer Feierstunde in der Promotionsaula des bischöflichen Priesterseminars vor gut 150 Gästen überreichte, bescheinigte Blüm, die sozialpolitische Geschichte der Bundesrepublik über eine lange Zeit maßgeblich mitgestaltet zu haben. „Dabei hat Sie kaum jemand so geprägt wie Nell-Breuning, mit dem Sie in einem stetigen, von gegenseitigem Respekt, Vertrauen und hoher Wertschätzung gekennzeichneten Erfahrungs- und Meinungsaustausch standen“, unterstrich Jensen.

Der 1935 in Rüsselsheim geborene Blüm trat 1950 in die CDU ein und ein Jahr später in die IG Metall. Er war Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft und Senator des Landes Berlin. Als einziger Minister gehörte er während der gesamten Regierungszeit von Helmut Kohl (1982 bis 1998) dem Bundeskabinett an.

Die richtige Adresse

Zu seinen Leistungen als Minister für Arbeit und Sozialordnung zählen die Ausgestaltung der Rentenversicherung, die Sozialgesetzgebung der Deutschen Einheit und die Einführung der Pflegeversicherung. Als Menschenrechtler scheute er nicht die direkte Konfrontation mit Diktatoren wie Augusto Pinochet in Chile.

Diesen „aufrechten Gang“ und den „gesunden Menschenverstand“ hob Dreßler als charakteristische Eigenschaften des Preisträgers hervor. Blüm sei zweifellos „die richtige Adresse“ für diesen bedeutenden Preis im Gedenken an die außergewöhnliche Persönlichkeit von Oswald von Nell-Breuning, so Dreßler. Als Belege nannte er die von Nell-Breuning eingeforderten und von Blüm als Minis-ter praktisch umgesetzten Prinzipien der Solidarität und Subsidiarität.

Blüm bezeichnete Nell-Breuning in seiner Dankesrede als „das große Vorbild meines Lebens“ und „meinen privaten Heiligen“. Schon als 16-jähriger – Blüm war damals Jugendvertreter im Betriebsrat bei Opel – lernte er den Jesuitenpater als Dozent am Katholischen Sozialinstitut Königstein kennen. „Ich hatte 41 Jahre lang das Privileg, auf ihn hören zu können“, sagte Blüm. Mit bewegenden Worten schilderte er seinen letzten Besuch in der „asketischen Zelle“ des großen Sozialethikers, acht Tage vor dessen Tod im August 1991.