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06.08.2015 | Stadtmuseum Simeonstift

Ein Rundgang in Leichter Sprache

Besucher im Stadtmuseum mit dem Audio Guide für Leichte Sprache
Patrick Loppnow, der als Prüfer der Lebenshilfe an den Texten mitgewirkt hat, kann sich die Dauerausstellung mit Hilfe des neuen Audio Guides selbständig erschließen.
Das Stadtmuseum Simeonstift bietet als erstes Museum in Rheinland-Pfalz einen Audioguide in Leichter Sprache an. Der Rundgang behandelt 20 ausgewählte Exponate der Dauerausstellung und ist ein Angebot für Menschen, deren Sprachkompetenz aus unterschiedlichen Gründen eingeschränkt ist.

Das imposante Ölporträt des letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus im Trebeta-Saal gehört zu den Ausstellungsstücken, die im neuen Audio-Guide vorgestellt werden. „Im Mittelalter waren die Bürger von Trier mit dem Kurfürsten nicht einverstanden. Sie beschwerten sich über ihn und brachten ihn vor Gericht“, erfährt der Besucher von einer angenehmen, langsam und deutlich artikulierenden Frauenstimme. Ein Historiker würde das über die Jahrhunderte sehr differenzierte Verhältnis der Trierer zu ihren Kurfürsten sicher nicht so verkürzt und pauschal beschreiben. Doch der Kern der Sache wird getroffen und damit beim Museumsbesucher vielleicht Interesse für ein Thema geweckt, das ihm sonst verschlossen geblieben wäre.

Der Rundgang in Leichter Sprache vermittelt das reiche kulturelle Erbe Triers von den römischen Anfängen bis in die Gegenwart. Zusammen mit dem Audiogerät erhalten die Besucher einen übersichtlichen Raumplan, der ihnen den Weg durch das Museum weist. Alle beschriebenen Exponate sind zudem mit dem Symbol für Leichte Sprache – Daumen hoch und ein lächelndes Gesicht – versehen. Dieter Maas, der seit einem Schlaganfall unter einer Sprachbeeinträchtigung leidet, testete als einer der ersten Besucher den neuen Museumsführer: „Es gefällt mir sehr gut. Bild und Sprache passen jetzt zusammen.“

„Als öffentliches Haus legen wir größten Wert darauf, offen für Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu sein“, betonte Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Dühr bei der Vorstellung des Angebots. „Die Leichte Sprache ist für uns ein Instrument, bestehende Barrieren abzubauen.“ Dabei besteht die Zielgruppe nicht nur aus Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, sondern auch aus Betroffenen mit Lese- und Lernschwächen, Konzentrationsproblemen und aus Teilnehmern von Deutschkursen mit einfachem Sprachniveau.

Entstanden ist der neue Audio Guide in enger Abstimmung mit der Lebenshilfe Trier. Dorothee Henschel und Alexandra Orth, die beiden Projektleiterinnen im Stadtmuseum, besuchten zunächst einen Kurs, in dem sie die Grundregeln der Leichten Sprache erlernten: kurze, einfach aufgebaute Sätze, keine Fremdwörter, Vermeidung von Konjunktiv und Genitiv sowie die Beschränkung auf eine Aussage pro Satz. Die so ausformulierten Texte wurden von zertifizierten Experten der Lebenshilfe überprüft, wobei noch einige Fehler korrigiert und Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden konnten. „Das war eine tolle gemeinsame Leistung aller Beteiligten und ein weiterer Schritt zur Barrierefreiheit unserer Region auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft“, ist Lebenshilfe-Vorstand Wolfgang Enderle überzeugt.

Von einem „Vorzeigeprojekt“, für dessen Umsetzung das Stadtmuseum ein Förderbudget des städtischen Haushalts nutzen konnte, sprach Kulturdezernent Thomas Egger. „Die Lebenshilfe hat mit ihrer Initiative hier offene Türen eingerannt, denn das Stadtmuseum übernimmt beim Thema Inklusion nicht zum ersten Mal eine Vorreiterrolle.“ So wurde in den vergangenen Jahren bereits eine Museumserkundung für Blinde mit 3D-Modellen, Tastreliefs und Multimedia-Einsatz verwirklicht, es gibt Rundgänge speziell für Menschen mit Demenz und die Initiative „Deutsch lernen im Museum“.