Sprungmarken
04.09.2018

Wohnungspolitik sorgt für Zündstoff

Stadtrat beschließt Sondersitzung des Bau- und des Sozialausschusses

Wer im Tarforster Neubaugebiet die Karl-Carstens-Straße hinunterfährt, sieht zwei neue Gebäudekomplexe mit unterschiedlichen Strategien zur Schaffung von neuem Wohnraum. Die Stadt errichtet gerade einen größeren Komplex mit Sozialwohnungen (Foto).
Wer im Tarforster Neubaugebiet die Karl-Carstens-Straße hinunterfährt, sieht zwei neue Gebäudekomplexe mit unterschiedlichen Strategien zur Schaffung von neuem Wohnraum. Die Stadt errichtet gerade einen größeren Komplex mit Sozialwohnungen (Foto).
Nach einer langen und hitzigen Debatte hat der Stadtrat einen SPD-Antrag zur Erhöhung des Anteils sozial geförderter Wohnungen auf 33 Prozent bei neuen Gebäuden plus eine weitergehende Initiative der Linken in eine Sondersitzung des Sozial- und des Bauausschusses verwiesen. Der Streit entzündete sich vor allem daran, ob die Quote sozial geförderten Wohnraums künftig ohne Ausnahmen und nur für neuen Geschosswohnungsbau oder auch für andere Immobilien gelten soll.

Ausgangspunkt der Debatte war ein Ratsbeschluss vom 18. Februar 2014, den OB Wolfram Leibe im Rückblick als „mutige Entscheidung" würdigte. Damals war festgelegt worden, bei neuen Geschosswohnungsbauten auf ursprünglich städtischen Flächen einen Anteil von 25 Prozent für sozial geförderte Angebote vorzugeben. Nachdem das Land in den Jahren 2016 und 2017 die Förderbedingungen in diesem Bereich deutlich verbessert hatte, hält die SPD nun die Zeit für gekommen, eine Anhebung der Quote auf 33 Prozent sowie einen Ausschluss der bisher noch möglichen Ausnahmen zu fordern. Zur Begründung verwies SPD-Sprecherin Monika Berger unter anderem darauf, dass „man die verbesserten Rahmenbedingungen und die gute wirtschaftliche Lage dafür nutzen solle, den Anteil an bezahlbaren Mieten für breite Bevölkerungskreise auf dem überhitzten Trierer Wohnungsmarkt zu verbessern. Zudem verlangte die SPD die Schaffung eines „Wohnberechtigungsscheinrechners", weil die jetzigen Informationen zu kompliziert und intransparent seien. Viele Familien wüssten gar nicht, dass ihnen diese Unterstützung zustehe.

Udo Köhler (CDU) begründete die Ablehnung seiner Fraktion vor allem damit, dass der Antrag noch viele Ungenauigkeiten enthalte und im Detail nachgearbeitet werden müsse. „Außerdem kritisieren wir, dass die Quote nicht nur für Geschosswohnungsbau, sondern auch für Wohn- und Geschäftshäuser in der Innenstadt sowie kleinere Wohnhäuser gelten soll. Da könnte so manche Familie ins Umland abwandern", sagte Köhler. Zudem würden in größeren Immobilienkomplexen durch die Erhöhung des Sozialwohnungsanteils mit gedeckelten Mieten die anderen Angebote teurer.

Ähnlich äußerte sich Professor Hermann Kleber (UBT): „Der Vorschlag der SPD, die Quote nicht nur auf ursprünglich städtische Grundstücke, sondern auch auf privates Land anzuwenden, ist eine Gängelung von Investoren." Zudem würden die Ausnahmen bereits jetzt sehr restriktiv gehandhabt und eine weitere Verschärfung sei nicht sinnvoll.

Dominik Heinrich (Bündnis 90/Grüne) lehnte den SPD-Vorschlag ebenfalls ab, da er allein das Problem nicht lösen könne. „Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müssen wir an ganz vielen Schrauben drehen. Wir dürfen die Investoren nicht abschrecken, sondern müssen sie einbinden", sagte Heinrich und sprach sich ebenfalls für die Sondersitzung aus.

Theresia Görgen (Linke) begrüßte zwar generell den SPD-Antrag, er gehe aber nicht in allen Teilen weit genug: „Da die Zahl der Anspruchsberechtigten recht hoch ist und auch viele Durchschnittsverdiener umfasst, schlagen wir eine Quote von 50 Prozent vor." Zudem sprach sich Görgen gegen weitere Verkäufe potienzieller städtischer Wohnbauflächen, zum Beispiel auf dem Gelände der früheren Geschwister-Scholl- Schule, an private Investoren aus.

Michael Frisch (AfD) lehnte den SPD-Antrag ebenfalls ab: „Natürlich brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum, aber die vorgeschlagene Quote von 33 Prozent führt zu einer starken Verteuerung der restlichen Wohnungen in einem Gebäudekomplex. Zudem ist das unattraktiv für Investoren."

Nach Einschätzung von Tobias Schneider (FDP) führt der SPD-Vorschlag langfristig eher zu einer Verschärfung der Situation. „Wir müssen dafür sorgen, dass mehr gebaut wird und den Investoren Vorrang einräumen." Dr. Darja Henseler (Piraten) hält mehr städtische Sozialwohnungen für nötig. Sie begrüßte den SPD-Antrag grundsätzlich, hält aber Nachbesserungen durch eine weitere Beratung in den beiden Fachausschüssen für erforderlich.