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02.10.2018 | Jugend- und Kulturzentrum

Das Exhaus ist vorläufig gerettet

Stadtrat stellt 120.000 Euro für 2018 zur Verfügung

Zwei Arbeiter entfernen im 'Exil' den schwarzen Anstrich von der Decke, hinter dem sich immer wieder Schimmel gebildet hat.
Das Exil, in dem früher zahlreiche große Konzerte stattfanden, ist derzeit eine einzige große Baustelle. Zwei Arbeiter entfernen den schwarzen Anstrich von der Decke, hinter dem sich immer wieder Schimmel gebildet hat.

Das Jugend- und Kulturzentrum Exhaus befindet sich seit Mai in einem Insolvenzverfahren. Die finanzielle Schieflage hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass wegen des Umbaus die Einnahmen aus Konzerten deutlich gesunken sind. Um das Exhaus dauerhaft auf eine solide Basis zu stellen, stellte der Stadtrat für 2018 einen Zusatzschuss von 120.000 Euro zur Verfügung. 2019 sind es 75.000 Euro, von denen 23.000 Euro aber nur im Bedarfsfall fließen.

Die Experten der Gebäudewirtschaft gehen zwar davon aus, dass die umfangreichen Sanierungen, die die Barrierefreiheit des städtischen Gebäudes herstellen und den Brandschutz verbessern sollen, im März 2019 abgeschlossen sind. Da aber gerade in einem historischen Gemäuer wie dem Exhaus unerwartete Verzögerungen möglich sind, basiert das dem Zuschuss zugrundeliegende Konzept auf einer vollständigen Übergabe der Räume erst im Juli 2019. Die 23.000 Euro werden nur gebraucht, wenn die Bauarbeiten zu dem späteren Termin abgeschlossen werden. Um die Belastung für den städtischen Etat so gering wie möglich zu halten, wurde vereinbart, dass mögliche Einnahmeüberschüsse, die das Exhaus nach der Wiederaufnahme des kompletten Veranstaltungsprogramms erzielt, für Rückzahlungen genutzt werden.

Strukturelle Defizite

Eine Analyse durch externe Experten ergab strukturelle Defizite im Exhaus, die eine weitere Ursache der finanziellen Schieflage sind. Das in der Vorlage enthaltene Konzept listet viele Verbesserungsvorschläge auf. Für jeden Bereich des Exhauses, das neben der Kinder- und Jugendarbeit und den Kulturprojekten, Streetwork, einen Hort sowie Medien- und Fanprojekte betreibt, soll ein Verantwortlicher benannt werden, der in einem vorgegebenen Rahmen eigenständige Entscheidungen trifft. Zudem wird die Buchhaltung ausgelagert. Hausmeisterarbeiten übernimmt ein städtischer Mitarbeiter. Zudem sind für die nächsten beiden Jahre Einnahmeverbesserungen von 16.000 und 17.000 Euro durch die Einwerbung externer Projektmittel vorgesehen.

Das vom Stadtrat verabschiedete Konzept geht davon aus, dass die Entwicklung des Exhauses im nächsten Jahr teilweise noch durch die Folgen des Umbaus und das dadurch reduzierte Veranstaltungsprogramm geprägt ist. 2020 soll das erste Jahr werden, in dem die Konsolidierung ihre volle Wirkung entfaltet und der Trägerverein erstmals wieder aus eigener Kraft leistungsfähig ist.

„Exfreund"-Benefizaktion

Um das Exhaus zu retten, haben der Trägerverein und diverse Unterstützer bereits zahlreiche Benefiz- und Unterstützungsprojekten geschnürt, die auf große Resonanz stoßen. Das gilt vor allem für die „Ex freund"-Aktion, bei der man unter anderem in den Sozialen Medien seine Solidarität kundtun und spenden kann. Außerdem gab es verschiedene Benefizkonzerte, zuletzt ein Metal- und Hardcore-Festival im September sowie Patenschaften

Vor der Abstimmung über die Verwaltungsvorlage waren zwei Änderungsanträge abgelehnt worden. Die Linken hatten gefordert, dass das Exhaus mit der Stadt über die Höhe der Zuschüsse neu verhandeln kann, wenn die Räume doch nicht zum 1. März 2019 wieder komplett für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Die FDP konnte sich nicht mit dem Vorschlag durchsetzen, dass das Exhaus bei einer schnellen Besserung der Lage in größerem Umfang als geplant die Zuschüsse zurückzahlt.

Stimmen der Fraktionen

Philipp Bett (CDU) verwies darauf, dass das Exhaus in seiner mittlerweile 46-jährigen Geschichte vielfältige Akzente gesetzt habe und betonte: „Die Insolvenz war wie ein Erdbeben, ist aber auch eine Zäsur für die notwendige Neuausrichtung. Unsere Fraktion steht hinter allen freien Trägern der Jugendarbeit und sichert dem Ex- haus-Verein weiterhin finanzielle Unterstützung zu."

Andreas Schleimer (SPD) zeigte sich erfreut, dass es „eine große Solidarität mit dem Exhaus gibt", nicht nur von den aktuellen Besuchern, sondern auch von vielen, die seit ihrer Jugendzeit mit der Einrichtung verbunden seien. Als Hauptgrund für die Krise nannte er die weggebrochenen Erlöse aus den Veranstaltungen und mahnte an, die freien Träger müssten mit den Zuschüssen verantwortungsvoll umgehen. Schleimer dankte der Insolvenzverwalterin Christine Frosch und ihrem Team. Sie hätten bereits bei der Sanierung des Bürgerservice „hervorragende Arbeit" geleistet.

Wolf Buchmann (Grüne) ist zuversichtlich, dass das Exhaus nun in einen sicheren Hafen geleitet werde und lobte den Beitrag der Mitarbeiter: „Sie haben teilweise auf ihr Gehalt verzichtet, was nicht selbstverständlich ist." Für die langfristige Absicherung des Jugend- und Kulturzentrums müsse auch über eine teilweise Neuausrichtung nachgedacht werden.

Hans-Alwin Schmitz (UBT) führte die Finanzprobleme neben fehlenden Veranstaltungseinnahmen auf „fachliche Mängel beim Budget-Ansatz und hohe Personalkosten" zurück. Er ist zuversichtlich, dass die ersten durch die Insolvenzverwalterin eingeleiteten Schritte „bald Wirkung zeigen" und begrüßt das zusätzliche Controlling durch das Jugendamt.

Für Theresia Görgen (Linke) hat der des Exhauses nicht die finanziellen Einbrüche seit den 2015 verhängten Brandschutzauflagen zu verantworten. Die Lage habe sich noch verschärft, weil es drei Jahre bis zum Start der Bauarbeiten gedauert habe: „Diese Verzögerung hat derVerein ebenfalls nicht zu verantworten", so Görgen. Die FDP begrüßt nach Aussage ihrer Sprecherin Katharina Haßler die Konsolidierung. Man müsse aber über Strukturveränderungen nachdenken, darunter eine Trennung der Jugendarbeit und des Konzertbetriebs. Bei dem Trägerverein habe es teilweise eine Misswirtschaft gegeben, die gegenüber anderen freien Trägern nicht zu verantworten sei.

Michael Frisch (AfD) begründete die Ablehnung seiner Fraktion unter anderem damit, dass man erneut den Eindruck habe, „in ein Fass ohne Boden zu investieren". Es gebe „Misswirtschaft und Schlamperei". Erst durch das Insolvenzverfahren gebe es nun Stellenbeschreibungen und eine Tarifeinstufung. Allein dieser Schritt habe zu erheblichen Einsparungen geführt. Frisch beklagte eine mangelnde Kontrolle durch die Stadtverwaltung. „Der Rat schon zum dritten Mal gezwungen, zusätzliche Gelder bereitzustellen." Es gebe dann zum Beispiel keine Ressourcen mehr für die wünschenswerte komplette Übernahme der Seniorenbegegnungsstätte Haus Franziskus durch die Stadt.

Gestiegene Baukosten

In einem zweiten Beschluss zum Exhaus bewilligte der Stadtrat zusätzlich knapp 647.500 Euro für die laufende Sanierung des Gebäudes. Die Gesamtkosten liegen jetzt bei rund 4,3 Millionen Euro. Der zusätzliche Bedarf hängt vor allem mit den allgemein höheren Baukosten zusammen. So stieg zwischen Januar 2016, als die Kosten erstmals berechnet wurden, und Februar 2018 der Preisindex in Rheinland-Pfalz um 7,5 Prozent.