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14.08.2018

Große Offenheit und Gastfreundschaft

Florian Papberg auf einem longhornrind, dem Wappentier von Fort Worth.
Der Viehhandel prägte vor allem im 19. Jahrhundert die Stadtgeschichte von Fort Worth. Darin erinnert der historische Stadtteil der Stockyards mit einem ehemaligen Viehhandelszentrum. Florian Papberg ließ sich diese Sehenswürdigkeit nicht entgehen und wagte einen Proberitt in der Rodeo-Arena. Foto: Privat
Florian Papberg absolvierte als erster städtischer Anwärter in der Verwaltungsausbildung ein Praktikum im Rathaus der texanischen Partnerstadt Fort Worth. Der 33-Jährige verfügte schon über einige Auslandserfahrung: In seinen zwölf Jahren bei der Bundeswehr war er unter anderem in Afghanistan und mehreren europäischen Staaten tätig. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) blickt er auf seine zwei Monate in Fort Worth zurück.

RaZ: Was hat sie dazu motiviert, Ihre Gastausbildung in Fort Worth zu absolvieren?

Florian Papberg: Ich hatte durch meine vorherige Tätigkeit bei der Bundeswehr schon Auslandserfahrung, unter anderem in Afghanistan, und durch vier Gastfamilienaufenthalte in Frankreich und England. Daher wollte ich auch bei meiner Verwaltungsausbildung sehr gerne ins Ausland, um meine interkulturellen Kompetenzen zu stärken. Dann habe ich mich über in Frage kommende Partnerstädte informiert und da kam schließlich nur Fort Worth in Frage. Mit Unterstützung von Christian Millen, der im Büro des Oberbürgermeisters für die Städtepartnerschaften zuständig ist, und der Ausbildungsleitung habe ich meinen zweimonatigen Aufenthalt selbständig vorbereitet und organisiert.

Wo haben sie gewohnt?

Bei einer Gastfamilie. Das war top. Das sind typische Texaner, sehr gastfreundlich, die sich wunderbar um mich gekümmert haben. Die Vermittlung lief über das Fort Worth Sister Cities International-Büro im dortigen Rathaus.

In welchen Bereichen der Verwaltung wurden Sie eingesetzt? Welche Aufgaben haben Sie übernommen?

Ich war im City-Management Office, was bei uns im Rathaus dem Büro des Oberbürgermeisters entsprechen würde. Dort habe ich mir dann erstmal einen Praktikumsplan erstellt und immer wieder eine andere Abteilung angeschaut, von der Wirtschaftsförderung, über das Ordnungsamt, das sehr viel mehr Aufgaben hat als bei uns, bis zur Bauaufsicht und der Feuerwehr. Dort konnte ich eine ganze 24-Stunden-Schicht lang mitlaufen.

Was war besonders spannend?

Zum Ordnungs- und Gewerbeamt gehören zum Beispiel Tierfänger für viele gefährliche Arten. In Texas gibt es zum Beispiel 15 verschiedene Arten Schlangen, aber auch Alligatoren.

Wo liegen nach Ihrer Erfahrung die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Verwaltung in Fort Worth und der Stadtverwaltung Trier?

Es gibt im Vergleich zwar einige Parallelen, aber die Arbeit ist in der Regel völlig verschieden, weil die Amerikaner einfach viel mehr Freiheiten haben. Große Unterschiede gibt es auch bei der Müllentsorgung und dem Recycling, wo die Amerikaner langsam versuchen, sich den deutschen Verhältnissen anzunähern. Zudem ist in Fort Worth der öffentliche Nahverkehr kaum vorhanden, da jeder das Auto nutzt und das Straßensystem hervorragend ausgebaut ist. Typischerweise gibt es ein reichhaltiges Essensangebot mit riesigen Portionen. Fort Worth ist für mich keine typische amerikanische Stadt, da sie sehr sauber, sicher und gepflegt ist. Natürlich gibt es auch Stadtteile mit hoher Kriminalität, die das genaue Gegenteil sind.

Haben sich während Ihres Aufenthalts sprachliche oder kulturelle Herausforderungen oder Überraschungen erlebt?

Die Kosten können teilweise schon ziemlich hoch sein, und ein Aufenthalt ist nicht sehr günstig.

Wie haben Sie die Kollegen aus der Stadtverwaltung und die Bürger in alltäglichen Begegnungen erlebt?

Sie waren extrem gastfreundlich und höflich. Viele waren an einem Austausch mit mir interessiert, und ich war sehr schnell sehr bekannt. So ergaben sich selbst mit Fremden Gespräche, ob nun am Golfplatz oder im Baseballstadion. Die Gastfreundschaft zeigte sich auch daran, das mich fast jeden Tag einer der Kollegen oder Vorgesetzten zum Essen eingeladen hat. Zudem ist die Arbeitsmoral und die Bindung zum Dienstherrn beeindruckend.

Würden Sie es anderen Anwärtern empfehlen, ihre Gastausbildung ebenfalls im Ausland zu verbringen?

Fort Worth würde ich immer empfehlen. Der Aufenthalt war insgesamt überragend, auch weil ich in dieser Zeit sehr viel gesehen und neue Kontakte geknüpft habe. Ins Ausland zu gehen, ist generell gut. Ich habe diese Erfahrung schon mehrfach gemacht. Man nimmt so viele positive Erfahrungen mit, die einen prägen und reifer werden lassen. Ich bin dankbar, dass ich diese Chance in Fort Worth bekommen habe. In Gesprächen mit Anwärterkollegen aus anderen Verwaltungen habe ich erfahren, dass das nicht selbstverständlich ist.

Welchen Rat oder welche Tipps würden Sie Kollegen, die das ebenfalls versuchen, mit auf den Weg geben?

Man muss sich vorher gut informieren und frühzeitig Vorbereitungen hinsichtlich des Visums, Versicherungen etc. unternehmen. Eine mentale Vorbereitung ist auch wichtig. Man muss sich bewusst sein, dass einen ein ganz anderes Leben erwartet und der Alltag völlig verschieden ist. Ich musste für mein Praktikum viel Eigeninitiative zeigen. Wenn nochmal jemand nach Fort Worth geht, wird das vielleicht etwas einfacher.

Das Gespräch führte Petra Lohse