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23.10.2012

Züge der Freundschaft

Direkt nach der Ankunft am Hauptbahnhof macht sich ein Großteil der Weimarer Gäste bei bestem Herbstwetter zu Fuß auf in die Trierer Innenstadt, um an einer Führung teilzunehmen.
Direkt nach der Ankunft am Hauptbahnhof macht sich ein Großteil der Weimarer Gäste bei bestem Herbstwetter zu Fuß auf in die Trierer Innenstadt, um an einer Führung teilzunehmen.
Bürgerreisen – egal ob im Bus in den Jahren 1989/90 oder später im Zug – sind seit 25 Jahren eine feste Konstante in der Städtepartnerschaft zwischen Weimar und Trier. In der Klassikerstadt haben sie sich in abgewandelter Form mit Touren durch verschiedene Teile von Europa zu einem Markenzeichen ganz eigener Art entwickelt. 2011 waren die Weimarer zum Beispiel im Baltikum, Finnland und Russland unterwegs.

Zum 20. Geburtstag der deutsch-deutschen Partnerschaft rollte im Juni 2007 ein Sonderzug mit rund 400 Weimarern auf dem Trierer Hauptbahnhof ein. Die Bürgerreise 2012 sorgte im Jahr der „Silberhochzeit“ dafür, dass die Weimarer Gratulantenschar beim Jubiläumsfest mit rund 260 Personen recht groß ausfiel. Die Mitfahrer genossen bei ihrer Zugfahrt mit Schlafwagen quer durch Deutschland die Geselligkeit und den „Goldenen Oktober“ an Rhein und Mosel.

Liebevoll gepflegte Rituale, wie das Zusammentreffen mit Nostalgieradler Georg Konder oder die kleinen Ginkgo-Anstecker als Erkennungszeichen gehören ebenso zu den Reisen an die Mosel wie freundschaftliche Kontakte mit Trierer Familien, einer Gruppe aus Igel oder dem MGV Ehrang. Diese unkomplizierte und fröhliche Stimmung  steckte auch Mitfahrer an, die erstmals in Trier zu Gast waren und übertrug sich auf den Festakt im Theater. Mehrfach brandete in der Gesprächsrunde mit Zeitzeugen herzlicher, spontaner Beifall auf. Nicht zuletzt launige Bemerkungen von Alt-OB Felix Zimmermann sorgten für manches Schmunzeln. Gerade jüngere Gäste aus Weimar zeigten sich aber auch tief beeindruckt von den Schilderungen, welche gravierenden Folgen in dem SED-Überwachungsstaat schon eine unbedarfte Äußerung für ein persönliches Schicksal haben konnte und wie total die Trierer Gäste bei ihren ersten Besuchen 1986/87 überwacht wurden.

Ein Vierteljahrhundert später zeigen sich viele Gäste zuversichtlich, dass die deutsch-deutsche Partnerschaft trotz zwischenzeitlicher Tiefs kein Auslaufmodell ist. „Das ist wie mit einem Kind, das nach einer schweren Geburt auf die Welt kommt. Es wird besonders gehegt und gepflegt“, meinte der 70-jährige Hans Geide. Er wünscht sich noch mehr Begegnungen und bedauerte, dass wegen der nächtlichen Weiterfahrt nach Marseille die Zeit in Trier knapp bemessen war. Ähnlich fiel das Fazit des Ehepaars Steindorf aus. Besonders kulturelle Events seien geeignet, fruchtbare Akzente zu setzen. Ein Ansporn könnte das legendäre Trier-Gastspiel der Weimarer Staatskapelle wenige Tage vor dem Mauerfall sein.