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09.03.2021

"Zerstörungen sind zu stark"

Innenansicht der Lokrichthalle
Die Dimensionen der Lokrichthalle mit ihrem unverbauten Innenraum sind trotz des fortgeschrittenen Verfalls der Bausubstanz noch immer eindrucksvoll.

Wie umgehen mit der Lokrichthalle, dem einzigartigen, aber halb verfallenen Industriedenkmal in Trier-West? Vier Architekten und Denkmalschutzexperten hatten in einem offenen Brief die kürzlich erteilte Genehmigung zum Rückbau der Halle kritisiert. Baudezernent Andreas Ludwig verteidigt nun in seiner Antwort die Entscheidung, plädiert aber auch dafür, so viel wie möglich von der originalen Bausubstanz in einem Neubau zu erhalten.

In ihrem Schreiben hatten Professor Matthias Sieveke, Professor Robert Thum (beide Hochschule Trier), Professor Marcus Rommel vom Bund Deutscher Architekten und Betrand Herberich, Vorsitzender des Trier Forums, Alternativen zum Abriss der unter Denkmalschutz stehenden Halle gefordert und dem städtischen Baudezernat eine zu stark ökonomische Sichtweise zugunsten des Investors vorgehalten. In seiner Entgegnung weist Andreas Ludwig diesen Vorwurf zurück: „Weder der Eigentümer noch die Stadtverwaltung mit Denkmalbehörde und Bauaufsicht können die Risiken, die von der Konstruktion ausgehen, verantworten.

Seit der Schließung des Eisenbahn- Ausbesserungswerks 1986 steht die 170 mal 70 Meter große Lokrichthalle leer. Im Lauf der Jahrzehnte wurden viele verschiedene Nutzungskonzepte und Ideen ventiliert, die sich aber letztlich alle als nicht tragfähig erwiesen hatten. Zwar gilt seit 2014 ein Bebauungsplan, der für die Halle das Motto „Leben im Denkmal“ vorgegeben hatte, doch der damalige Eigentümer war seinen Verpflichtungen aus dem damit verbundenen städtebaulichen Vertrag nicht nachgekommen.

In dem offenen Brief der Architekten wird spekuliert, die Stadt habe bewusst auf Zeit gespielt bis der Abriss als einzige Option übrig geblieben sei. Ludwig widerspricht und erinnert sich: „Als ich 2015 die Verantwortung als neuer Dezernent übernahm habe ich bereits wenige Wochen nach Amtsantritt ein fünfstündiges Gespräch mit dem Eigentümer geführt. Mehr als zwei Jahre versuchte ich, in Kooperation nach Lösungen zu suchen. Aus der Kooperation wurde ohne erkennbaren Fortschritt Konfrontation. Nach der Einleitung rechtlicher Schritte seitens der Stadt im Dezember 2018 kündigte der Eigentümer an, das Objekt veräußern zu wollen.“

"Sehr eindeutiges Gutachten"

Erst nach dem Verkauf der Lokrichthalle und ihres Umfelds an den Luxemburger Investor Antoine Feidt, so Ludwig sei Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Er gab ein Gutachten zur Untersuchung der Bausubstanz in Auftrag. Das Ergebnis liegt seit Dezember 2020 vor: „Es ist leider sehr eindeutig“, so Andreas Ludwig. „Ein Erhalt der Halle ist in dieser Form nicht möglich. Die Zerstörungen sind zu stark. An zahlreichen Stellen besteht akuter Handlungsbedarf, es besteht an mehreren Stellen sogar Lebensgefahr.“ Daraufhin erteilte die Stadt Anfang Februar in Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege die Genehmigung zum Rückbau des 110 Jahre alten Gebäudes, wobei jedoch die noch weitgehend intakten Giebelwände erhalten bleiben sollen.

Die vier Fachleute hatten in ihrem offenen Brief unter anderem aus einem Manifest des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten zitiert: „Priorität kommt dem Erhalt und dem materiellen wie konstruktiven Weiterbauen des Bestehenden zu und nicht dessen leichtfertigem Abriss“, heißt es darin. „Wir brauchen eine neue Kultur des Pflegens und Reparierens.“ Wenn der Abriss der Lokrichthalle unvermeidbar sei, dann müssten zumindest Baustoffe wie Klinker und Stahlträger sinnvoll wiederverwendet werden. Dem stimmt Baudezernent Ludwig zu und verweist auf einen bereits vorliegenden Konzeptentwurf des Investors: „Unverkennbar ist, dass dieser Entwurf auf die Philosophie des ressourcenschonenden Umgangs mit Bausubstanz aufbaut. Die Leitidee sieht vor, dass die Umfassungsmauern so weit wie möglich erhalten bleiben, wo möglich rekonstruiert werden und auch eine Kranbahn in die Planfigur integriert wird.“

Über das Konzept und die weiteren Schritte will Ludwig im Architektur- und Städtebaubeirat und im Denkmalpflegebeirat wie auch im Baudezernatsausschuss und im Ortsbeirat Trier-West/Pallien „selbstverständlich öffentlich und fachbezogen diskutieren“. Dabei werde es um folgende Fragen gehen: „Wie sieht ein Neubau aus? Wie geht man mit der Geschichte und dem Geist des Eisenbahnausbesserungswerkes um? Können die Umfassungswände in das Projekt integriert werden?“

Ralph Kießling

 
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