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17.12.2013

"Wir zeichnen mit Licht..."

Foto: Rainer Breuer unterhält sich bei der Vernissage seiner Ausstellung mit Kulturdezernent Thomas Egger.
Kulturdezernent Thomas Egger hat das Bilderrätsel gelöst: Fotograf Rainer Breuer hat die Spiegelung der Weimarer Humboldtstraße in einem kupfernen Braukessel fotografiert.
Unter dem Titel „zuhause.blick | winkel“ zeigt das Rathaus im Trier-Zimmer aktuelle Fotografien von Rainer Breuer. Im Rahmen einer gut besuchten Vernissage eröffnete Kulturdezernent Thomas Egger vergangene Woche die neue Ausstellung.

Einige Besucher, die das Trier-Zimmer betreten, werden sicher schnell noch einmal einen Blick auf die davor stehende Infostele werfen, um den Titel zu überprüfen, denn als erstes fallen die großformatigen Motive von Paris ins Auge. Und auch die Bilder von Trier sind nicht sofort als solche zu erkennen, sie könnten durchaus in der französischen Hauptstadt entstanden sein. Doch der Titel stimmt für den 1955 in Trier geborenen Fotografen ist Paris auch ein Zuhause und Heimat. Ein Ort, an dem man lebt, gelebt hat oder leben könnte.

Nach einem berufsbegleitenden Studium mit Schwerpunkt Fotografie an der Akademie Remscheid lebte Rainer Breuer einige Zeit in Paris, bis er 1980 wieder in seine Geburtsstadt zurück kam. Doch mindestens einmal im Jahr packt ihn die Sehnsucht und es zieht ihn zurück an die Seine, nicht ohne seine Kameras, auf der Suche nach dem besonderen Motiv und Blickwinkel. Auch das Licht ist für Breuer ganz entscheidend. Viele seiner Motive, zum Beispiel die Pariser Nationalbibliothek oder Details der Matthiasbasilika, sind bei einer besonderen Lichtsituation entstanden. Weiches Licht, das nur zu einer bestimmten Jahres- und Uhrzeit vorhanden ist, hat diese Aufnahmen, die ohne Schatten das Motiv beleuchten, erst möglich gemacht. „Zeichnen mit Licht“ nennt er daher seine Vorgehensweise und in den gezeigten großen Leinwandformaten sind sie beeindruckend.

Die kleineren Rahmenformate zeigen die Gegensätze, die Schattenseiten seiner Heimatstädte. Die Frau aus Chinatown, die auf der Straße lebt und ihre ganze Habe in großen Plastiktüten mit sich führt, der Blick in den verfallenen Hinterhof im alten jüdischen Viertel oder der Bettler in der Pariser Einkaufsstraße, an dem die eleganten Damen mit ihren chicen Einkaufstüten vorbei laufen.

Dass man Armut und Verfall aber auch anders darstellen kann, belegen die Trierer Ansichten. Die verrostete Eisentür zum ehemaligen Theater-Proberaum im Schießgraben, die große Armutflagge zur gleichnamigen Ausstellung im Simeonstift, aber auch der Parkautomat, der vor der zerfallenen Wand steht. „Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen Trier und Paris“, sagt Breuer und einige stellt er hier gegenüber. Dabei legt er großen Wert darauf, dass seine Arbeiten nicht nachträglich am Computer verändert, sondern exakt geplant und ausgeführt wurden. Selbst Belichtungszeit und Blendeneinstellung an der Kamera erfolgen manuell.

Tufa-Gründungsmitglied

Wenn Breuer Verfremdungen zeigt, wie die Spiegelung in einem Brauerei-Kupferkessel, ist diese im Original so vorhanden. Dieses Bild ist ausnahmsweise in Weimar entstanden. Inzwischen hat er in vielen Ausstellungen im In- und Ausland seine Fotos gezeigt. Rainer Breuer scheint ein Multitalent zu sein, denn er ist nicht nur Fotograf. Der Trierer ist auch Gründungs- und Vorstandsmitglied der Tufa, Gründer der édition trèves und einer der Inhaber des Verlags „Kleine Schritte“, der in diesem Jahr 33 Jahre alt wurde. jac

  • Ausstellung bis 31. März im Trier-Zimmer des Rathauses, Besuch während der Öffnungszeiten (montags bis donnerstags, 8 bis 12, 14 bis 18 Uhr, freitags bis 13 Uhr). Telefonische Terminvereinbarung (0651/718-1010) empfohlen.