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11.12.2012

Weder Teufelszeug noch Allheilmittel

Soziale Netzwerke im Internet sind kein Teufelszeug, aber auch kein Allheilmittel. Sie sind eine wichtige Ergänzung der Medienpalette, ihre Nutzung erfordert aber ein relativ hohes Maß an Kompetenz und Verantwortung. Dieses Fazit lässt sich nach der vom Städtenetz Quattropole veranstalteten Konferenz „Wie verändert Social Web unsere Gesellschaft?“ ziehen.

Social Web, Web 2.0, soziale Netzwerke – diese Begriffe bedeuten weitgehend das gleiche. Neben dem mittlerweile sehr weit verbreiteten Freundenetz Facebook und dem beliebten Kurznachrichtendienst Twitter zählen dazu auch Bewertungsportale, Blogs, Fanforen, Foto- und Videocommunities und die von einer großen weltweiten Gemeinschaft ständig erweiterte Enzyklopädie Wikipedia. Gemeinsames Kennzeichen ist, dass jeder Nutzer zugleich Inhalte veröffentlichen kann.

Rund 80 Wissenschaftler sowie IT-Experten aus Wirtschaft und Verwaltung  waren der Einladung zur Quattropole-Konferenz in Saarbrücken gefolgt, um sich über aktuelle Trends auszutauschen. Bürgermeister Ralf Latz begrüßte die Teilnehmer im Festsaal des Rathauses und stellte wichtige Fragen zum Thema des Tages: Inwieweit kann das Social Web als unabhängige Informationsquelle gelten? Wie soll man mit der „ewigen“ Speicherung persönlicher Daten im Internet umgehen?

Fünf Vorträge beleuchteten das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Benoit Larochelle (Saarbrücken) widmete sich Portalen, auf denen zum Beispiel Hotels, Bücher oder Fahrräder bewertet werden können. Sie bieten einen einfachen Zugang zu wichtigen Produktinformationen und bei einer ausreichend großen Zahl von Bewertungen auch ein verlässliches Meinungsbild, so Larochelle. Dennoch ist Vorsicht geboten, denn Manipulationen von interessierter Seite, etwa vom Hersteller des Produkts, sind leicht möglich. Fragwürdig seien auch Bewertungsportale für Personen wie „Rate-my-Prof“, die zum virtuellen Pranger ausarten können.

Hundert Millionen Klicks

Eine Gesamtschau aktueller Entwicklungen – vom hundertmillionenfach angeklickten Video des Stratosphärenspringers Baumgartner bis zur de-monstrativen Flucht aus Facebook & Co. – bot das Referat von Yves Leblond (Luxemburg). Kurios: Ein gefälschtes Video über den Hurrikan „Sandy“ verbreitete sich im Netz deutlich schneller als echtes Material.

Professor Hans-Jürgen Bucher, Medienwissenschaftler an der Universität Trier, berichtete über den Einsatz von Social Media in der Lehre. In seinen Vorlesungen können Studierende Kommentare, Fragen und Ergänzungen zum Stoff per Tweet auf eine Projektionswand übermitteln. Im Seminar „Theorien der Medienkommunikation“ hat Bucher die Arbeiten in Form eines Wikis schreiben lassen. Ziel sei eine transparente, gemeinschaftliche und weniger hierarchische Form des Lehrens und Lernens.Wolfgang Birk (Saarbrücken) erläuterte an Beispielen aus der Praxis, wie das Internet als Mitmachmedium in der Museumspädagogik verwendet wird und Pierre Morelli (Metz) schlug den Bogen vom Web 2.0 zum Tourismus 2.0, der es dem Reisenden ermögliche, nicht nur zu konsumieren, sondern zu gestalten.

In der abschließenden Podiumsdiskussion plädierten die Referenten dafür, die Kompetenz der Nutzer im problem- und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Social Web zu stärken. Damit könne zum Beispiel der Sorglosigkeit bei der Preisgabe persönlicher Daten begegnet werden. Sicher scheint, dass die Nutzung des Social Web schon bald als selbstverständlich gelten wird. „Wir sind eine Übergangsgeneration“, erklärte Leblond. „Mein neunjähriger Sohn sieht nicht mehr fern, sondern nutzt die Videokanäle im Internet, wenn er sich etwas ansehen will.“