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21.05.2019

Was ein Buch zusammenhält

Teilnehmer erhalten im Stadtmuseum Simeonstift einen Einblick in das Buchbinde-Handwerk

Buchbinder Edy Willems arbeitet in seinem Atelier in Zewen an einer Fadenheftmaschine, an der er alte Buchseiten zusammenheftet. Foto: Jan Söfjer
Buchbinder Edy Willems arbeitet in seinem Atelier in Zewen an einer Fadenheftmaschine, an der er alte Buchseiten zusammenheftet. Foto: Jan Söfjer

Einen Einblick in das alte Handwerk des Buchbindens hat Edy Willems in einem Seminar im Stadtmusem Simeonstift gegeben. Darin erfuhren die Teilnehmer unter anderem, warum früher die Schnittkanten eines Buchblocks mit Blattgold versehen wurden.

Mit der Ahle, einer Metallspitze mit Griff, sticht Walter Karbach drei Löcher durch den Falz übereinander liegender Papierbögen. Dann führt er eine Nadel mit Faden durch die Löchter, um die Seiten der Broschüre aneinander zu heften. „Mein Großvater war Buchbindermeister und ich weiß fast nichts davon", sagt Karbach. Deshalb nimmt er mit neun anderen an dem Seminar von Buchbindermeister Edy Willems im Stadtmuseum Simeonstift teil. Astrid Lauer-Krass streicht gerade mit einem knöchernen Falzbein die Kante eines geknickten Papierbogens glatt. „Buchbinderei ist ein Kulturgut, das erhalten bleiben muss, trotz der Digitalisierung", sagt sie.

Edy Willems widerspricht dem nicht. Seit mehr als 50 Jahren übt er sein Kunsthandwerk aus. Mit 14 ging der Luxemburger in die Lehre und nach fünf Jahren als Geselle begann er seine Meisterausbildung. Seit 1979 ist er selbstständig. Auch seine Tochter ist Buchbindermeisterin, mit einer Spezialisierung auf Buchrestaurierung. Noch immer hat der 66-Jährige ein Atelier, mittlerweile in Zewen. Die Glasmaler-Gesellin und studierte Farbtechnikerin Sabine Thornau unterstützt ihn dort. Beim Besuch in Willems Atelier sitzt er an einer Fadenheftmaschine und fügt alte Buchseiten zusammen. Die Bücher erhalten später auch einen neuen Umschlag und sind für die Stadtbibliothek im luxemburgischen Düdelingen bestimmt. Willems arbeitet auch viel für französische oder belgische Anwaltskanzleien. Die lassen etwa Rechtszeitschriften binden, um sie zu archivieren.

Etwas Ähnliches macht die Gemeinde Petingen. Sie sammelt alle Artikel der luxemburgischen Presse über sie und lässt sie für ihr Archiv binden. Für die Stadt Trier hat Willems mit seiner Kollegin eine Ledermappe mit einem japanischen Shibori-Batikmuster erstellt – für die Urkunde anlässlich der zehnjährigen Städtepartnerschaft zwischen Trier und Nagaoka 2017.

Willems gibt gerne Einblicke in sein Handwerk. Damit ist er vielleicht eine Ausnahme: „Buchbinder arbeiten oft in ihrem stillen Kämmerlein und lassen sich nicht über die Schulter schauen", sagt Willems, der auch Kurse an Schulen gibt. Er bildet auch aus, aber es sei heute schwierig, Lehrlinge zu finden. Fünf Gesellen hat er ausgebildet. Die letzten zwei brachen die Lehre ab.

Die große Zeit der Buchbinder war vor Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Wer damals ein Buch kaufte, erwarb lediglich bedruckte Bögen und musste sie bei einem Buchbinder binden und mit einem Einband versehen lassen. 500 handwerkliche Buchbindereien gibt es laut Bund Deutscher Buchbinder heute noch in Deutschland. Spezialisten für Individuelles. Daneben arbeiten Buchbinder als Medientechnologen auch in der Druckverarbeitung.

Im Workshop im Stadtmuseum erzählt Willems derweil etwas über den Goldschnitt, also die mit Blattgold versehenen Schnittkanten eines Buchblocks. Das sei früher nicht gemacht worden, weil es schön aussehe, sondern damit keine Insekten in die Bücher hineinkröchen, sagt Willems. Walter Karbach hört interessiert zu. Er mag den Geruch von Ledereinbänden, die Haptik von Papier. „Was ich mit diesem Beruf verbinde, ist Sinnlichkeit. Welche Sinne spricht ein Computer an?", fragt er. (söf)

 
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