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07.07.2020

Von Erdbeeren und Emotionen

Ist ein Globus-Markt Fluch oder Segen für die Stadt Trier? Selten ist die Ansiedlung eines einzelnen Betriebes in der Stadt so intensiv diskutiert worden wie in den vergangenen Wochen. Umweltgruppen demonstrierten aus ökologischen Gründen gegen den Markt. Handelsverbände sprachen sich gegen die entstehende Konkurrenz aus. Auf der anderen Seite machten aber auf den Facebook-Seiten der lokalen Medien auch hunderte von Bürgerinnen und Bürgern ein „Like" für den Handelsriesen, die eine Niederlassung des saarländischen Handelsriesens in Trier geradezu herbeisehnen. Die unterschiedlichen Meinungen zeigten sich auch in der Debatte im Stadtrat am Dienstagabend in der Europahalle.

Stimmen der Fraktionen

Eindeutig für die Ansiedlung sprachen sich die Fraktionen von CDU, FDP, UBT und AfD sowie das parteilose Einzelmitglied Dr. Ingrid Moritz aus. Zudem auch vier Abweichler aus der Grünen-Fraktion, die einen eigenen Ergänzungsantrag einbrachten.

Udo Köhler (CDU) dankte der Stadtverwaltung für die Untersuchung der 15 Standortalternativen. Von den beiden zuletzt zur Auswahl stehenden Flächen an der Niederkircher- und der Alten Monaiser Straße sei letztere „der beste Platz für einen Globus in Trier" – wegen der besseren Möglichkeit der Verkehrsanbindung. Die CDU brachte einen Ergänzungsantrag zur Verwaltungsvorlage ein. Darin forderte sie, dass das innenstadtrelevante Sortiment von Globus so gering wie möglich ausfallen müsse. Das solle auch so bleiben, sagte Köhler: „Wir wollen dafür sorgen, dass sich um Globus herum keine kleine Innenstadt auf der grünen Wiese entwickelt."

Tobias Schneider (FDP) sprach sich eindeutig für Globus aus und wies darauf hin, dass aus seiner Sicht der Einfluss eines Globus-Marktes auf die Innenstadt marginal sei. Dorthin gehe man, um zu shoppen und zu flanieren. Zum Globus oder einem anderen Supermarkt fahre man, um den Lebensmittel-Großeinkauf zu machen. Zur Kritik an der Flächenversiegelung sagte Schneider, man sei sich im Rat jahrelang einig gewesen: „Wir müssen Gewerbeflächen entwickeln." Genau in diese Richtung sei ja auch der Flächennutzungsplan gegangen.

Christian Schenk (UBT) ging auf das Thema der möglichen Gewerbesteuer-Einnahmen angesichts der prekären Haushaltslage der Stadt ein. Trier generiere in Folge der Ansiedlung dringend benötigte Gewerbesteuer und es würden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen: „Diese Einnahmen möchten wir in Trier haben und nicht nach Kenn oder Konz abgeben." Für Globus spreche auch, dass das Unternehmen bei seinen Investitionen regionalen Firmen die Aufträge gebe.

Michael Frisch (AfD) nannte den Globus „eine Bereicherung des Angebots für die Stadt und ihre Bürger." Das größte Problem für die Innenstadt sei nicht ein Globus, sondern der Online-Handel und die hohen Mieten in der Innenstadt. Die landwirtschaftliche Fläche in Zewen sei ohnehin für Gewerbe vorgesehen: Ob sie jetzt von Globus oder einem anderen Unternehmen bebaut werde, spiele daher keine Rolle.

Dr. Ingrid Moritz, parteiloses Einzelmitglied, sprach sich für den Standort Monaiser Straße aus. Ihr Argument: Dies sei eine bisher fehlende ortsnahe Einkaufsmöglichkeit für Zewen.

Richard Leuckefeld (Bündnis 90/ Grüne) drückte seine Verwunderung darüber aus, welche Emotionen Erdbeeren in Trier erzeugt hätten und brachte mit Ole Seidel, Bernhard Hügle und Robin Schrecklinger aus seiner Fraktion einen Änderungsantrag ein. Demnach wird die Fläche des Gewerbegebiets um 35 Prozent verkleinert, so dass mehr landwirtschaftliche Flächen erhalten bleiben. Das innenstadtrelevante Sortiment im Globus habe eine Fläche von 2500 Quadratmetern – das entspreche etwa einer Etage im Karstadt. „Ich glaube nicht, dass diese Fläche einen wesentlichen Einfluss auf die Verkäufe in der Innenstadt haben wird."

Die SPD sprach sich generell für einen Globus in Trier aus, brachte aber auch einen Änderungsantrag ein. Inhalt: Der Globus solle sich in der Niederkircher Straße ansiedeln und der Anteil des innenstadtrelevanten Sortiments auf zehn Prozent begrenzt werden. Rainer Lehnart erklärte, seine Fraktion habe sich im Abwägungsprozess zwischen den beiden Standorten aus ökologischen Gründen für die Niederkircher Straße entschieden: „Wir gehen auf die Fläche, die bereits versiegelt ist. Wir sind pro Globus, aber nicht um jeden Preis. Ökologie geht für uns vor Landschaftsverbrauch." Verkehrliche Aspekte seien auch in anderen Fällen immer lösbar gewesen.

Auch die Gegner des Globus brachten einen eigenen Änderungsantrag ein, der die Ansiedlung im Gewerbegebiet verhindert sollte und die Verwaltung aufforderte, Mittler zu spielen zwischen den Eigentümern des Karstadt-Gebäudes sowie der Treviris-Passage und ansiedlungswilligen Unternehmen. Dr. Anja Reinermann-Matatko (Bündnis 90/Grüne) argumentierte für den Großteil ihrer Fraktion einerseits mit dem Schutz des Handels in der Innenstadt. Die Umsatzeinbußen durch den Globus würden sicher schlimmer als in Gutachten berechnet. Auch die Verkehrsentwicklung werde schlimmer als prognostiziert. An den Spitzentagen Freitag und Samstag werde es viel mehr als 5600 zusätzliche Autos geben. „Dann wird Zewen nach der Tunnellösung bei der Umfahrung rufen. Dann werden die nächsten nach dem Moselaufstieg rufen. Und das wollen wir nicht."

Jörg Johann (Die Linke) wies wie die Grünen auf die negativen Auswirkungen der Ansiedlung für das Klima hin. Der Einzelhandel in der Innenstadt habe zudem momentan massive Probleme. „Wenn wir diesen Druck durch die Ansiedlung des Globus mit seinen innenstadtrelevanten Sortimenten verstärken, können weitere Einzelhändler in der Innenstadt verschwinden." Als weiteres Argument führte er die mangelnde Tarifbindung des Globus an, der seine Mitarbeiter nicht ordentlich bezahle.

Abstimmungsergebnisse

Der ausführlichen Debatte folgten die Abstimmungen über den Grundantrag und die Änderungsanträge:

Der Änderungsantrag der SPD, den Globus in der Niederkircher Straße anzusiedeln, wurde deutlich abgelehnt: 17 Ja-, 36 Nein-Stimmen, eine Enthaltung. Der SPD-Antrag, das innenstadtrelevante Sortiment des Globus auf zehn Prozent zu begrenzen, ebenfalls: 15 Ja, 38-Nein-Stimmen, keine Enthaltung.

Der Grünen-Antrag, Globus nicht in Trier anzusiedeln und stattdessen Gespräche mit den Karstadt- und Treviris-Eigentümern aufzunehmen, wurde deutlich abgelehnt: 10 Ja-, 42- Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen.

Der Änderungsantrag der grünen Abweichler, die Fläche des Gewerbegebiets um ein Drittel zu verkleinern, fand im Stadtrat eine knappe Mehrheit: 28 Ja-, 26 Neinstimmen, zwei Enthaltungen.

Der CDU-Antrag, kein weiteres Einzelhandelszentrum oder Outlet im Umfeld von Globus zuzulassen und im Globus keine Mall mit Textilläden, fand eine ebenso knappe Mehrheit: 28-Ja, 26 Nein-Stimmen, eine Enthaltung.

Über den Grundantrag zur Ansiedlung von Globus in Trier wurde abschließend namentlich abgestimmt. Er bekam eine deutliche Mehrheit: 39 Ja, 15-Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen.

Michael Schmitz