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17.03.2020

Von Bord direkt in die Innenstadt

Kreuzfahrtschiff auf einem Fluss
Flusskreuzfahrten sind gerade bei älteren Menschen immer beliebter. Bislang müssen die Gäste häufig im Industriehafen in Pfalzel übernachten, da die Schiffe dort anlegen müssen. Das soll sich mit dem Bau von zwei neuen Anlegern an der Zurmaiener Straße ändern. Die Kosten hierfür belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Foto: Pixabay
Um dem wachsenden Segment der Flusskreuzfahrten Rechnung zu tragen, hat sich der Stadtrat mit großer Mehrheit für den Bau von zwei Schiffsanlegestellen an der Zurmaiener Straße ausgesprochen. Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen zeigten sich die Grünen bei diesem Antrag gespalten.

„Die Personenschifffahrt ist ein stetig wachsender Markt", heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Gerade bei älteren Gästen erfreut sich diese Reiseform zunehmender Beliebtheit. Aktuell rechnet die Branche mit einem weiteren Wachstumsimpuls durch die erhöhte Nachfrage aus dem asiatischen Markt. Schon jetzt gibt es hohe jährliche Zuwachsraten.

In Mainz wird der Schiffstourismus seit einigen Jahren untersucht. Ergebnis: Der Tourismus, der aus Flusskreuzfahrten resultiert, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Landeshauptstadt. Rund 32 Euro geben die Schiffstouristen pro Person und Tag im Schnitt aus. Mainz geht somit von einem Bruttoumsatz von rund 3,16 Millionen Euro pro Jahr aus, der dem lokalen Einzelhandel, der Gastronomie, Gästeführern und sonstigen touristischen Akteuren zugutekommt.

Der Boom bei Flusskreuzfahrten ist auch in Trier festzustellen. So gibt es eine erhöhte Nachfrage nach geeigneten Anlegestellen. Von den aktuell fünf Anlegern sind jedoch nur zwei für größere Schiffe geeignet, wie sie heutzutage üblich sind. Gegenwärtig legen viele Schiffe im Industriehafen zwischen Stahl- und Abfallbetrieben an. Dies werde „einem professionellen Tourismusangebot der ältesten Stadt Deutschlands nicht gerecht", wie es in der Vorlage heißt.

Die Verwaltung geht davon aus, dass die Errichtung von zwei neuen Anlegern durch die Stadtwerke Trier (SWT) im Bereich der Hospitalsmühle an der Zurmaiener Straße die Nachfrage der Reedereien decken könnte. Während sie in Trier liegen, müssen die Schiffe Ökostrom der Stadtwerke beziehen, um ihren hohen Energiebedarf für Beleuchtung, Wäscherei, Bordküche und vieles mehr zu decken. Röhrende Dieselmotoren sollen damit der Vergangenheit angehören. Der CO2-Ausstoß der Schiffe kann somit merklich reduziert werden.

Stimmen der Fraktionen

Michaela Hausdorf von den Grünen bezweifelte die in der Vorlage genannten Argumente für die Anleger: Es drohe eine Überlastung der Innenstadt durch Touristen und der wirtschaftliche Nutzen könne nicht sicher vorhergesagt werden, da die Gäste eventuell auch auf dem Schiff und nicht in der Stadt essen und Geld ausgeben. Auch sieht sie ein Problem in illegalen Beschäftigungsverhältnissen an Bord. Hausdorf begrüßte die klimaneutrale Stromversorgung an Bord, jedoch werde mit dem Bau der Anleger Natur am Moselufer zerstört. Ihr Partei-
freund Richard Leuckefeld hingegen bezeichnete den Bau der Anleger als „längst überfällig". Es sei „ein Armutszeugnis, dass die Besucher im Industriehafen übernachten müssten." Die Auswirkungen auf die Natur seien überschaubar und die Anreise mit dem Schiff sei besser, als wenn Touristen mit dem Auto kommen würden, sagte Leuckefeld. „Es wäre Unsinn, auf den Flusstourismus zu verzichten. Touristen sind keine Plage, sondern eine Bereicherung", hob der Grünen-Politiker hervor. Von den Grünen stimmten neun für den Antrag, fünf dagegen und ein Mitglied enthielt sich.

Matthias Melchisedech (CDU) sagte, seine Fraktion freue sich, dass ein geeigneter Standort gefunden werden konnte, gerade vor dem Hintergrund, dass schon Schiffe in Trier wegen mangelnder Anlegestellen abgewiesen werden mussten.

Rainer Lehnart machte im Namen der SPD- Fraktion ebenfalls seine Zustimmung deutlich: „Die Schiffe werden kommen. Wenn wir die Anlegemöglichkeiten nicht schaffen, dann halten sie vor oder hinter Trier und dann haben wir keinen Einfluss mehr auf die Rahmenbedingungen", sagte er. Auf diesen Aspekt ging auch Joachim Gilles von der FDP ein: „Wir sollten die Chance nutzen, dass Ökostrom genutzt wird. Wir wissen nicht, wie es in Schweich oder Riol wäre." Er lobte das Konzept der SWT. Hans-Alwin Schmitz (UBT) hob vor allem die CO2-Einsparung durch den Ökostrom positiv hervor. Auch OB Wolfram Leibe sprach sich für den Bau der Anleger aus: „Die Schiffe werden kommen, also versuchen wir, ökonomisch und ökologisch das Beste draus zu machen."

Björn Gutheil