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25.09.2012

Thüringer Bratwurst und Moselwein

Festlich hatte sich das Weimarer Rathaus zum Städtepartnerschaftsjubliäum am Wochenende mit den Fahnen der beiden Städte, der Bundes- und der Länderflagge von Thüringen sowie der Europafahne herausgeputzt.
Festlich hatte sich das Weimarer Rathaus zum Städtepartnerschaftsjubliäum am Wochenende mit den Fahnen der beiden Städte, der Bundes- und der Länderflagge von Thüringen sowie der Europafahne herausgeputzt.
Im Herbst ist Weimar doch am schönsten: Leichte Melancholie breitet sich über die einzigartige Stadt der Dichter, Denker und Musiker aus, die herrlichen riesigen Bäume im Goethepark färben sich bunt und auf dem Marktplatz leuchten die Strohblumenbuketts von den Ständen, warten die pittoresken Zwiebelzöpfe als ein typisches Markenzeichen der Klassikerstadt auf ihre Käufer, meistens Touristen.

An zwei Tagen hat das offizielle Weimar am vergangenen Wochenende das 25-jährige Bestehen der Städtefreundschaft mit Trier gefeiert. Im prachtvoll renovierten Stadtschloss stellten Triers früherer OB Helmut Schröer und TV-Redakteur Dieter Lintz am Freitagabend auf Einladung der rührigen Trier-Gesellschaft Weimar ihr neues Buch über „Eine deutsche Städtepartnerschaft“ vor, gleichzeitig wurde der Erlebnisband „Mit Herz und Verstand – gelebte Städtepartnerschaft zwischen Weimar und Trier“, in der 32 Autoren ihre ganz persönlichen Erinnerungen und Erlebnisse über diese einzigartige kommunale Verbindung schildern, präsentiert.

Einen Tag später wird es im Festsaal des Fürstenhauses der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ am Platz der Demokratie gegenüber der berühmten Anna Amalia-Bibliothek hochoffiziell. Die beiden amtierenden Oberbürgermeister, Stefan Wolf (Weimar) und Klaus Jensen (Trier), unterstreichen in ihren Reden die Bedeutung und Einmaligkeit dieses kommunalen Miteinanders. Sie berichten von der „schweren Geburt“ vor 25 Jahren, von heute kaum mehr vorstellbaren Schikanen der DDR-Verantwortlichen und vom Gelingen der friedlichen Revolution mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989. Erst die Wende machte möglich, was bis dahin nach Kräften verhindert wurde: unkontrollierte und freie Bürgerkontakte.

Bernhard Vogel, früherer Ministerpräsident von beiden Bundesländern („aber nicht gleichzeitig“), überschüttet als Festredner die beiden geschichtsträchtigen Städte mit Komplimenten, würdigt die Städtepartnerschaft als „historische Leistung“ und unterbreitet sozusagen als Lebenselixier Programmvorschläge, „damit in nochmals 25 Jahren Goldene Hochzeit“ gefeiert werden kann.

Auf den beiden Vorsitzenden der jeweiligen Bürgergesellschaften in Weimar und Trier, Elke Mohnhaupt-Schmidt und Elisabeth Ruschel, die mit einer Bürgerdelegation aus der Moselmetropole an die Ilm gereist ist, ruhen die Hoffnungen, mit einem Strauß von Aktivitäten die Partnerschaft zwischen den gut 450 Kilometer voneinander getrennten deutschen Städten mit dem Quell neuen Lebens zu versehen. Charmant, äußerst engagiert und beide zusammen meist in Reichweite anzutreffen, ehren sie während des Festakts mit dem früheren Weimarer Oberbürgermeister Dr. Volkhardt Germer und dem Trierer Ex-OB Helmut Schröer zwei Kommunalpolitiker, die zwei sich diametral widersprechenden ideologischen Lagern entstammen und über die turbulenten Ereignisse dieser Städtepartnerschaft dann doch politisch zusammenfanden.

Ergriffenheit macht sich beim Festakt breit, als junge Mitglieder des „D.A.S. Jugendtheaters im Stellwerk“ in einer höchst beeindruckenden szenischen Performance entscheidende Augenblicke im Auf und Ab der ersten drei Jahre dieser Städtepartnerschaft aus ihrer Sicht darstellen. Das Publikum spendet Ovationen, erhebt sich von den Plätzen und jeder versteht: Die Städtepartnerschaft hat nur dann eine Überlebenschance, wenn auch die Jugend dafür gewonnen werden kann.

Anschließend wird im Foyer und auf dem Schulhof einer 1999 neu erbauten Schule in der Schubertstraße weitergefeiert. Für die musikalische Untermalung sorgt auch hier wieder das Trierer Trio „Fine Tact“. Es ist wie bei einem Familienfest. Erfahrungen und politische Meinungen werden ausgetauscht, ein Filmtrailer ruft die vielen gemeinsamen Treffen der Vereinsmitglieder in Erinnerung, der ortsansässige Karnevalspräsident hält eine wunderbare launige Rede über Trier und Weimar und schließlich gibt es nach einem keineswegs einfachen Städtequiz auch noch die gesponserten Preise zu gewinnen. Und natürlich dürfen zur Verköstigung Thüringer Bratwürste und ein gutes Köstritzer Bier nicht fehlen.

Dabei kommt dem Partnerschaftswein der Bischöflichen Weingüter Trier, dessen Reben bei einem Treffen beider Gesellschaften an der Mosel gemeinsam gelesen wurden, besondere Symbolkraft zu.

Hans-Günther Lanfer