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26.06.2012

Tarifparteien sind jetzt in der Pflicht

Angelika Winter.
Angelika Winter.
Zum dritten Mal legte die Trierer Frauenbeauftragte Angelika Winter dem Steuerungsausschuss ihren Tätigkeitsbericht vor. Ein Höhepunkt 2011 war die Veranstaltung zum 100-jährigen Jubiläum des Internationalen Frauentags. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) erläutert Winter einige Schwerpunkte ihres Berichts, den der Ausschuss zustimmend zur Kenntnis nahm.

RaZ: Welche Impulse gingen von der Veranstaltung zum Jubiläum des Internationalen Frauentags aus?

Winter: Ein nachhaltiger Erfolg ist das damals zustande gekommene Netzwerk mit über 20 Partnern aus ganz verschiedenen Bereichen. 2012 haben wir eine ähnliche Veranstaltung zum Frauentag organisiert. Die Pflege dieser Kontakte nutzt beiden Seiten. Als „Ein Frau-Amt“ im Rathaus ist es für mich ein großer Vorteil, Mitstreiter Innen von außen zu gewinnen, die meine Arbeit unterstützen.

Trier beteiligte sich 2011 erneut am  Equal Pay Day. Dabei wird angeprangert, dass Frauen im Durchschnitt 23 Prozent brutto weniger verdienen, was zu einer Rentenlücke von fast 60 Prozent führt. Warum gibt es nur sehr langsame Fortschritte?

Wir als Frauenbeauftragte können keinen direkten Einfluss nehmen, aber durch Öffentlichkeitsarbeit auf das Problem der Lohnlücke aufmerksam machen. Der Gesetzgeber kann „nur“ unterstützend aktiv werden. Entscheidend sind Arbeitgeber und Gewerkschaften, die die Tarifverträge aushandeln.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

In der Bewertungskommission, die zum Beispiel Einkommensgruppierungen festlegt, müsste viel mehr passieren und der Frage nachgegangen werden, warum „frauentypische“ Berufe im Vergleich zu „männertypischen“ niedriger im Einkommen bewertet werden. Aber auch Personal- und Betriebsräte sind gefordert, etwa durch Entgelt-Checks das Einkommensniveau zu überprüfen. Das nie-drigere Einkommen vieler Frauen hängt aber auch damit zusammen, dass sie wegen der Familienpause schlechtere Chancen haben, Karriere zu machen. Diese Unterbrechungen führen nicht selten zu niedrigeren Renten.

Im Januar 2011 fasste der Steuerungsausschuss den Grundsatzbeschluss zur Einführung eines geschlechtergerechten Haushaltssystems im Trierer Rathaus. Welche Fortschritte gibt es?

Bei dem gesamten Prozess geht es um eine Sensibilisierung für die unterschiedlichen Lebenssituationen und -probleme von Männern und Frauen. Im Trierer Rathaus wird konkret geprüft, ob die Vergabe der öffentlichen Mittel geschlechtergerecht erfolgt. Eine geschlechterdifferenzierte Datengrundlage dient dazu, eine Schräglage zugunsten eines Geschlechts zu korrigieren, um dem Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern nachzukommen. Beim Gender Budgeting ist das Ju- gendamt Pilotprojekt. Dabei wird zum Beispiel untersucht, ob Hilfen für Alleinerziehende dem hohen Frauenanteil an dieser Gruppe Rechnung tragen. Ein wichtiger Erfolg ist, dass die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit freien Trägern, über die der Stadtrat am 28. Juni entscheidet, den Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtend enthalten. Als zweites städtisches Amt wird das Kulturbüro in den Prozess eingebunden.
 
Sie bieten eine Sprechstunde an sowie telefonische Beratungen. Welche Themen kommen besonders oft zur Sprache?
 
Mein Schwerpunkt liegt in den meis-ten Fällen bei der Weitervermittlung an spezifische Beratungsstellen, von denen es in Trier eine ganze Menge gibt. Einen Zuwachs bei den Ratsuchenden gab es durch die Wohnungsnot sowie durch die Verschärfungen der Hartz IV-Gesetze. Ein großes Problem bleibt die fehlende Koordinierung der Ferien- und Randzeitenbetreuung von Kindern. Daher ist es ein schöner Erfolg im Bündnis für Familie, dass sich 2011 das Polizeipräsidium erstmals an dem Betreuungsangebot von AOK und Finanzamt in den Sommerferien beteiligt hat. 2012 kommen die Agentur für Arbeit und der Landesbetrieb Mobilität hinzu.

Das Gespräch führte Petra Lohse