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27.11.2012

Staaten größtes Stabilitätsrisiko

Professor Udo Di Fabio bei seinem Plädoyer gegen den Schuldenstaat. Foto: Sparkasse
Professor Udo Di Fabio bei seinem Plädoyer gegen den Schuldenstaat. Foto: Sparkasse
Ein eindringliches Plädoyer für den Schuldenabbau und die Rückkehr zu den in den Maastrichter EU-Verträgen fixierten Kriterien für Haushaltsdisziplin stellte der frühere Verfassungsrichter Professor Udo Di Fabio ins Zentrum seines Vortrags beim Sparkassenforum. Die Staaten dürften ihre Bemühungen um wirtschaftliches Wachstum und Konjunkturimpulse nicht durch immer höhere Schulden finanzieren. Die nationale Wirtschaft bleibe angesichts der verstärkten globalisierten Konkurrenz langfristig nur wettbewerbsfähig, wenn die Innovationsfähigkeit und das Bildungswesen verbessert würden. Es dürfe auf keinen Fall so weit kommen, dass Deutschland „bei Pekinger Autokraten darum bettelt, seine Staatsanleihen zu kaufen“, um die horrenden Schulden zu senken.

Für den 58-jährigen Di Fabio war der Vortrag vor knapp 700 Gästen, darunter Bürgermeisterin Angelika Birk, eine Rückkehr zu einer alten Wirkungsstätte. Von 1993 bis 1997 war der Jurist Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität und ab 1994 zusätzlich Direktor des Instituts für Umwelt- und Technikrecht. Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Remigius Kühnen würdigte in seiner Begrüßung unter anderem den Einsatz Di Fabios für eine freiheitliche Gesellschaft.

Der Gastredner warnte davor, die Schuld für die schwere Krise allein auf die kriselnden Staaten in der Mittelmeerregion zu schieben. So habe man für Deutschland vor einigen Jahren die Kriterien zur Einleitung eines Verfahrens wegen Überschreitung der Verschuldungsgrenzen aufgeweicht. Beim Aufnahmeantrag der Griechen in die Euro-Zone sei bekannt gewesen, dass falsche Zahlen vorgelegt wurden. „Man wollte das aber aus politischen Gründen nicht sehen“, so Di Fabio. In Deutschland habe sich zudem seit dem Ende der 60er Jahre immer mehr die Auffassung durchgesetzt, der Staat könne wirtschaftliche Impulse auch durch Kredite finanzieren. Selbst in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen gelinge es nicht mehr, die Schulden signifikant zu senken. Die Zeit des „Easy Goings“ mit leicht verfügbarem Geld auch im privaten Sektor sei aber endgültig vorbei. Als ermutigendes Zeichen wertete Di Fabio die Entwicklung in Irland und teilweise in Portugal. Dort seien mit dem strikten Sparkurs erste Erfolge zu verzeichnen.

Zur künftigen Entwicklung wagte Di Fabio keine Prognose. Die zur Krisenbewältigung eingesetzen Hebel würden immer größer und riskanter: „Die Kugel rollt, wir wissen aber nicht, wohin.“ Derzeit seien die Staaten das größte Stabilitätsrisiko, weil „sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.“ Erst wenn die haushaltspolitische Tragfähigkeit wiederhergestellt sei, könnten die Staaten wirkungsvoll die Finanzmärkte regulieren.