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24.10.2017

"Madame, ich liebe Sie"

 Karl Marx 1864 mit Friedrich Engels und seinen Töchtern Jenny, Eleanor und Laura
Die Fotografie aus dem Jahr 1864 zeigt Karl Marx (links) und Friedrich Engels zusammen mit den Marx-Töchtern Jenny, Eleanor und Laura (v. l.). Foto: International Institute of Social History (Amsterdam)
„Ich trage dich auf den Händen, und ich küsse dich von Kopf bis Fuss, und ich falle vor Dir auf die Knie, und ich stöhne: Madame, ich liebe Sie.“ Diese von Karl Marx in einem Brief geschriebenen Zeilen aus dem Jahr 1856 stehen zusammen mit frühen Liebesgedichten nicht nur für eine ebenso romantische wie revolutionäre Liebesgeschichte, sie zeigen auch, dass Marx weit mehr war als nur scharfer Analytiker. Die zahlreichen, oft unbekannten Facetten des großen Gelehrten können Besucher im nächsten Jahr in der Landesausstellung „Karl Marx 1818-1883 – Leben, Werk, Zeit“ in Trier kennenlernen.

Frauen spielten in Karl Marx‘ familiärem Umfeld eine wichtige Rolle, allen voran Jenny von Westphalen (1814–1881). Der große Gelehrte liebte sie leidenschaftlich. Einige der Liebesgedichte, die Karl der vier Jahre älteren Jenny schickte, sind im Ausstellungsteil „Stationen eines Lebens“ im Stadtmuseum Simeonstift zu lesen. Ihre innigen Gefühle waren der Tochter eines Regierungsrates wichtiger als Ansehen und Status, und so heirateten die beiden 1843 nach einer heimlichen Verlobung und siebenjähriger Wartezeit. Jenny war aber nicht nur liebende Gattin und Mutter, sondern auch Diskussionspartnerin auf Augenhöhe: Sie unterstützte Marx‘ Arbeit vorbehaltlos, verfasste Texte über die Revolution in Deutschland und Theaterkritiken, schrieb Karls unleserliche Manuskripte ab und bearbeitete sie. Und nicht zuletzt folgte Jenny ihrem Mann auf seinem gesamten bewegten Lebensweg. Als sie 1881 nach schwerer Krankheit in London starb, sagte Wilhelm Liebknecht: „Mit ihr starb er. Ihr Tod war sein Tod. Das wussten alle, die ihn kannten.“ Karl Marx überlebte Jenny keine anderthalb Jahre.

Politisch aktive Töchter

Auch die drei Töchter, die wie ihre Eltern überdurchschnittlich begabt und außerordentlich gebildet waren, unterstützten den Vater und waren ebenso politisch aktiv: Jenny (1844–83) und Laura (1845–1911) heirateten französische Sozialisten und engagierten sich in der französischen Arbeiterbewegung. Die jüngste Tochter Eleanor, genannt Tussy (1855–98), galt als politisch besonders begabt und fungierte schließlich wie die Mutter als Marx‘ Sekretärin. Später verband sie sich mit einem englischen Schriftsteller und Sozialisten und war gemeinsam mit ihm in der englischen Arbeiterbewegung aktiv. Bis zum Tod von Friedrich Engels (1895) half sie diesem bei der Sichtung des väterlichen Nachlasses.

Die Landesausstellung vermittelt einen Einblick in die familiären Verhältnisse: Zahlreiche Darstellungen, darunter ein Porträt von Jenny Marx aus dem Deutschen Historischen Museum und fotografische Reproduktionen von Marx mit seinen Töchtern präsentieren den Besuchern ein anschauliches Bild von Marx und seinen Frauen.

Unehelicher Sohn

In der Ausstellung wird auch Helena Demuth, genannt Lenchen (1820–1890) vorgestellt: Die Hausgehilfin, enge Vertraute und verlässliche politische Gefährtin folgte ab 1845 der jungen Familie Marx zu jeder Station ihres Lebens bis ins endgültige Exil nach London.

Dass sie mit Marx mehr verband als ein oftmals unbezahltes Arbeitsverhältnis, wurde 1851 deutlich, als sie dessen unehelichen Sohn Frederick zur Welt brachte, für den allerdings Friedrich Engels offiziell die Vaterschaft übernahm. Auf Wunsch der Töchter Eleanor und Laura wurde Lenchen wie Karl und Jenny im Grab der Familie in London beigesetzt. Sogar Jenny hatte dem zu Lebzeiten zugestimmt.