Sprungmarken
14.05.2013

Kulturleitbild als Streitschrift

Im Entwurf des Kulturleitbilds wird grenzüberschreitenden Projekten große Bedeutung beigemessen. Aktuelles Beispiel ist das Gastspiel des Kulturschiffs „Cassian Carl“ in Trier mit dem Auftritt des französischen Percussion-Ensembles „Tambours du Bronx“.
Im Entwurf des Kulturleitbilds wird grenzüberschreitenden Projekten große Bedeutung beigemessen. Aktuelles Beispiel ist das Gastspiel des Kulturschiffs „Cassian Carl“ in Trier mit dem Auftritt des französischen Percussion-Ensembles „Tambours du Bronx“.
Im Juni 2011 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, Kulturleitlinien zu entwickeln, um hieran konkrete Handlungsempfehlungen für einzelne Bereiche zu erarbeiten. Erste Versuche im größeren Kreis waren nicht von Erfolg gekrönt. „Die Interessen waren zu unterschiedlich“, beurteilt Kulturdezernent Thomas Egger im nachhinein die wenig zielführenden Bemühungen. Also entwarf er mit einer kleinen internen Arbeitsgruppe in einem konzentrierten Prozess auf straff gefassten sieben DIN A 4-Seiten den „Entwurf eines Kulturleitbildes 2025 für Trier“.

Das Papier, das Egger als „Streitschrift“ versteht, die in „vielen Bereichen bewusst verkürzt und provoziert, um Schwung in die Sache zu bringen“, wurde vergangene Woche dem Kulturausschuss des Stadtrats vorgestellt. Jetzt wünscht sich der seit kurzem parteilose Beigeordnete eine breite öffentliche Diskussion über die von ihm verantworteten Thesen.

Eggers Diskussionsbeitrag richtet sich auf die vier Handlungsfelder „Kulturangebote für die Bürgerinnen und Bürger“, „Kulturelle Bildung“, „Kultur in ihrer Beziehung zur Wirtschaft“ sowie „Umgang mit dem kulturellen Erbe“. Lapidar, aber bedeutungsschwer wird herausgestellt, dass das wesentliche Mittel kommunaler Kulturpolitik der Kulturhaushalt mit seinen immer knapper werdenden Mitteln ist.

Das Leitbild steht im Kontext des „Strategischen Konzepts Zukunft Trier 2025“ und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Schon die Präambel beinhaltet den grundlegenden Leitgedanken, wonach Zielvereinbarungen zum wesentlichen Steuerungselement der Kulturpolitik werden sollen, ohne dabei die Programmhoheit der Kulturveranstalter tangieren zu wollen.

Vier Handlungsprinzipien

Zu den vier Prinzipien der Kulturverwaltung gehören eine Absage an Bestandsgarantien für Institutionen und Strukturen, das Bekenntnis zur kulturellen Vielfalt, ohne „Umfänglichkeit oder gar Vollständigkeit“ leisten zu können sowie die Prinzipien der Subsidiarität und Wirtschaftlichkeit.

In den folgenden Kapiteln wird die Anschubhilfe städtischer Kulturpolitik für neue Initiativen, aber auch die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger betont. Ihnen, den Künstlern oder Vereinen, ist über die geförderten Kulturinstitutionen hinaus ein großes innovatives Potenzial künstlerischer Kreativität zu verdanken. Der als Querschnittsaufgabe definierten kulturellen Bildung wird ein großes Integrationspotenzial zugeschrieben. Die bestehenden Angebote, so im schulischen Bereich, müssen besser vernetzt werden.

Aus zwei Blickrichtungen widmet sich der Entwurf dem Kernthema „Kultur und Wirtschaft“. Im Kapitel „Wirtschaft als Kulturfaktor“ werden die kultur- und kreativwirtschaftlichen Potenziale für Trier aufgezeigt, wobei der Hochschule mit dem Fachbereich „Gestaltung“ besondere Bedeutung eingeräumt wird. „Kultur als Wirtschaftsfaktor“ beschreibt Trier als Tourismusmetropole. Die eindimensionale Zuordnung als Römerstadt birgt auch Imageprobleme in sich.
Im Absatz „Kulturelles Erbe“ wird die Spannung zwischen dem Bewahren und der öffentlichen oder privaten Nutzung von Denkmälern und deren kostenintensiver Pflege aufgegriffen. Das Leitbild plädiert dafür, auch Veränderungen zuzulassen. Die Denkmalpflege dürfe nicht zu einer Musealisierung der Stadt führen.

Der letzte Teil geht pragmatisch auf die Umsetzung der politischen Vorgaben des Kulturleitbilds durch die Kulturverwaltung ein, wobei zwischen Kulturpolitik und -management eine klare Aufgabenteilung besteht. Zu den Aufgaben der Kulturverwaltung gehört eine fortwährende Aufgabenkritik, die auch Zielvereinbarungen trifft und überprüft. Der Stadtrat wird in einem jährlichen Bericht über die Entwicklungen informiert. Mindestens einmal in jeder Legislaturperiode soll das Leitbild selbst neu zur Diskussion gestellt werden.

Nach der Präsentation seines Entwurfs beabsichtigt Egger eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung mit einer breiten Diskussion über seine Streitschrift. Vorgesehen sind eine öffentliche Ausschussberatung, moderierte Workshops sowie öffentliche Medienforen.

Der Zeitplan sieht eine Verabschiedung im Rat für Ende des Jahres vor. Doch Egger drängt nicht zur Eile. Er plädiert für eine ausgiebige Erörterung seines Positionspapiers, selbst wenn es zu einem Kommunalwahlkampfthema würde. Denn das steht für ihn fest: „Wenn das Leitbild in seinen Strukturen konsequent zu Ende gedacht und umgesetzt wird, wird sich einiges verändern.“