Der Autoverkehr nimmt viel Platz in einer Stadt in Anspruch. Bei der Bewegung „Critical Mass" geht es darum, möglichst viele Radfahrer gleichzeitig auf die Straßen zu bringen, um den öffentlichen Raum zurück zu erobern und für diese alternative Verkehrsform zu demonstrieren. Auch in Trier schwingen sich Aktivisten einmal im Monat gemeinsam in den Sattel – an einem Termin, an dem es in vielen Städten weltweit ähnliche Aktionen gibt.
Ein sonniger Freitagabend auf dem Viehmarkt. Wenig deutet darauf hin, dass hier gleich eine Fahrradaktion starten soll. Am Treffpunkt der Critical Mass Trier herrscht zunächst eine gechillte Atmosphäre. Doch dann kommen im Minutentakt einzelne Radfahrer oder kleine Gruppen hinzu. Alle denkbaren Biketypen sind vertreten: Es gibt leicht angerostete Hollandräder, Liegeräder, Mountainbikes, getunte Rennräder und ein Lastenrad, auf dessen Ladefläche Sebastian Kohns einen Lautsprecher geschnallt hat: „Ohne Musik macht es keinen Spaß." Schließlich ist die „kritische Masse" erreicht und der Pulk aus rund 30 Radlerinnen und Radlern setzt sich in Bewegung.
Straße statt Radweg
Kennzeichen einer Critical Mass (CM) ist, dass sie nicht etwa auf dem Radweg fährt, sondern bewusst auf einer Hauptverkehrsstraße nebeneinander. Auf diese Weise wird Präsenz im alltäglichen Straßenverkehr gezeigt. Eine geschlossene Gruppe von mehr als 15 Radfahrern bildet laut Straßenverkehrsordnung einen „Verband", für den einige Ausnahmeregeln gelten: Er ist von der Radwegebenutzungspflicht ausgenommen und darf geschlossen eine Kreuzung überqueren, auch wenn die Ampel am Ende des Pulks bereits wieder auf Rot umgeschaltet hat. „Die Straße gehört uns Radfahrern genauso wie den Autos oder dem ÖPNV. Und wenn wir als große Gruppe auf uns aufmerksam machen, kommt vielleicht mancher Autofahrer ins Grübeln und merkt, dass es auch andere Möglichkeiten der Fortbewegung gibt", sagt Kohns, der die Critical Mass in Trier derzeit mitorganisiert.
Jede CM ist also eine verkehrspolitische Aktion, aber der Spaß kommt dabei auch nicht zu kurz: Bei der Illuminale 2017 waren die Aktivisten mit bunt beleuchteten Rädern unterwegs und zu Halloween waren Verkleidungen angesagt. Am besten gefällt Sebastian Kohns die internationale Ausrichtung der Bewegung: „Wir tauschen uns über Instagram aus und da bekomme ich regelmäßig Bilder von der CM in Islamabad, Mexiko oder Buenos Aires."
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