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04.09.2012

Konkurrenz für den Speckgürtel

Trier braucht neue Wohn- und Gewerbegebiete. Der Stadtrat hat jetzt beschlossen, vier großflächige, bisher unbebaute Areale am Kockelsberg, am Brubacher Hof, in Zewen und Ruwer näher unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, ob sie für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme geeignet sind.

Die Nachfrage nach Wohnraum in Trier, die auf absehbare Zeit bei 550 neuen Einheiten pro Jahr liegen dürfte, kann längst nicht mehr innerhalb der Stadtgrenzen befriedigt werden. Das Mietniveau in Trier stieg zwischen 2004 und 2009 um 23,4 Prozent, der Landesschnitt lag gerade mal bei 1,5 Prozent. Unterdessen locken die Umlandgemeinden mit vergleichsweise günstigem Bauland. Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani sieht dringenden Handlungsbedarf: „Wir können nicht zuschauen, wie der Speckgürtel um Trier immer dicker wird, immer mehr Pendlerverkehr unsere Straßen verstopft und wir auch noch für den Transport der Kinder in unsere Schulen bezahlen dürfen.“

Im neuen Flächennutzungsplan, der in einer Sondersitzung des Stadtrats am 18. September beschlossen werden soll, sind daher neue Baugebiete mit einer Nettofläche von 120 Hektar und zusätzliche 32 Hektar für Gewerbeansiedlungen vorgesehen. „Das ist ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Wohnungsmangels“, betonte Kaes-Torchiani.

Die Baudezernentin appellierte mit OB Klaus Jensen an den Stadtrat, dem Vorhaben zuzustimmen. Der Umfang liege am „unteren Rand“ dessen, was angesichts der herrschenden Nachfrage unbedingt erforderlich sei, so Jensen. Der Löwenanteil des Flächenbedarfs soll mit den vier jetzt zu untersuchenden Gebieten gedeckt werden, wobei das unmittelbar an der Autobahn Trier-Luxemburg gelegene Areal am Kockelsberg (19 Hektar Netto-baufläche) als neuer Gewerbestandort vorgesehen ist. Das Gebiet Zentenbüsch (30 Hektar) liegt oberhalb der Straße Auf Feiser in Ruwer, das Gebiet Zewen-Süd (20 Hektar) beiderseits der Straße Im Biest und das Gebiet Bru-bacher Hof (30 Hektar) zwischen der gleichnamigen Ausflugsgaststätte und Mariahof.

Voraussetzung für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist ein erhöhter Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten. Der Stadt wird dabei unter anderem ein Vorkaufsrecht auf die Grundstücke eingeräumt. Geprüft werden jetzt unter anderem die Auswirkungen auf Natur und Landschaft.

Stimmen der Fraktionen

Im Stadtrat unterstützten CDU, SPD und FDP die Untersuchungen in allen vier Gebieten, während die FWG jeweils mit Nein stimmte und die Linksfraktion sich enthielt. Die Grünen stimmten den Vorlagen Zewen-Süd und Brubacher Hof zu, lehnten aber Kockelsberg und Zentenbüsch ab. Christiane Probst (FWG) begründete das Nein ihrer Fraktion  damit, dass man vor dem Beschluss des gesamten Flächennutzungsplans keine Festlegungen treffen wolle. Demgegenüber stellten Udo Köhler (CDU) und Tobias Schneider (FDP) fest, dass es sich um ergebnisoffene Voruntersuchungen handle und die endgültigen Beschlüsse zur Flächenausweisung erst später auf der Tagesordnung stünden.

Während Anja Reinermann-Matatko (B 90/Grüne) den Zusammenhang zwischen attraktiv gelegenen neuen Baugebieten wie in Ruwer und der angestrebten Entspannung auf dem Wohnungsmarkt in Frage stellte, wies Begoña Hermann (SPD) darauf hin, dass Trier nur durch die Erschließung von neuem Bauland der Abwanderung von Einwohnern und damit dem Verlust von Steuereinnahmen in jährlich sechsstelliger Höhe entgegenwirken könne.