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22.05.2012

Kommunalwahlrecht für alle

Für einen erfolgreichen Weg in eine Einwanderungsgesellschaft spielt ein kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger nach Ansicht des renommierten Soziologen Professor Klaus J. Bade eine wichtige Rolle. Seinen Vortrag bei der Tagung „Migration und Nachhaltigkeit“ im Rahmen der Internationalen Tage verstand er als Orientierungshilfe in einem Feld zwischen Toleranz, Solidarität, Konflikten und Gewalt. Hochkarätige Gäste aus Politik, Recht und Sozialwissenschaften sowie Füh-rungspersönlichkeiten der Wirtschaft beteiligten sich an der Veranstaltung auf Einladung des Beirats für Migration und Integration.

Nach Einschätzung von Bade ist eine „teilhabeorientierte Integrationspolitik“ der richtige Weg für ein Einwanderungsland. „Integration soll Spaß machen“, betonte der Gast, der sich seit Jahrzehnten mit dieser Problematik beschäftigt. Nur gleiche Chancen für alle führten zu einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl und einer erfolgreichen Integration. Das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger gewährleiste eine nachhaltige Integration aller Migranten. Politiker sollten eine „Willkommenskultur“ propagieren und aktiv fördern.

Zu Beginn der Tagung hatte die Beiratsvorsitzende Dr. Maria Duran Kremer ihre Gäste in die Thematik eingeführt. Danach näherte sich der Jurist Professor Gerhard Robbers (Universität Trier dem Thema Gleichstellung aus rechtlicher Sicht an und kritisierte die veraltete Interpretation des Begriffs „Volk“ durch das Bundesverfassungsgericht. Es sei nicht mehr zeitgemäß, anzunehmen, dass mit der Bezeichnung im Grundgesetzparagraph 116 nur das „deutsche Volk“ gemeint sei. In Zeiten der EU und weitgehender Grenzfreiheit müsse das Gesetz ein offeneres und modernes Verständnis des Begriffs fördern. Um alte Denkweisen zu überwinden, komme zum Beispiel ein Gesetz in Frage, das EU-Bürger und Deutsche rechtlich gleichstellt.

Hohe Arbeitslosigkeit

„Solange es keine Gleichstellung aller und keine gleichen Teilhabechancen für alle gibt, wird sich auch das Zugehörigkeitsgefühl der ausländischen Einwohner zu Deutschland nicht verstärken“, betonte Landesarbeitsministerin Malu Dreyer in ihrem Vortrag. Das kommunale Wahlrecht für alle sei eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration.

Der hohe Anteil ehrenamtlich engagierter Migranten zeige ihren starken Willen zur Teilnahme und Teilhabe. Nun sei es Aufgabe der Politiker, die Chancen dazu zu bieten. Obwohl Rheinland-Pfalz mit 52 Prozent der Migrantenkinder eines Jahrgangs in Kitas führend sei, zeigte Dreyer noch einige „Baustellen“ auf, wie die hohe Arbeitslosenzahl bei den Migranten und die durchschnittlich schlechteren Schulabschlüsse.

An der Podiumsdiskussion „Arbeit und Teilhabe“ beteiligten sich zahlreiche  Besucher, darunter bekannte regionale Akteure, die sich für Migranten, Integration und gutes Zusammenleben einsetzen. Sie diskutierten mit Professor Klaus J. Bade sowie Miguel Vicente, Landesbeauftragter für Migration und Integration, Wolfram Leibe, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, und DGB-Regionalgeschäftsführer Dr. Christian Z. Schmitz.

Obwohl Deutschland erst sehr spät angefangen habe, sich als Einwanderungsland zu sehen und sich mit damit verbundenen Problemen zu befassen, zeigte die Tagung nach Einschätzung von Duran-Kremer, „dass wir auf dem richtigen Weg zu einer Gesellschaft der Zugehörigkeit und Toleranz sind. Veranstaltungen wie diese zeigen, dass Menschen sich mit dem Thema auseinandersetzen. Sie helfen, noch bestehende Probleme aufzuzeigen sowie neue, klare Ziele zu formulieren.“

Wenn Politik, Rechtsprechung, Medien und jeder Einzelne  sich ihrer Verantwortung und Funktion für die Gesellschaft bewusst würden und Toleranz, respektvolle Anerkennung und Teilhabe aller Mitmenschen unterstützten, könne Deutschland ein Land werden, „in dem kulturelle Vielfalt mit Freude gelebt wird.“