Sprungmarken
26.11.2013

Kein Ende des Syrienkriegs in Sicht

Foto: Dr. Michael Lüders
Dr. Michael Lüders beim Sparkassenforum.
Ein kleines Land wie der Libanon mit 4,5 Millionen Menschen musste bereits 1,5 Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufnehmen. In der Türkei und damit in direkter Nachbarschaft zu Europa sieht es nicht viel besser aus. Die dramatischen Folgen des seit fast drei Jahren andauernden Konflikts spielten eine wichtige Rolle im Vortrag des Nahostexperten Dr. Michael Lüders vor rund 700 Besuchern beim Sparkassenforum 2013. Die Prognose des Gastreferenten  (Foto: Sparkasse), der unter anderem als Fernsehjournalist sowie als Berater des deutschen Außenministeriums tätig ist, fiel insgesamt pessimistisch aus: Ein Ende des schrecklichen Bürgerkriegs ist nicht in Sicht.

Als Ursachen nannte Lüders unter anderem  die große geopolitische Bedeutung Syriens sowie die Radikalisierung und starke Zersplitterung der Opposition. Zu Beginn sei der Krieg vor allem ein sozial motivierter Aufstand der sunnitischen Bevölkerung gegen die den gesamten Staat beherrschende Minderheit der Alawiten gewesen, der der Clan des aktuellen Herrschers Baschar al-Assad angehört. Mittlerweile dominierten bei der Opposition aber vor allem radikale Dschihadisten.

Lüders rechnet langfristig damit, dass Diktator Assad nicht zuletzt dank der Unterstützung von China und Russland sein Herrschaftsgebiet im syrischen Kernland verteidigt, während in Randgebieten kleinere Emirate der radikalen muslimischen Kämpfer entstehen. Der Westen habe  direkt zu Beginn des Konflikts die Weichen durch die Unterstützung der sunnitischen Opposition falsch gestellt „Man muss mit Assad kooperieren, obwohl er ein Macchiavellist und Diktator reinsten Wassers ist“, betonte Lüders.

Der Referent beschränkte sich in seinem Vortrag nach der einleitenden Begrüßung durch Sparkassenvorstandschef Remigius Kühnen nicht auf die aktuelle Tragödie in Syrien.  Nicht zuletzt mit Blick auf die Reformbestrebungen im Rahmen des „arabischen Frühlings“, bei dem viele Hoffnungen bitter enttäuscht wurden, lieferte er eine fundierte Analyse der Historie seit dem Ende des Kolonialismus. In Ägypten als einem der größten arabischen Staaten sei die Entwicklung beispielsweise geprägt durch zahlreiche verpasste Chancen.

Die arabischen Gesellschaften hätten immer noch feudalistische Strukturen mit einer alles beherrschenden Oberschicht und extremen sozialen Ungerechtigkeiten. 60 Prozent der Menschen lebten in krasser Armut. Zudem sei in vielen Ländern rund die Hälfte der Bevölkerung jünger als 20 Jahre und habe kaum Aufstiegschancen. In der politischen Landschaft der arabischen Staaten sei das Freund-Feind-Denken sehr stark ausgeprägt und Kompromisse für tiefgreifende Reformen daher kaum möglich. Gerade das Beispiel Ägypten zeige, dass „sich der Schalter nur sehr schwer umlegen lässt“, so Lüders.