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21.08.2012

Jugendstil-Kostbarkeit aus Ehranger Produktion

Ein glücklicher Zufall macht die Sammlung des Simeonstifts um ein interessantes Zeugnis der Stadtgeschichte reicher: Museumsmitarbeiter Dr. Bernd Röder fielen auf der Maastrichter Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf zwei Jugendstilvasen auf. Dann machte ihn der Stempel „VSW AG Ehrang“ stutzig. Die Auskunft der Händlerin, die Vasen seien in einer Manu-faktur bei Berlin entstanden, stellte sich als falsch heraus. Sie stammen aus den Vereinigten Servais-Werken in Ehrang.

Bis dato war selbst ausgewiesenen Experten diese Produktionssparte nicht bekannt. Die Servais-Werke, 1878 auf einem Gelände zwischen Ehrang und Pfalzel von dem Luxemburger Ingenieur und Tonwarenfabrikanten Paul Servais gegründet, erwarb sich ihren klangvollen Namen vor allem durch Jugendstilfliesen. Diese wurden weit über die Region hinaus verwendet und erhielten verschiedene Auszeichnungen. Das Werk entwickelte sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Region Trier. Es produzierte ab 1898 neben Fliesen künstlerisch anspruchsvolle Objekte wie glasierte Brunnenstöcke und Wasserspeier. Nach mehreren Umstrukturierungen wurde die Eh-ranger Produktion 1993 endgültig geschlossen.

Die um 1902 entstandenen, knapp 40 cm hohen Steinzeug-Vasen sind ein einzigartiges Zeugnis dieses Teils der Trierer Industriegeschichte. Ihre geschwungene Form und die ineinander verlaufenden Glasuren – oben in gedecktem Grün, nach unten in Blau- und Violetttöne übergehend (Foto) – weisen sie als herausragende kunsthandwerkliche Zeugnisse ihrer Epoche aus. Zugleich verdeutlichen sie den Anspruch und die Kunstfertigkeit, mit der in der Blütezeit des Jugendstils in den Servais-Werken gearbeitet wurde. Das Vasenpaar steht nun in einer Vitrine im Treppenhaus des Stadtmuseums.
  • Führung zu der Neuerwerbung mit Dr. Bernd Röder im Rahmen der Langen Museumsnacht am Samstag, 15. September, 22.30 Uhr.