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18.12.2018

Jugendliche abholen, wo sie erreichbar sind

Nadja Drießen (l.) aus dem OB-Büro und Bettina Mann vom Jugendamt fassen die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppe zusammen, in der Ziele einer kommunalen Strategie in der Jugendberufshilfe formuliert wurden.
Nadja Drießen (l.) aus dem OB-Büro und Bettina Mann vom Jugendamt fassen die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppe zusammen, in der Ziele einer kommunalen Strategie in der Jugendberufshilfe formuliert wurden.

„Wenn wir von Jugendberufshilfe reden, geht es immer darum, niemanden zurückzulassen." Mit diesen Worten fasst Jugendamtsleiter Carsten Lang eine zentrale Herausforderung für das Rathaus, die Jugendberufsagentur, das Bildungs- und Medienzentrum sowie viele freie Träger zusammen. Erstmals tauschten sich zahlreiche Akteure in einem Workshop aus, um sich besser zu unterstützen, denn die Hürden für viele Jugendliche beim Berufseinstieg sind hoch.

Mit 18 zu Hause rausgeflogen, als junge, alleinerziehende Mutter auf sich gestellt, Probleme durch Lernbehinderung oder psychische Krankheit, Drogenkarriere, Schulverweigerer oder jugendlicher Straftäter – es gibt wenig, was die erfahrenen Fallmanager der Jugendberufsagentur nicht kennen. „Manchmal sind die Gespräche emotional anstrengend", erzählt Mitarbeiterin Ulrike Schlaack. Schließlich gehe es manchmal auch um Missbrauch, Obdachlosigkeit, Schulden oder Sucht. „Daher ist auch die Beziehungsarbeit bei der Beratung sehr wichtig. Wenn einem die Leute nicht am Herzen liegen, kann man den Job nicht machen", so Schlaack. Dass sie selbst Mutter von zwei Söhnen ist, sieht sie als Vorteil. Schließlich schöpfe man bei der Beratung auch immer aus eigenen Erlebnissen.

Um solche Erfahrungen noch besser nutzbar zu machen und hinter dem Einzelfall strukturelle Lücken in den Hilfs- und Beratungsangeboten zu sehen, ist für Lang nicht zuletzt auch die Stadtverwaltung gefordert: „Die Kommunen haben eine Koordinierungs- und Steuerungsfunktion. Manchmal ist die Abstimmung noch unzureichend. Ein integrierter Ansatz kann in der Jugendberufsagentur gelingen, weil dort zentrale Akteure angesiedelt sind."

Viele neue Fragen

Der besondere Wert des Workshops in den Räumen des Bildungs- und Medienzentrums lag nach Einschätzung zahlreicher Teilnehmer in den drei Arbeitsgruppen nicht zuletzt darin, dass viele neue Fragen durch den Austausch zwischen Experten aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern aufgeworfen wurden. Das kann jetzt dazu führen, den eigenen Ansatz kritisch zu hinterfragen und die Qualitätskontrolle zu verbessern.

Dabei geht es nach Aussage von Lang auch immer wieder darum, sich von scheinbar bewährten Kategorien zu trennen: „Wir sollten beispielsweise den Begriff des Scheiterns aus unserem Wortschatz streichen. Übergangsphasen von der Schule zum Beruf dauern heute oft etwas länger und es kann Umwege geben. Wir müssen uns vielmehr fragen, wie unsere Angebote dazu beitragen, dass der Prozess am Ende erfolgreich ist." Man müsse immer wieder versuchen, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie erreichbar seien.

Die Debatte im Plenum und in den verschiedenen Arbeitsgruppen zeigte immer wieder, wo das Netzwerk noch Lücken hat und wo Knotenpunkte noch nicht in vollem Umfang funktionieren. So wurde beispielsweise angemerkt, dass die Berufsberatung in den weiterführenden Schulen noch nicht im gewünschten Umfang stattfindet. Zudem müsse die Einbindung der Berufsbildenden Schulen verbessert werden.