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23.10.2012

Immer mehr seelisch Kranke brauchen Hilfe

Berufsbetreuer und Diplom-Pädagoge Markus Epper (rechts) bearbeitet in einem Beratungsgespräch die Unterlagen für einen Klienten. Foto: privat
Berufsbetreuer und Diplom-Pädagoge Markus Epper (rechts) bearbeitet in einem Beratungsgespräch die Unterlagen für einen Klienten. Foto: privat
Im zweiten Teil der RaZ-Serie stellen die beiden Trierer Berufsbetreuer Jan Jaeger und Gisela Luz y Graf ihre vielfältige Arbeit anhand eines Fallbeispiels vor: 30 Jahre regelte bei dem kinderlosen Ehepaar M. der Ehemann alle wesentlichen Alltagsangelegenheiten, bis er nach einem Schlaganfall starb. Seine Frau kann wegen einer geistigen Behinderung kaum lesen und schreiben und war daher schnell überfordert. Die Rente ihres Mannes fiel weg, das Konto war bald überzogen, die Wohnung vernachlässigt. Frau M. aß und trank unregelmäßig, handelte immer verwirrter. Sie wurde  chließlich  von der Polizei  auf der Straße aufgegriffen und in eine Klinik gebracht. Der dortige Sozialdienst beantragte beim Gericht im Eilverfahren eine umfangreiche gesetzliche Betreuung. Die Betreuungsbehörde wurde eingebunden. Sie nahm umgehend Stellung und legte einen Betreuervorschlag vor. Bei der richterlichen Anhörung im Krankenhaus erklärte sich Frau M. mit einer gesetzlichen Vertretung einverstanden, die dann durch gerichtlichen Beschluss eingerichtet wurde.

Noch in der Klinik folgte der erste persönliche Kontakt mit der Berufsbetreuerin L., die anschließend Witwenrente und ergänzende Grundsicherung beantragte, Post sichtete, die Krankenversicherung abklärte und die kontoführende Bank informierte. Um die gewünschte Versorgung zu Hause zu ermöglichen, regelte die Betreuerin mit dem Sozialamt, dass Hilfen gewährt werden, um die Wohnung von Frau M. wieder funktionstüchtig zu machen. Mit dem persönlichen Budget wurden zudem soziale Dienstleistungen eingesetzt, so dass ein kostenintensiver Heimaufenthalt verhindert werden konnte.  

Nach der 20-jährigen  Erfahrung von Jaeger läuft das Verfahren nicht immer so reibungslos: „Immer öfter begegnen wir Klienten mit schwerer seelischer Behinderung, die ihre Erkrankung nicht zu erkennen vermögen. Sie definieren sich subjektiv als gesund und lehnen jede Einflussnahme ab. Hier ein Netzwerk zu schaffen und gesellschaftliche Integration zu praktizieren, ist eine hohe Herausforderung sowohl an die Qualität der Berufsbetreuung als auch an das täglich damit konfrontierte Umfeld“, so der gelernte Pädagoge. Das noch relativ junge Berufsfeld des Betreuers  teilen sich in Trier Sozialpädagogen und Juristen, deren Eignung vom Betreuungsgericht und der Betreuungsbehörde geprüft worden sind.

„Durch die 2005 eingeführte Pauschalvergütung haben wir gemessen an unseren Qualitätsanforderungen und den Bedürfnissen unserer  Klienten zu wenig Zeit für unsere Aufgaben. Wir befürchten, dass das System so an seine Grenzen kommt, wenn keine Verbesserungen geschaffen werden“, betonten die beiden Betreuer.  
Für Frau M., die mittellos ist, zahlt die Justizkasse die Vergütung an die Berufsbetreuerin. Nur bei einem Vermögen oder hohem Einkommen trägt die betreute Person die vom Gericht festgelegte Betreuervergütung selbst. An den bei Frau M. anfallenden sons-tigen Pflege- und Sozialleistungen hat die Pauschalvergütung für den Berufsbetreuer den geringsten Anteil.