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05.12.2017

Grüne Lunge statt blaue Lagune

Andreas Ludwig
Baudezernent Andreas Ludwig.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,

ich bitte Sie, beim Bürgerentscheid zur Tankstelle Ostallee mit Nein zu stimmen. Der Pachtvertrag soll zum Ende des Jahres 2017, wie vom Stadtrat beschlossen, auslaufen. Damit aus der „blauen Lagune“ eine „grüne Lunge“ wird. Damit bis zu 15 Bäume mit großen Kronen gepflanzt werden können, die das Stadtklima verbessern und das Stadtbild aufwerten. Damit ein Radweg durch den Grünstreifen angelegt werden kann, der eine sichere Verbindung zum Hauptbahnhof schafft. Und damit der unter Denkmalschutz stehende Alleenring nach 240 Jahren vollendet werden kann.

Schmerzhafte Lücke

Wie Wien oder Köln sollte auch Trier stolz auf den historischen Ring um seine Altstadt sein und jede Chance nutzen, ihn weiter zu entwickeln und aufzuwerten. 1776 hatte der Stadtrat beschlossen, entlang der mittelalterlichen Stadtmauer eine Promenade anzulegen, was im Lauf des folgenden Jahrhunderts auch schrittweise umgesetzt wurde. Heute ist die 1958 errichtete Tankstelle das letzte große Gebäude, das den grünen Ring um die City unterbricht. Dadurch entsteht eine schmerzhafte städtebauliche Lücke. Der unabhängige Denkmalpflegebeirat der Stadt Trier hat sich deshalb einstimmig gegen den weiteren Betrieb der Tankstelle ausgesprochen.

Es kursieren Planungen des Tankstellenbetreibers, den Standort mit einem Neubau zu modernisieren und mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen. Diesem Vorhaben stehen jedoch hohe baurechtliche Hürden entgegen. Denn: Der seit über 50 Jahren rechtskräftige Bebauungsplan sieht für das Grundstück eine öffentliche Freifläche vor. Nur weil die Tankstelle vor Inkrafttreten des Bebauungsplans errichtet wurde, genießt sie bis heute Bestandsschutz. Größere Umbauten stehen jedoch eindeutig im Widerspruch zum Bebauungsplan und sind deshalb nicht zulässig. Für eine Änderung des Plans wäre ein Stadtratsbeschluss erforderlich, dem ein aufwändiges Beteiligungsverfahren vorangeht. Hierbei sind rechtlich schwerwiegende Einwände im Sinne des Natur- und Denkmalschutzes zu erwarten. Die bessere Alternative wäre es, die Tankstelle an einem anderen Standort neu anzusiedeln, um die Arbeitsplätze und Pachteinnahmen zu erhalten.

Während die Chance für den Bau einer „hübschen neuen Tankstelle“ am Standort Ostallee sehr gering ist, plant die Stadt die Aufwertung des Areals zu einer hochwertigen Grünfläche und den Bau eines Geh- und Radwegs als Lückenschluss zwischen der Mustorstraße und dem Bahnhof. Der Clou ist, dass sich dieses Projekt selbst finanziert: Denn der BP-Konzern hat sich vertraglich nicht nur dazu verpflichtet, nach dem Ende des Pachtverhältnisses sämtliche Gebäude inklusive Parkplatz und Altlasten zu beseitigen. Vielmehr erhält die Stadt zusätzlich 200.000 Euro, die für die Gestaltung des Grundstücks verwendet werden können.

Großes Plus für das Stadtklima

Um bei der Neugestaltung eine möglichst hohe städtebauliche Qualität zu erreichen, ist bereits für das Jahr 2018 ein Architektenwettbewerb geplant. Die wesentlichen Grundsätze, darunter der Rückbau der Tankstelle, wurden bereits in mehreren Bürgerbeteiligungen festgelegt:

  • Grün in der Stadt
  • Altstadtkonzept
  • Bürgergutachten Mitte-Gartenfeld
  • Stadtteilrahmenplan
  • Mobilitätskonzept 2025
  • Radverkehrskonzept

Bei der Aufwertung des Areals wird das Thema „Grün in der Stadt“ eine wichtige Rolle spielen. Trier verfügt in der Innenstadt derzeit nur über außerordentlich wenig Grünfläche. Jedes zusätzliche Areal ist somit ein Gewinn. zehn bis 15 großkronige Bäume mehr machen einen großen Unterschied für das Stadtklima, wenn man sich vor Augen hält, dass ein durchschnittlicher Stadtbaum täglich rund 10.000 Liter Sauerstoff produziert. Mit 30.000 Blättern spendet er Schatten, kühlt die Umgebung und kann bis zu 100 Kilogramm Staub pro Jahr aus der Luft filtern. Jedes Exemplar kompensiert den CO2-Ausstoß von 360.000 gefahrenen Autokilometern.

Ebenso deutlich sind die Vorteile für die Radfahrer. Da eine Radverkehrsführung über die Ostallee mit täglich 32.000 Fahrzeugen zu gefährlich ist, bietet sich der Grünstreifen des Alleenrings als Alternative an, wobei aber die Tankstelle buchstäblich „im Weg“ steht. Der Lückenschluss an dieser Stelle ist Bestandteil des im Stadtrat einstimmig beschlossenen Radverkehrskonzepts, wobei selbstverständlich auch die Anbindung des Radwegs an den Knotenpunkt Gartenfeld-/Mustorstraße sowie an die Bahnhofstraße realisiert werden muss. Für eine Radwegeführung „entlang“ der Tankstelle gibt es aus verkehrsplanerischer Sicht keine Möglichkeit. Wenn die Tankstelle an dieser Stelle bleibt, dann wird es in den nächsten 15 Jahren keine Verbesserung für den Radverkehr in diesem wichtigen Abschnitt geben.

Wert des Alleenrings

Um sich den Wert des Alleenrings tatsächlich bewusst zu machen, muss man sich vorstellen, wie es wäre, wenn stattdessen einfach nur eine vierstreifige Stadtautobahn verlaufen würde. Oder aber die dichte innerstädtische Bebauung hier einfach nahtlos weitergehen würde. Wenn man sich das vorstellt, wird sehr schnell deutlich, welche Qualität der Alleenring verkörpert und damit zum Wohlbefinden aller in Trier lebenden und sich bewegenden Menschen beiträgt.

Andreas Ludwig