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Eine Welt in Trier

Entwicklungspolitik findet nicht nur in fernen Ländern statt, sondern auch auf kommunaler Ebene, um eine nachhaltige Welt zu gestalten. Der Trierer Aktionsplan Entwicklungspolitik bündelt viele kleine und große Schritte, um dieses Ziel zu erreichen. In einer Serie stellt die Rathaus Zeitung in den kommenden Wochen die Hintergründe und konkreten Maßnahmen des Aktionsplans vor – los geht es in Rio de Janeiro vor über 25 Jahren.

Sollte sich eine kleine Großstadt am Rande der Bundesrepublik mit Entwicklungspolitik beschäftigen? Sollten in Zeiten von Haushaltssicherungskonzepten Aktionspläne erstellt und Kapazitäten für die ganz großen Fragen vorgehalten werden? Für Oberbürgermeister Wolfram Leibe ist die Antwort eindeutig: „Die Erde ist eine Limited Edition. Darum müssen wir zu einem globalen Zusammenleben kommen, in dem alle die Chance auf ein gutes Leben haben. Und das globale Zusammenleben ist in vielen Fällen das Produkt lokaler Entscheidungen."

Dieser Gedanke ist keineswegs neu und wurde im Jahr 1992 auf der Weltkonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro von 178 Staaten in Form der Agenda 21 als Handlungsmaxime anerkannt, wobei das Ziel kaum größer sein könnte: das Überleben der Menschheit im 21. Jahrhundert. Erstmals wurde auch die kommunale Ebene der wohlhabenden Industriestaaten verpflichtet.

Start der Lokalen Agenda 21

In Trier führte diese Neuerung zur Gründung des Vereins Lokale Agenda 21, der am Mittwoch, 28. August, sein 20-jähriges Bestehen feiert. Seine Mitglieder fördern das Credo „global denken, lokal handeln" und suchen nach Möglichkeiten, das Leben in Trier so zu gestalten, dass dabei möglichst wenige Ressourcen verloren gehen, Menschen in anderen Teilen der Welt nicht ausgebeutet werden und keine unwiderruflichen Naturschäden verursacht werden. Dazu werben sie in unzähligen Infoveranstaltungen für ein neues Verständnis von Entwicklung und stellen dem Glauben an ein unendliches Wirtschaftswachstum eine neue Erzählung entgegen: der moderne Mensch als Teil seiner Umwelt und nicht als ihr Eigentümer. Auch Konkretes fließt in ihre Arbeit ein, wie die Instandsetzung von Elektrogeräten im monatlichen Repair Café, die ansonsten vermutlich verschrottet und durch Neugeräte ersetzt würden.

Nachdem in Trier somit schon 16 Jahre lang nach kleinen Lösungen gesucht wurde, verabschiedeten die Vereinten Nationen 2015 das nächste, richtig große Maßnahmenpaket: die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, eingebettet in die Agenda 2030. Die Lokale Agenda Trier nutzte diesen Moment, um das Thema in der Stadtverwaltung auf eine neue Ebene zu hieven: mit Hilfe einer Petition, die von 1500 Trierern unterschrieben wurde, starteten sie die Ausarbeitung des Trierer Aktionsplans Entwicklungspolitik, der unter Einbindung von Bürgervorschlägen über verschiedene Kanäle entstand. Dieser Prozess wurde im Rathaus von Lea Horak, Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik, und Matthias J. Berntsen, dem Leiter des OB-Büros – Internationale Beziehungen, zentral gesteuert.

Der bundesweit wohl einzige Aktionsplan für kommunale Entwicklungspolitik umfasst nun 193 konkrete Ideen, die in die Kapitel fair, international, engagiert sowie umwelt- und klima-
freundlich aufgeteilt sind. Das Maßnahmenpaket wurde im März feierlich in den Viehmarktthermen vorgestellt. Lea Horak ist von der Lösung globaler Gefahren mit lokalen Mitteln überzeugt: „Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Umweltschutz. Hier spielen auch soziale Gerechtigkeit, Mobilität, Gesundheit und internationale Partnerschaften eine wichtige Rolle und da hat die Stadtverwaltung einen großen Gestaltungsspielraum. "

Die Lokale Agenda 21 ist besonders bei der Umsetzung von Projekten im Bereich „Trier fair" eingebunden. Für Geschäftsführerin Sophie Lungers- hausen ist klar: „Es ist eine Herausforderung, die 17 globalen Ziele der UN auf kommunaler Ebene anzuwenden und gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Zivilgesellschaft diese Ziele umzusetzen."

Matthias Anders