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05.11.2013

Eigenständig, aber nicht einsam

Der aktuelle Planentwurf für das Mehrgenerationenhaus der Genossenschaft „zak Wohnpakt“ im Baugebiet BU 13 zeigt in der Mitte das Treppenhaus mit Aufzug als Scharnier zwischen den beiden Wohnflügeln. Der Anbau am linken Flügel ist als Gemeinschaftsraum vorgesehen. Der Innenhof ist Treffpunkt für alle Bewohner. Abbildung: Michael Fuchs
Der aktuelle Planentwurf für das Mehrgenerationenhaus der Genossenschaft „zak Wohnpakt“ im Baugebiet BU 13 zeigt in der Mitte das Treppenhaus mit Aufzug als Scharnier zwischen den beiden Wohnflügeln. Der Anbau am linken Flügel ist als Gemeinschaftsraum vorgesehen. Der Innenhof ist Treffpunkt für alle Bewohner. Abbildung: Michael Fuchs
Persönliches Engagement und gegenseitige Unterstützung sind entscheidende Bausteine für die Bewältigung der Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. Das verdeutlichten die städtischen Veranstaltungen im Rahmen der Demografiewoche Rheinland-Pfalz, bei denen gemeinschaftliche Wohnformen und die ehrenamtlichen Besuchsdienste im Blickpunkt standen.

Viele alleinstehende ältere Menschen wollen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen und wünschen sich zugleich Geselligkeit. Sie wollen eigenständig, aber nicht einsam leben. Soziale Kontakte und professionelle Betreuung bei eingeschränkter Mobilität oder Demenz bieten Seniorenresidenzen oder Pflegeheime. Doch viele Heimbewohner fühlen sich in ihrer Einrichtung durch bestimmte Regeln, die sie nicht beeinflussen können, zu einem gewissen Grad fremdbestimmt und gegängelt.

Neue Wohnformen, in denen alle Generationen vertreten sind, eine Gemeinschaft bilden und sich gegenseitig unter die Arme greifen, können diese Widersprüche überwinden: Die jüngeren Bewohner unterstützen die älteren bei der Bewältigung des Alltags, während die Senioren zum Beispiel tagsüber die Betreuung der Kinder übernehmen. Freizeitaktivitäten werden gemeinsam geplant. Genau diese Ziele verfolgt die Trierer Genossenschaft „zak Wohnpakt“, deren Mehrgenerationenhaus im Tarforster Baugebiet BU 13 voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 bezugsfertig sein wird.

Passivhaus mit Carsharing

Das Vorhaben gilt nicht nur wegen der neuen Form des Zusammenlebens als Modellprojekt für Trier: Geplant ist ein barrierefreies Passivhaus mit Photovoltaikanlage und Carsharing mit einem Elektroauto. Das 2800 Quadratmeter große Grundstück bietet Platz für 18 oder 19 Wohnungen mit 60 bis maximal 115 Quadratmetern.

Derzeit sind noch nicht alle Wohnungen belegt. „Wir suchen vor allem noch jüngere Menschen oder Familien mit Kindern“, sagte Helga Büdenbender, die das Projekt bei der vom Rathaus organisierten Veranstaltung „Gemeinschaftliches Wohnen: Neue Form des Zusammenlebens in Trier“ im Rahmen der Demografiewoche Rheinland-Pfalz vorstellte.

Alternative Wohnprojekte seien auch ein wichtiges Instrument gegen die Verteuerung des Wohnraums, hatte Bürgermeisterin Angelika Birk zuvor in ihrem Grußwort betont. So garantiert die nicht am Profit orientierte Organisationsform der Genossenschaft beim „zak Wohnpakt“ langfristig stabile Mieten. Insgesamt gelte es, so Birk, möglichst viele Alternativen im Wohnangebot zu schaffen, da viele Menschen sich immer wieder auf neue Lebenssituationen einstellen müssen.

Ein Vorreiter für gemeinschaftliches Wohnen ist zweifellos das Schammatdorf in Trier-Süd. Hier leben seit 30 Jahren selbständige und auf verschiedene Weise beeinträchtigte Menschen zusammen. „Wir setzen soweit möglich auf nachbarschaftliche Hilfe, die aber natürlich professionelle Pflege und Betreuung nicht vollständig ersetzen kann“, erläuterte Sozialpädagogin Sarja Herres, die zur Zeit als „kleine Bürgermeisterin“ des Schammatdorfs amtiert. Die auf elf Wohnhöfe verteilten 144 Wohnungen sind zu einem Drittel barrierearm oder barrierefrei und bieten derzeit Platz für 260 Bewohner bei einer erschwinglichen Kaltmiete von 5,40 Euro pro Quadratmeter. Ein Verein sorgt für den nötigen Zusammenhalt, um gemeinsam das Lebensumfeld aktiv zu gestalten. Für Veranstaltungen und Treffen kann das Schammatdorfzentrum genutzt werden.

Als ein weiteres zukunftsweisendes Projekt stellte sich der Verein „Smile“ vor. Sechs jüngere geistig behinderte Menschen bilden eine Wohngemeinschaft mit drei Mitbewohnern, die damit ihren Bundesfreiwilligendienst leisten oder sich als studentische Betreuer die Miete verdienen. Die Eltern haben sich mit viel Engagement für diese innovative Wohnform eingesetzt, um ihren Kindern einen eigenständigen Start ins Erwachsenenleben und gemeinschaftliche Aktivitäten mit Gleichaltrigen zu ermöglichen.

Gefragte Besuchsdienste

Bei der Tagung „Besuchsdienste – sinnvolles bürgerschaftliches Engagement“ wurden erstmals die vielfältigen Hilfsangebote für Erwachsene konzentriert präsentiert. Rund 90 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter und  weitere Interessenten waren der Einladung des Sozialdezernats gefolgt. Nach der Begrüßung durch Bürgermeisterin Angelika Birk wurden die Angebote der Pflegestützpunkte, der „Grünen Damen und Herren“ im Brüderkrankenhaus, der Caritas, der Malteser und die Besuchsdienste der evangelischen und katholischen Kirche vorgestellt. Um die manchmal schwierigen Besuchseinsätze bei einsamen oder kranken Menschen bewältigen zu können, ist mittlerweile ein Coaching für die ehrenamtlichen Helfer Standard bei den Diensten. Klare Regelungen gibt es auch beim Versicherungsschutz, vor allem wenn die Helfer mit ihrem eigenen Auto im Einsatz sind. Nicht zuletzt weil durch den demografischen Wandel die Nachfrage ständig steigt, suchen alle Dienste weitere Helfer.

 
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