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14.07.2020

Ehrung oder Denkanstoß?

Straßenschild Hindenburgstraße
Für die Straße, die seit den 1920er Jahren nach Hindenburg benannt ist, wird ein neuer Name gesucht.
Paul von Hindenburg wird formell die Ehrenbürgerwürde der Stadt Trier aberkannt. Und auch die nach dem Generalfeldmarschall des Ersten Weltkrieges und späteren Reichspräsidenten be­nann­te Stra­ße wird umbenannt. Das hat der Trierer Stadtrat nach einer breiten und sachlichen Diskussion entschieden.

Breiter Konsens herrschte im Rat bei der Frage, ob die Stadt Trier Paul von Hindenburg posthum die Ehrenbürgerwürde aberkennen solle. Mit 47 Ja-Stimmen, drei Enthaltungen und einer Nein-Stimme folgte der Trierer Rat in seiner Sitzung am 9. Juli der entsprechenden Vorlage. Zwar erlischt die Ehrenbürgerwürde automatisch mit dem Tod des Geehrten – Hindenburg starb 1934 – dennoch wollte der Rat mit der formalen Aberkennung ein symbolisches Zeichen setzen. „90 Jahre danach ist spät aber nicht zu spät", plädierte Nicole Helbig (Die Grünen) für die Aberkennung. Helbig wies ebenso wie Jutta Albrecht (CDU) und Markus Nöhl (SPD) auf die maßgebliche Rolle des Reichspräsidenten Hindenburg beim Aufstieg der Nationalsozialisten in den dreißiger Jahren hin. Helbig: „Hindenburg hat die Demokratie in Deutschland beschädigt, ja sogar zerstört, er ebnete der Nazidiktatur den Weg, dieser Beitrag zur Geschichte Deutschlands verlangt nach einer Richtigstellung."

Nicht ganz so einhellig war das Stimmungsbild bei der Abstimmung um die Frage, ob auch die Hindenburgstraße umbenannt werden soll. Der Rat stimmte am Ende mit 29 Ja-Stimmen, 17 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen für die Umbenennung der Straße. Der Abstimmung war eine lange Diskussion über die Rolle von Straßennamen vorausgegangen. Straßennamen seien eine Ehrenbezeugung und Hindenburg habe eine solche Ehrung nicht verdient, plädierte Nicole Helbig für eine Umbenennung. Markus Nöhl erinnerte daran, dass die Hindenburgstraße vor 1917 Neumarktstraße geheißen habe. „Straßennamen sind nicht ewig, sie sind zeitabhängig, das heißt auch, dass wir sie ändern können", sprach sich Nöhl für eine Namensänderung der Straße aus, die nach dem „Steigbügelhalter der Nazis" benannt sei. Auch Matthias Koster (Linke) sprach sich für eine Umbenennung aus. „Ein Straßenname ist kein Denkanstoß, sondern eine Ehrung." Jutta Albrecht sprach sich gegen eine Änderung des Straßennamens aus. „Straßennamen sind Zeitzeugen der Geschichte", sie sollten auch als „Mahnung und Warnung" erhalten bleiben. Geschichte sei kein Selbstbedienungsladen zum aktuellen Gebrauch, zitierte sie den Historiker Götz Aly.

Michael Frisch (AfD) lehnte die Umbenennung ebenfalls ab und warnte vor einer „beispiellosen Bilderstürmerei". Es sei der falsche Weg, mit der Brille der Gegenwart in die Vergangenheit zu blicken. Ein Änderungsantrag der AfD fand keine Mehrheit. Joachim Gilles (FDP) sprach bei der Umbenenung von Straßen von einem Dilemma. „Wo fangen wir an und wo hören wir auf?" Der An­trag der FDP, vor der Um­be­nen­nung erst einmal ei­nen Kri­te­ri­en­ka­ta­log für die Benennung aller Stra­ßen zu erarbeiten, fand aber keine Mehr­heit. Für Christiane Probst (UBT) handelt es sich bei Straßennamen nicht um eine Ehre der Person, sondern um ein Zeugnis der Geschichte. Es gebe jedoch auch hier Grenzen, die zu definieren seien.

Während der Sitzung gab es bereits erste Vorschläge für einen neuen Namen: Matthias Koster (Linke) schug den ehemaligen Generalstaatsanwalt Fritz Bau­er vor, Nicole Helbig brachte entweder den Namen einer bekannten Frau oder eine der Partnerstäd­te Triers ins Spiel. Das wird allerdings zunächst im Ortsbeirat diskutiert. Anschließend folgen dann Beratungen und Beschlüsse im Dezernatsauschuss IV, dem Steuerungsausschuss und dem Stadtrat.

Ernst Mettlach