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10.09.2019

Diskretion und Tatkraft

Oberbürgermeister Wolfram Leibe präsentiert die Urkunde für Gerhard Thesen zur Versetzung in den Ruhestand.
Oberbürgermeister Wolfram Leibe präsentiert die Urkunde für Gerhard Thesen zur Versetzung in den Ruhestand.

Nach 47 Dienstjahren wurde Gerhard Thesen in den Ruhestand versetzt. In seinen 39 Jahren bei der Wirtschaftsförderung, davon achtzehn als Amtsleiter, war er maßgeblich an der Umsiedlung großer Unternehmen beteiligt. Seit April 2017 leitete er das Rechnungsprüfungsamt, wo es bei internen Ermittlungen auch schon mal heikel wird.

Dieses Amt muss kontrollieren, ob die Kolleginnen und Kollegen der anderen Ämter, des Stadtvorstands und der Fraktionen rechtmäßig handeln. Bei Vergehen ist sie zudem Ansprechpartner für Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei und ermittelt den Schaden für die Stadt. „Meistens geht es um kleinere Fehltritte", erklärt Gerhard Thesen, doch Ermittlungen in den eigenen Reihen seien immer knifflig: „Man hat mit Menschen zu tun, da geht es um Diskretion und Zurückhaltung." Der Fokus des Amts verändere sich aber. Früher habe es vor allem im Nachhinein auf Fehler hingewiesen. Jetzt setze es mehr darauf, mit Beratung und Unterstützung als Dienstleister im Haus zu helfen, bevor Fehler passieren. Fehleranfällig seien vor allem Grenzsituationen bei Vergaben und Förderprogrammen. Doch als Prüfinstanz dürfe sich das Amt nicht allzu sehr einmischen: „Die Arbeit verbleibt bei den Spezialisten in den Ämtern."

Die Aufgaben des Rechungsprüfungsamtes gestalten sich vielseitig. „Der Name leitet fehl", erklärt Thesen „denn hier werden nicht Rechnungen geprüft, sondern, ob die Verwaltung gesetzeskonform handelt." Wichtig ist unter anderem die Prüfung des Jahresabschlusses, also der Jahresrechnung aller Buchungen in der Stadtverwaltung mit einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Euro.

Erstmals verzeichnet die Stadt 2018 einen Überschuss, die Prüfung ergab sogar: einen größeren als zunächst gedacht. Statt „nur" 1,4 Millionen Euro verbuchte die Stadt ein Plus von 1,7 Millionen Euro. Daran hat auch die Karl-Marx-Statue ihren Anteil, weiß Thesen: Erst im Nachhinein sei sie mit einem Wert von 150.000 Euro in die Bücher aufgenommen worden, nachdem einem aufmerksamen Prüfer auffiel, dass sie dort fehlte. Die Summe setzt sich zusammen aus dem Wert der Statue, der beim Zoll angegeben wurde, dem Sockel und den Arbeiten.

Bei der Wirtschaftsförderung war Thesen maßgeblich an wichtigen Weichenstellungen der Stadtentwicklung beteiligt. Das Amt unterstützte viele große Unternehmen dabei, ihre Produktion aus der Innenstadt heraus in Randbereiche zu verlagern. Doch dafür mussten zunächst Gewerbegebiete geschaffen werden. Der Blick fiel Mitte der 1970er-Jahre auf den Militärflughafen in Euren. Der Wirtschaftsförderung gelang es, den Flugplatz vom Bund zu übernehmen und einen neuen in Föhren bauen zu lassen.

Das Eurener Gelände wandelte sie in das heute größte Trierer Industriegebiet um.„Als erster Betrieb zog Sekt Faber, jetzt Schloss Wachenheim, aus der Karthäuser Straße nach Euren", erinnert sich Thesen. Es folgte die Zigarettenfabrik Heintz van Landewyck, die ihren Sitz aus der Straße In der Olk verlegte. „Innerstädtisch hat das viel Entwicklungspotenzial geschaffen", so Thesen. Auf dem Gelände der Maschinenfabrik Laeis- Bucher, die 1992/93 im Hafen ein neues Werk baute, entstand das Alleencenter.

Noch vor der Gründung der EGP entwickelte die Wirtschaftsförderung ein Gelände auf dem Petrisberg. Nach dem Abzug des französischen Militärs baute sie 2000 bis 2002 das „Rote U" für die Telekom um, die aus Trier-Nord auf die Höhe umziehen wollte. „Von der Auftragsvergabe bis zur Vermietung waren wir für alles zuständig und haben das Gebäude inkürzester Zeit fertiggestellt", so Thesen.

Britta Bauchhenß