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14.02.2017

Die Vielfalt des Lebens verkannt

Theaterregisseurin Anna-Elisabeth Frick
Theaterregisseurin Anna-Elisabeth Frick bei der Probenarbeit im Großen Saal. Foto: Arteo Photography
Anna-Elisabeth Frick inszeniert den „Steppenwolf“, eine Koproduktion des Theaters Trier mit dem Luxemburger Theater. Die Regisseurin stellte sich den Fragen des Theaterblogs.

Was fasziniert Sie an diesem Stoff?

Frick: Ich glaube, dass der Roman von jeder Generation unterschiedlich gelesen wird. Selbst innerhalb eines Lebens bewertet man ihn in verschiedenen Abschnitten oft völlig unterschiedlich. Dieser Reichtum an Bedeutung interessiert mich. Besonders bemerkenswert finde ich auch, dass ein von einem damals fast 50-jährigen Mann geschriebener Roman bei Jugendlichen so starken Zuspruch findet.

Was ist der Grundkonflikt des Romans?

Harry Haller ist einem Irrtum aufgesessen. Er geht von einem Dualismus zwischen Gut und Böse aus, vertreten durch die bürgerlich-spießige Welt auf der einen und die triebhaft-„steppenwölfische“ auf der anderen Seite. Haller denkt, sich für eine der beiden entscheiden zu müssen und verkennt die Vielfalt des Lebens, zu der sein Schwarz-Weiß-Denken nicht passt. Er übersieht, dass alle möglichen Facetten einer menschlichen Seele auch in ihm stecken.

Was ist für Sie die Herausforderung dieser Inszenierung?

Zum Roman gibt es eine Theaterfassung, die bereits sehr viel vorgibt. Für mich stellte sich die Frage, welche Bilder man für die beschriebenen Räume und Erzählebenen noch finden kann. Wir versuchen zum Beispiel, mit verschiedenen Mitteln eine bürgerlich-spießige Welt zu kreieren. Bei der Sprache und Musik achten wir darauf, sehr atmosphärisch zu sein.

Die Drehbühne findet in Ihrer Inszenierung sehr viel Verwendung. Was hat es damit auf sich?

Mit der Drehbühne haben wir ein Bild gefunden, um das Unterbewusste Harry Hallers durch einen Vorhang ans Licht zu bringen.

Harry Haller wird von zwei Darstellern verkörpert…

Wir haben ihn bewusst doppelt besetzt. Seine rational-zivilisierte und seine triebhaft-wölfische Seite bringen wir jeweils durch einen Schauspieler und einen Tänzer auf die Bühne. Der Schauspieler äußert sich mehrheitlich über Sprache, während der Tänzer rein über die Körperlichkeit Ausdruck findet.

Wie viel Hermann Hesse steckt in Harry Haller?

Wenn man Hesses Biografie kennt, lassen sich Bezüge beim Lesen des Romans nicht vermeiden. In meiner Wahrnehmung gibt es viele Verknüpfungen. Hesse selbst hat gesagt, dass der Roman sehr nah an seiner persönlichen Biografie ist. Haller ist im selben Alter wie Hesse zur Entstehung des Romans. Auch das Einsiedlerleben Hallers ist ein biografisches Element Hesses. Diese Verknüpfung herzustellen, erachte ich als sehr wichtig.

Die Fragen stellte Dominik Huß

Die nächsten Aufführungen sind am 17., 19.30 Uhr, und am 19. Februar, 16 Uhr, sowie am 15. April, 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse, Telefon: 0651/718-1818.