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25.09.2018

Die halbe Welt im Rokokosaal

OB Wolfram Leibe überreicht Einbürgerungsurkunden an Zeen Radwan und ihren Sohn Fares Achi
OB Wolfram Leibe überreicht Einbürgerungsurkunden an Zeen Radwan (links) und ihren Sohn Fares Achi. Die Familie stammt aus Syrien.
39 Frauen, Männern und Kindern mit Wurzeln in vier verschiedenen Kontinenten hat OB Wolfram Leibe in feierlichem Rahmen ihre Einbürgerungsurkunde überreicht. In den letzten Monaten ist die Nachfrage nach dem deutschen Pass aus einem großen europäischen Herkunftsland besonders stark angestiegen.

Für Marina Philippi Rodrigues war die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht allzu schwierig: Die in Rio de Janeiro geborene Brasilianerin kam mit 16 Jahren zusammen mit ihrer Mutter nach Hamburg. Jetzt ist sie 24 und hat nach acht Jahren Aufenthalt in Deutschland einen automatischen Anspruch auf die Einbürgerung. Sie sieht vor allem die praktischen Vorteile: „Ich möchte weiter hier leben und da macht die deutsche Staatsangehörigkeit natürlich vieles leichter." Auch der Nachweis der Sprachkenntnisse – gefordert ist mindestens das Niveau B1 – war für die Studentin im Fach International Business an der Hochschule Trier kein Problem. Und sogar auf deutsche Vorfahren kann Marina Philippi verweisen, auch wenn das im aktuellen Verfahren keine Rolle gespielt hat: „Erst nach meinem Umzug nach Trier haben wir herausgefunden, dass mein Ururgroßvater aus einem Ort hier in der Gegend nach Brasilien ausgewandert ist."

Bei der Feierstunde im Rokokosaal des Kurfürstlichen Palais, die von Schülerinnen des Friedrich-Wilhelm-, Humboldt- und Angela-Merici-Gymnasiums musikalisch begleitet wurde, zeigte sich Oberbürgermeister Leibe beeindruckt von der Vielfalt der Herkunftsstaaten der Neubürgerinnen und -bürger, die unter anderem aus Venezuela, dem Iran, Usbekistan und Kanada stammen: „Die halbe Welt trifft sich hier. Deutschland ist unstreitig ein Einwanderungsland und das können wir auch durch Mauern oder Zäune, wie es ja jetzt wieder vorgeschlagen wird, nicht mehr zurückdrehen." Das Konzept einer Staatsbürgerschaft nach rein ethnischen Kriterien funktioniere nicht. Entscheidend sei, sich auf einige Grundregeln einer Gesellschaft zu verständigen. „Üben Sie Ihr Wahlrecht aus, engagieren Sie sich in einem Verein, denn dort findet das Zusammenleben statt", forderte Leibe auf. Vor der Entgegennahme ihrer Urkunden legten die Einbürgerungskandidaten gemeinsam ein feierliches Bekenntnis zum Grundgesetz ab.

Allein acht der frisch eingebürgerten Trierer stammen aus Großbritannien. Sie stellten damit diesmal das größte Kontingent bei der Einbürgerungsfeier. Natürlich besteht hier ein Zusammenhang mit dem Brexit, dem bevorstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Christine Faber vom städtischen Amt für Ausländerangelegenheiten bestätigt: „Es gibt in den letzten Monaten ein stark steigendes Interesse von britischen Staatsangehörigen an einer Einbürgerung." Ihre Behörde hat die seit längerer Zeit in Trier lebenden Briten sogar angeschrieben und auf die Möglichkeit der Einbürgerung hingewiesen, damit sie ihre Rechte als EU-Bürger nicht verlieren.