Ein berühmtes Antikriegsstück, das derzeit aktueller denn je ist, präsentiert das Trierer Theater am Samstag, 18. Januar, als erste große Premiere des neuen Jahres: „Mutter Courage und ihre Kinder“. Mit seinem im schwedischen Exil 1938/39 verfassten Drama zeigt Bertolt Brecht die Hoffnungs- und Sinnlosigkeit menschlicher Tugenden im Angesicht der Grausamkeiten.
In der entmenschlichten Welt eines im 30-jährigen Krieg zerstörten Europas erfährt die „Courage“, die als Händlerin vom Krieg lebt, dass dieser im Endeffekt keine Gewinner kennt. Schon lange und ohne Aussicht auf Frieden herrschte im 17. Jahrhundert Krieg in ganz Europa. Die „Marketenderin“ Mutter Courage findet ihr Auskommen darin, mal mit der einen, mal mit der anderen Kriegspartei zu ziehen und sie mit allem Nötigen zu versorgen. Mit dabei sind ihre drei Kinder. Und weil diese – anders als ihre Mutter – nicht den Profit, sondern moralische Ansprüche in den Vordergrund rücken, fallen sie dem Krieg schließlich zum Opfer. Eilif und Schweizerkaas, die Söhne der „Courage“, geraten in die Fänge des Militärs und so zwischen unerbittliche, sinnlose Fronten. Auch ihre stumme Tochter Katrin bezahlt diesen Krieg mit dem Leben, als sie trotz ihres Handicaps Mittel findet, sich Gehör zu verschaffen.
So bringt der Krieg, der ihre Einkommensquelle ist, Mutter Courage nichts als Verluste, da die großen Geschäfte nicht die kleinen Leute machen. Das Stück mit Musik von Paul Dessau war damals von Brecht auch als Warnung an alle gedacht, die hofften, sich durch geschicktes Handeln im Zweiten Weltkrieg durchschlagen zu können. Gleichzeitig richtet es sich an die skandinavischen Länder, in denen Unternehmen darauf hofften, am Zweiten Weltkrieg verdienen zu können. Brechts Absichten gingen aber darüber hinaus: Er wollte Abscheu vor dem Krieg vermitteln.
„Mutter Courage“ steht außerdem beispielhaft für Brechts Konzept des epischen Theaters: Die Zuschauer sollen kritisch und distanziert die Ereignisse auf der Bühne analysieren, nicht gefühlvoll das Schicksal eines positiven Helden oder einer Heldin miterleben. Die Aufführung in dem von ihm gegründeten Berliner Ensemble in der damaligen DDR machte Brecht durch das „Couragemodell“, einer Sammlung von Fotos, Regieanweisungen sowie Kommentaren, zur zeitweise verpflichtenden Vorlage für zahlreiche Aufführungen auf der ganzen Welt.
„Mutter Courage“ wurde nicht zuletzt auch berühmt durch die Hauptdarstellerinnen der ersten großen Inszenierungen: 1941 wurde das Stück am Schauspielhaus Zürich mit der bekannten Schauspielerin Therese Giehse in der Hauptrolle uraufgeführt Sie stammte aus München, lebte aber mittlerweile im Exil. Da die Kritiker vor allem das Mütterliche der Hauptfigur herausstellen, das Therese Giehse sehr eindrucksvoll verkörperte, arbeitete Bertolt Brecht seinen Text nochmals um, weil dieser Effekt sein Konzept des epischen Theaters hätte gefährden können. Ein Antikriegsstück sollte es sein, bei dem das Publikum nicht mit der Heldin mitfiebert, sich nicht mit ihrem Schicksal identifiziert. Zweite große „Courage“-Darstellerin war Brechts Ehefrau Helene Weigel, die bei der Premiere der überarbeiteten Fassung am 11. Januar 1949 in Berlin auf der Bühne stand. Ihre Darstellung wurde stilprägend für die künftigen Inszenierungen an Brechts Berliner Ensemble. Nach seinem Tod 1956 war Weigel bis 1971 dort auch Intendantin. In der Trierer „Mutter Courage“-Inszenierung von Christine Gegenbauer übernimmt Stephanie Theiß (Interview unten) die Titelrolle.
Nach der Premiere am 18. Januar, 19.30 Uhr, im Großen Haus sind sechs weitere Aufführungen geplant. Karten an der Theaterkasse am Augustinerhof, Telefon: 0651/ 718-1818, E-Mail: theaterkasse@trier.de.