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17.12.2013

Defizite ohne Stress ausgleichen

Foto: Stefan Zwar-Schlegel (Treffpunkt am Weidengraben) sowie Amelie Cremer, Ruth Strauß und Natalie Smilek (Modellprojekt APAG, v l.) präsentieren Schulungsmaterialien für das Lerncafé.
Stefan Zwar-Schlegel (Treffpunkt am Weidengraben) sowie Amelie Cremer, Ruth Strauß und Natalie Smilek (Modellprojekt APAG, v l.) präsentieren Schulungsmaterialien für das Lerncafé.
Rund 10.000 Trierer haben Defizite beim Lesen und Schreiben oder sind Analphabeten. Dennoch gehen viele von ihnen unter großen Anstrengungen einer Berufstätigkeit nach. Vor diesem Hintergrund entstand das Lokale Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung. Ein weiterer Schritt, um Betroffene vor Ort zu erreichen, sind Lerncafés. Die ersten Erfahrungen im Treffpunkt am Weidengraben sind positiv.

Neben dem Lerncafé in Neu-Kürenz haben ähnliche Einrichtungen im Bürgerhaus Trier-Nord sowie im KommCafé in Trier-West ihre Arbeit aufgenommen. Eine weitere ist im Bürgerhaus Ehrang geplant. Träger ist das vom Bund finanzierte Modellprojekt „Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierierung und Grundbildung Erwachsener“ (APAG) im städtischen Bildungs- und Medienzentrum. In der dort ansässigen VHS mit ihren zahlreichen Alphabetisierungs- und Deutschkursen stellt man seit längerem fest, dass viele Betroffene aus Unwissenheit oder Scham über ihre Defizite nicht den Weg zu den Schulungen finden oder aus familiären Gründen keine Zeit haben.

Diese Lücke sollen die Lerncafés schließen. In einer Einrichtung in der Nachbarschaft, die viele von anderen Veranstaltungen kennen, können sich Interessenten von einem ehrenamtlichen Lernpaten in lockerer Atmos-

phäre individuell beraten und zum Beispiel bei einem Bewerbungsschreiben helfen lassen. „Keiner wird unter Druck gesetzt oder muss sich beweisen“, berichtet ein Lernpate. Zudem sind in den Lerncafés neben den festen Zeiten auch individuelle Termine möglich. So zeigt sich eine seit 20 Jahren in Trier lebende Algerierin erfreut, dass sie zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse vormittags vorbeikommen kann, wenn ihre Kinder betreut sind. Im Gespräch mit Bürgermeisterin Angelika Birk und VHS-Chef Rudolf Hahn schilderte sie mit ihrem Lernpaten die ersten positiven Eindrücke des nach den Sommerferien gestarteten Lerncafés. 

Nach Einschätzung einer Lernpatin stärkt das Angebot das Selbstbewusstsein der Menschen mit Lese- und Schreibschwäche: „Niemand muss befürchten, als Depp dazustehen. Wir holen jeden einzelnen dort ab, wo er gerade steht.“ „Ich war beim Start des Lerncafés etwas skeptisch, musste mich dann aber erfreulicherweise schnell eines Besseren belehren lassen“, gestand Stefan Zwar-Schlegel, Leiter des Treffpunkts. Hahn hofft, dass viele Teilnehmer nach dem Café den nächsten Schritt wagen und sich für einen VHS-Kurs anmelden. Eine weitere Ergänzung sind die arbeitsplatzorientierten APAG-Angebote. Außerdem wird bis März die Bibliothek Palais Walderdorff teilweise in ein flexibles Lernzentrum umgewandelt. Weitere Infos: http://grundbildung.trier.de/Projekt-APAG.