Einsetzender Niederschlag mit tagelangen Regenfällen im gesamten Einzugsgebiet der Mosel stromauf ab Trier, starkes Anschwellen der Nebenflüsse sowie die Schneeschmelze in den Vogesen durch Regen sorgen ab Mitte Dezember 1993 für eine erhöhte Hochwassergefahr an der Mosel.
20. Dezember, 16 Uhr, der Pegelstand liegt bei 8,27 Meter – Tendenz steigend. Der einberufene Krisenstab rechnet mindestens mit einem Anstieg wie beim Januar-Hochwasser. Damals wurden 9,35 Meter gemessen. Über Nacht jedoch spitzt sich die Lage zu einer Katastrophe zu. Die Verantwortlichen um Oberbürgermeister Helmut Schröer und Feuerwehr-Chef Herbert Albers-Hain (Interview rechts) rufen den Katastrophenalarm aus. Innerhalb von 24 Stunden steigt die Mosel um mehr als zweieinhalb Meter. Am 21. Dezember, 21 Uhr, erreicht der Pegel 11,28 Meter. Der Höchststand seit mehr als 200 Jahren. Ende Februar 1784 wurden – umgerechnet auf das heutige Pegelniveau – 11,49 Meter verzeichnet.
Mehrere Hundert Einsatzkräfte arbeiten rund um die Uhr. Sie informieren die Bevölkerung, teilen sich in Einsatz- und Schwerpunktgebiete auf. Sandsäcke und Pumpen sind nun die wichtigsten Hilfsmittel gegen die Fluten.
Kein Strom, keine Heizung
Keller laufen voll, Öltanks platzen, Wohnviertel müssen evakuiert werden und mancherorts gibt es kein Wasser und keinen Strom: Besonders stark betroffen sind Ruwer und die Stadtteile links der Mosel ab Trier-West abwärts. Im Martinerfeld steht das Wasser bis ins Erdgeschoss und durch Stromausfall sind die Menschen im Dezember ohne Heizung. Personen, die ihre Häuser nicht verlassen möchten, werden über Boote mit Nahrung und heißen Getränken versorgt. In der Innenstadt kommt es zu Überflutungen, weil die Kanäle das Wasser nicht mehr aufnehmen können. Aachener-, Kölner- und Bonner Straße sowie Teile der Autobahn 602 werden überschwemmt. Die Folge: Verkehrschaos. Schulen bleiben geschlossen, vorsorglich wird in einigen Stadtteilen der Strom abgeschaltet.
In Pfalzel stehen den Menschen bange Stunden bevor. Die Schutzmauer ist nur auf elf Meter ausgelegt, prognostiziert sind jedoch 11,25 Meter. Durch zusätzliche Sandsäcke ist der Wall schließlich hoch genug und hält stand – um wenige Zentimeter. Ein kleinerer Damm daneben gibt jedoch nach und sorgt für Überschwemmungen.
An Heiligabend, 14 Uhr, wird der Katastrophenalarm aufgehoben. Die Situation beruhigt sich langsam, erste Aufräumarbeiten auf den Straßen und in den Häusern beginnen. Besondere Probleme haben die Einsatzkräfte aber noch mit umgekippten Heizöltanks. Mit schnellem Abpumpen versuchen sie, Schlimmeres zu verhindern. Am ersten Weihnachtstag fällt schließlich der Pegel unter die kritische Marke von neun Metern. Einen Tag später setzt flächendeckend Frost ein, der für zusätzliche Entspannung sorgt. pli