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02.10.2018

Das Loch soll endlich kleiner werden

OB Wolfram Leibe stellt Haushaltsplan vor: Kein Grund zum Jubeln, aber auch kein Grund zum Verzweifeln

Zeichnung: Johannes Kolz
Zeichnung: Johannes Kolz

Die Stadt Trier plant ihre Zukunft: Oberbürgermeister Wolfram Leibe hat in der Stadtratssitzung am Mittwoch den Haushaltsplan für die Jahre 2019 und 2020 vorgestellt. Darin enthalten sind viele Investitionen, die das Leben verbessern sollen. Um das zu finanzieren, ist aus Sicht des OBs die Erhöhung zweier Steuern nötig.

Seit vielen Monaten arbeiten die Dezernate und Ämter der Stadtverwaltung an der Haushaltplanung für die nächsten beiden Jahre. Die Rathaus Zeitung erklärt die Hintergründe:

Wozu ein Haushalt nötig ist: Eine Haushaltsatzung ist ein großer Überblick über die erwarteten Einnahmen und Ausgaben der Stadt. Eine Satzung ist eine Art Ortsgesetz und hat damit verbindlichen Charakter. Vergleichbar ist der städtische Haushaltsplan mit einem privaten Haushaltsbuch, in dem man sich vorab darüber Gedanken macht, wie viel Geld man im nächsten Jahr für welche Zwecke ausgeben muss oder will und wie viel Geld man einnimmt. Im Gegensatz zu einem privaten Haushaltsbuch hat die Satzung der Stadt Trier aber über 500 Seiten. Alle Ämter der Stadt haben seit Februar daran gearbeitet, ihre Planungen für 2019 und 2020 vorzulegen.

So ist die finanzielle Lage: Die Stadt Trier kann seit vielen Jahren ihren Haushalt nicht ausgleichen. Das heißt: Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen. 2019 wird das Defizit voraussichtlich bei rund 28 Millionen Euro liegen, 2020 bei 29 Millionen. Die Gesamtverschuldung der Stadt liegt derzeit bei 715 Millionen Euro – und sie wird in den nächsten Jahren noch weiter steigen. Für Oberbürgermeister Wolfram Leibe ist das dennoch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Denn über die Jahre hinweg sieht er eine positive Entwicklung: Zu Anfang des Jahrzehnts war das Defizit, also das Haushaltsloch, noch fast doppelt so hoch.

Darum gibt es ein Haushaltsloch: Die Gründe für die Trierer Finanznot sind vielfältig. Auf der Einnahmeseite zeigt sich vor allem, dass Trier die großen Industrie- und Gewerbebetriebe fehlen. Vergleichbare Großstädte in Rheinland-Pfalz haben wesentlich höhere Gewerbesteuereinnahmen, profitieren also davon, dass die Wirtschaft seit Jahren brummt. Während andernorts die Gewerbesteuereinnahmen stark angestiegen sind, liegen sie in Trier seit Jahren kontinuierlich bei rund 60 Millionen Euro.

Auf der Ausgabenseite machen vor allem die Sozialausgaben der Stadt zu schaffen. Das sind nicht nur Ausgaben wie die Grundsicherung für Arbeitslose, sondern auch die für Kinder- und Jugendhilfe, die Sozialhilfe, die Grundsicherung im Alter, die Eingliederungshilfen für Behinderte, Zuschüsse zur Pflege und nicht zuletzt die Kosten für Kindertagesstätten. Bei der Versorgung mit Kita-Plätzen liegt Trier landesweit im vorderen Bereich, hat gerade erst die Kita im Freschfeld neu gebaut und Personal eingestellt. Im Sozialbereich erhält die Stadt zwar heute schon finanzielle Unterstützung von Bund und Land, trotzdem bleibt sie 2018 auf rund 72 Millionen Euro Kosten sitzen, die Trier alleine stemmen muss.

Wie das Defizit kleiner werden soll: Für den Oberbürgermeister ist es keine Frage, dass Trier weiterhin hohe Standards bei der Versorgung mit Kita-Plätzen und der guten Ausstattung der Kitas beibehalten soll – damit die Stadt attraktiv für Familien bleibt. Leibe fordert aber, dass der Stadtrat die Einnahmen erhöhen muss, um diese Standards auch zu halten. Bund und Land unterstützen die Stadt, haben in jüngster Zeit sogar die Hilfen erhöht, daher sagt Leibe: „Wir müssen selbst etwas beitragen. Wir müssen weg vom Tropf kommen." Sein Ziel ist und bleibt, den Eckwertebeschluss umzusetzen, den der Stadtrat gefasst hat: Das Haushaltsloch soll bis 2022 verschwinden.

Für 2019 schlägt der OB daher zwei moderate Steuererhöhungen vor: Der Hebesatz der Grundsteuer B soll von 450 Prozent um 30 Punkte auf 480 Prozent steigen. Die Grundsteuer B zahlen sowohl Hausbesitzer wie auch Mieter, da sie auf die Nebenkosten umgelegt werden kann. Für eine 70 Quadratmeter-Wohnung würde das nur eine Mehrbelastung von rund 9 Euro bedeuten – pro Jahr, haben die Haushälter der Stadt ausgerechnet. Bringen würde es der Stadt allein 2019 Mehreinnahmen von 1,2 Millionen Euro. Auch bei der Gewerbesteuer sieht Leibe die Notwendigkeit, den Hebesatz zu erhöhen, um 10 Prozentpunkte auf 430 Prozent. Damit liegt die Stadt immer noch unter dem Durchschnitt vergleichbarer Großstädte. Dem Haushalt könnte es rund 1,4 Millionen Mehr-Einnahmen 2019 bringen. Auch hier sieht Leibe die Erhöhung als moderat an und rechnet vor: Ein Betrieb, der heute rund 1600 Euro Gewerbesteuer zahlt, würde dann 27 Euro mehr zahlen – pro Jahr.

Die guten Nachrichten: Das Haushaltsloch hindert die Stadt nicht daran, investieren zu können. „Wir gestalten die Zukunft", sagt OB Leibe. 5,2 Millionen Euro fließen beispielsweise in die konkrete Planung der Theatersanierung, 7,3 Millionen Euro in die Planung einer neuen Feuerwache am Standort des alten Polizeipräsidiums. Zahlreiche Straßen- und Gebäudesanierungen stehen fürs Baudezernat auf der To-Do-Liste (siehe Kasten oben) – das Leibe nun auch personell gut aufgestellt sieht. 70 Vollzeitstellen seien im Baubereich geschaffen oder von befristet in unbefristet umgewandelt worden, sagt der OB. Alle wichtigen Flächen in Trier, die auf dem Markt seien, habe die Stadt gekauft oder werde sie kaufen, wie das Burgunderviertel, die Jägerkaserne oder die General- von-Seidel-Kaserne (GvS). Letztere wird als Gewerbegebiet entwickelt – um auch damit wieder die Einnahmen zu stärken.

So geht es weiter: Der OB hat den Haushaltsentwurf vorgestellt. Jetzt ist der Stadtrat dran, der beraten und darüber streiten muss, welche Änderungen er gerne hätte. Der Haushaltsbeschluss, also das Bugetrecht, ist das wichtigste Recht der gewählten Vertreter der Bürgerinnen und Bürger. Die Fraktionen beraten nun intern, aber auch gemeinsam in den Fachausschüssen. Der Haushaltbeschluss fällt in der Stadtratssitzung am 18. Dezember.

Das tut sich in Trier

Der Vorschlag von OB Leibe und der Verwaltung sieht für 2019/2020 zahlreiche Projekte vor, die zum Teil laufen, zum Teil erst beginnen. Genannt sind hier einige große Beispiele. Entscheiden muss nun der Stadtrat.

  • Straßen und Infrastruktur: Neue Verbindungsstraße Trier-West (1,7 Mio.), Umbau Römerbrückenkopf (3,7 Mio.), neue Stadtteilmitte West (2,4 Mio.), Jägerkaserne (7 Mio.), Luxemburger Straße (850.000), Hornstraße (450.000), Sanierungsgebiet Ehrang (2,3 Mio.), Straßenausbau Mariahof (1,6 Mio.), ÖPNV-Beschleunigung (650.000), Radweg Ruwer (760.000), Nikolaus-Koch-Platz (900.000), Ausbau Turm-/Lindscheid-/Meierstraße (550.000), Zum Pfahlweiher (1,3 Mio.), Loebstraße 3. Abschnitt (860.000), Am Grüneberg (2,3 Mio.), Benediktinerstraße (8,7 Mio.), Eltzstraße (1,2 Mio.), Eisenbahnstraße (980.000), Zurmaiener Straße (530.000), Moselufer (550.000), Olewiger Bach (790.000), Parks/Gärten (390.000), Friedhöfe (1,2 Mio.).
  • Wohnen: Sanierungen Auf Mariahof (3,1 Mio.), Gneisenaubering (6,3 Mio.), Eurener Straße (1,5 Mio.), Neubau BU 14 (780.000).
  • Kinder/Jugend/Sport: Kinderspielplätze (600.000), Neubau Kita Feyen (3 Mio.), Neubau Kita Pfalzel (4,3 Mio.), Erweiterung Grundschule Feyen (2,1 Mio), Exhaus-Sanierung (740.000), Neubau Turnhalle Matthias-Grundschule (2,5 Mio.), Neubau Mäusheckerweghalle (8,4 Mio.), Neubau Sporthalle Feyen (5 Mio.), Neubau Sporthalle West (4,7 Mio.), Sanierung Egbert-Schule (1,5 Mio.), Sanierung Fachklassen AVG (6,5 Mio.), MPG (580.000), Sanierung der IGS (4,3 Mio.), Investitionen Berufsbildende Schulen (761.000).
  • Kultur: Theatersanierung (5,2 Mio.), Sanierung Tufa (2 Mio.), Sanierung Europäische Kunstakademie (709.000).
  • Verwaltung: Umgestaltung KfZ-Zulassung und Parkplatz (960.000), Feuerwehr (7,3 Mio. für neue Feuerwache, 700.000 Euro Rettungswagen).