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10.12.2013

Ausländer in beiden Staaten?

Derzeit pendeln fast 29.000 Menschen aus der Region Trier zum Arbeiten nach Luxemburg. Der Zuwachs im Vergleich mit 2012 betrug 4,3 Prozent. Die enorme wirtschaftliche Bedeutung der Jobs im Großherzogtum ist ebenso hinlänglich bekannt wie die wichtige Rolle der in der Region Trier lebenden Luxemburger für den Wohnungs- und Immobilienmarkt. Kaum diskutiert wird dagegen bislang über die Frage, wie es mit der politischen Partizipation der Pendler im Heimat- und im Arbeitsort aussieht und ob sie quasi Ausländer in beiden Staaten sind. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund luden das Städtenetz QuattroPole und der Beirat für Migration und Integration zu der Tagung „Über Grenzen hinweg: Teilnehmen und Teilhaben“ in die Rechtsakademie ein.

Nach der Begrüßung durch Beiratsvorsitzende Dr. Maria Duran Kremer, die auch den verhinderten OB Klaus Jensen vertrat, schilderten fünf Pendler aus der Großregion ihre Erfahrungen. Der tägliche Stau spielte dabei ebenso eine Rolle, wie die erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weil viele abends nicht vor 20 Uhr nach Hause kommen. Dann ist ein Engagement für einen Verein, eine Partei oder den Stadt- oder Gemeinderat kaum noch möglich, ohne die Familie zu vernachlässigen.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen diskutierten die Teilnehmer über strukturelle Unterschiede zwischen den Ländern. So können in Deutschland Berufstätige einen Freistellungsantrag bei ihrem Arbeitgeber stellen, wenn sie etwa in einen Gemeinderat einziehen. In Luxemburg sind die Pendler dagegen von der freiwilligen Unterstützung ihrer Arbeitgeber abhängig. Das gilt auch für ehrenamtliches Engagement am Feierabend. Vor allem viele Banken haben mittlerweile den positiven Imagewert von ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern für ihr Unternehmen erkannt. Das berichtete ein in Belgien lebender und in Luxemburg arbeitender Unternehmensberater. Er setzt sich zum Beispiel für die bessere Busanbindung eines großen Gewerbegebiets ein. Bei der Gleichstellung der Grenzgänger sei schon einiges erreicht. Nachholbedarf sieht er noch bei der Integration der Einpendler in die luxemburgische Gesellschaft. Viele würden dort nur ihr Büro kennen und kaum am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im Großherzogtum teilhaben.

Defizite benannte auch der Trierer Jurist Professor Gerhard Robbers in seinem Vortrag: „Die EU hat bei weitem noch nicht die gleiche Kraft zur Angleichung der Lebensverhältnisse wie die nationalstaatliche Rechtsprechung. Immerhin gibt es kräftige Maßnahmen, die gute Aussichten vermitteln.“ In Luxemburg ist die „Chambre des Salaries“ mit rund 60 gewählten Mitgliedern die wichtigste politische Arbeitnehmerkammer. Von den 436.000 Wählern sind 160.000 Pendler, davon 40.000 Deutsche. Das sei ein wichtiger Ansatzpunkt für eine verstärkte Teilhabe.

Nach Aussage des Metzer Soziologen Jean-Jacques Pierre ist der typische Pendler zwischen 35 und 44 Jahre alt, männlich, gut ausgebildet. Solche Arbeitsstellen seien weniger von Teilzeit und Befristung betroffen als Jobs der Einheimischen.