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03.07.2012

Aus dem Stadtrat

Sitzung des Stadtrats im Großen Rathaussaal.
Sitzung des Stadtrats im Großen Rathaussaal.
Vier Stunden dauerte die letzte, von Oberbürgermeister Klaus Jensen geleitete Stadtratssitzung vor Beginn der Sommerpause. Die Abwicklung der gut 40 Tagesordnungspunkte stand unter dem zeitlichen Druck, rechtzeitig vor Beginnt des EM-Halbfinalspiels Deutschland gegen Italien fertig zu sein. Die Bürgervertreter waren bereits eine Stunde früher als üblich im Großen Ratssaal am Augustinerhof zusammengekommen. Zu Beginn der Sitzung demonstrierten zahlreiche Kinder und Jugendliche mit Plakaten und Trillerpfeifen lautstark gegen geplante Kürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Unter anderem wurden folgende Themen diskutiert und entschieden:

Prioritätenliste
Mit großer Mehrheit (zwei Linken-Gegenstimmen) hat der Rat die Verwaltung beauftragt, für die auf einen früheren Beschluss zurück gehende, erstmals erstellte Prioritätenliste über zukünftige Investitionsprojekte und größere Sanierungsmaßnahmen weitere Planungsschritte einzuleiten. Dabei sollen auch Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Kostenberechnung, Folgekosten sowie des Investitionszeitplans berücksichtigt werden. Mit der Festlegung von Prioritäten bei Investitionsprojekten und großen Sanierungsmaßnahmen soll der Rat für die anstehenden und zukünftigen Haushaltsberatungen in die Lage versetzt werden, frühzeitig strategische und politische Ziele vorzugeben. Die Fraktionen können für die jetzt vorgelegte Rahmenvorgabe ihrerseits noch bis Anfang September Vorschläge unterbreiten. Über die endgültige Investitionsliste wird schließlich beim Haushaltsabschluss vom Rat entschieden.

Neubau Jobcenter
Der städtische Anteil an den Umbaukosten des künftigen Jobcenters in einer der früheren Gneisenaukasernen steigt um knapp 338 000 auf 3,2 Millionen Euro. Der Stadtrat bewilligte einstimmig die zusätzlichen Gelder, die durch einen Kredit finanziert werden. Die Gesamtkosten  liegen nun bei knapp 5,1 Millionen Euro. Hauptgründe der Kostensteigerungen sind der unerwartet schlechte Zustand der alten Bausubstanz im Trierer Westen und zunächst zu niedrig bemessene Kosten der Schadstoffsanierung. Der Einzug ins neue Jobcenter sowie das Nebengebäude für Sitzungen ist für Herbst geplant.

Alte Grundschule Tarforst
Die Herrichtung der früheren Tarforster Grundschule im Alten Garten zu einer Kindertagesstätte mit künftig 70 Plätzen verteuert sich um rund 683.000 auf knapp 2,75 Millionen Euro. Der Stadtrat stellte die zusätzlichen Gelder einstimmig zur Verfügung. Hauptgründe für die erheblichen Zusatzkosten sind unter anderem  eine Schimmelpilzsanierung, gesundheitsschädliche Materialien im Dach, den Fenstern und auf der Außenfläche, die abgebrochen und entsorgt werden mussten, eine nachträglich geforderte Verbesserung des Baugrunds sowie  schadhafte Grundleitungen, die komplett erneuert werden.
Außerdem hatte sich der Baustart verzögert, weil die alte Grundschule als Ausweichquartier für die Kita Trimmelter Hof benötigt wurde, in der ebenfalls ein Schimmelschaden zu beheben war. Das führte zu weiteren Kostensteigerungen.


Barrierefreiheit
Die Stadt unterstütze die Umsetzung des Inklusionsgedankens. Das Thema würde deshalb auch im Schulentwicklungsplan be-rücksichtigt. Das sagte Sozialdezernentin Angelika Birk im Rahmen der Einwohnerfragestunde auf Anfrage des Vereins „Eine Schule für alle“. Ziel der Stadt sei, alle Schulen barrierefrei zu erschließen. Zurzeit werden beispielsweise an der Grundschule Ambrosius, im AVG und in der IGS Aufzüge eingebaut.

Mobile Tribüne
Für rund 126 000 Euro kauft das Rathaus eine mobile Zuschauertribüne, die vor allem für sportliche Großveranstaltungen genutzt werden kann. Gegen die Vorlage sprach sich im Stadtrat die FWG-Fraktion aus, die Linken enthielten sich. Das Vorgängermodell der neuen Tribüne war in der Nacht zum 21. März 2011 bei einem Brand in einem Lager im Ehranger Schulzentrum Mäusheckerweg zerstört worden. Die Versicherung hat daraufhin 121 000 Euro erstattet, sodass die Stadt nur noch den Rest über einen Zeitraum von 15 Jahren finanzieren muss.
Die Tribüne bietet eine Maximalkapazität von 521 Plätzen und kann bei größeren Sportveranstaltungen im Moselstadion, aber auch beim ADAC-Rallye-WM-Lauf und dem Trierer Rosenmontagszug eingesetzt werden. Dadurch spart die Stadt Geld: Bei der Rallye müsste das Wirtschaftsdezernat 2012 bis 2015 für 20 000 Euro eine Zusatztribüne mieten. Durch den Kauf ergibt sich zudem die Option, die Anlage an andere Veranstalter zu vermieten. Diese Einnahmen könnten die Ausgaben für Instandsetzung und Wartung der Tribüne nach dem jeweiligen Einsatz abdecken.

Petrisbergaufstieg
Die Planungen für den Petrisbergaufstieg – die seit Jahrzehnten diskutierte direkte ÖPNV-Anbindung der Höhenstadtteile – werden bis auf weiteres eingestellt. Mit diesem Beschluss hat sich der Stadtrat der Empfehlung des Stadtvorstands angeschlossen, der aufgrund einer neuen Potenzialstudie keine Chance für eine Finanzierung des mit Investitionskosten von 60 bis 80 Millionen Euro bezifferten Projekts mehr sieht (die RaZ berichtete).
Statt dessen soll im Rahmen des Mobilitätskonzepts 2025 ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der bestehenden ÖPNV-Verbindung durch das Aveler Tal vorgelegt werden. Dazu zählen eine Expressbuslinie und der Moselbahndurchbruch als Abkürzung der Fahrstrecke. Für diese verkehrspolitisch in vielerlei Hinsicht sinnvolle Maßnahme seien im Doppelhaushalt 2013/14 Mittel eingeplant, erklärte Beigeordnete Simone Kaes-Torchiani.
Mit dem einstimmigen Ratsbeschluss werden die Planungen für eine eigenständige Bustrasse vorerst nicht weiter verfolgt. Die FWG-Fraktion konnte sich mit ihrem Antrag, das auf Wunsch der SPD eingefügte Wort „vorerst“ wieder aus dem Beschlusstext zu streichen, nicht durchsetzen.
Thomas Albrecht (CDU): „Wir begrüßen die neue Studie. Es stimmt aber bedenklich, dass die Prognosen der verschiedenen Gutachten zum Petrisbergaufstieg sich im Lauf der Zeit radikal verändert haben. Das wirft die Frage auf, inwieweit solche Studien verlässlich sind. Wir werden uns jetzt mit Nachdruck für den Moselbahndurchbruch einsetzen, der zügig umgesetzt werden soll.“
Rainer Lehnart (SPD): „Die aktuelle Fahrgastprognose für die eigenständige Bustrasse weicht nach unten ab, weil in früheren Untersuchungen ein Pro-
ÖPNV-Szenario angenommen wurde. Der Petrisbergaufstieg bleibt bei geänderten Rahmenbedingungen eine Option. Der geplante Expressbus vom Bahnhof zur Uni ist keine echte Alternative, weil er den vorderen Petrisberg nicht erschließt.”
Anja Reinermann-Matatko (B’90/Grüne): „Angesichts der unterschiedlichen Prognosen bleibt der Petrisberg-aufstieg wohl doch eine Glaubensfrage. Klar ist, dass die Regionalbahnhaltepunkte ein wesentliches Element sind, um die ÖPNV-Nutzung in Trier zu erhöhen. Wenn wir ein solches Angebot schaffen, ergibt sich die Nachfrage auch für den Aufstieg. Diese Chance wurde verpasst.“
Christiane Probst (FWG): „Die FWG sieht sich in ihrer kritischen Haltung bestätigt. Durch die langjährigen Planungen wurden Steuergelder für ein unrealistisches Projekt in den Sand gesetzt. Wir sollten jetzt nicht wieder falsche Hoffnungen wecken. Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket sollte schnellstmöglich umgesetzt werden.“
Felix Brand (FDP): „Wir sind froh, dass es jetzt vorbei ist. Der Petrisbergaufstieg war Science Fiction. Das Geld wäre viel besser in den dringend nötigen Mosel-aufstieg investiert worden.

Bustrasse Schammatdorf
Mit der Aufstellung und Offenlegung des Bebauungsplans „Schammatwiese“ (BS 30Ä), die der Stadtrat einstimmig beschlossen hat, wird die neue Bustrasse durch die Saarburger und Konzer Straße vorbereitet. Bisher fahren die Stadtbusse der Linien 3 und 83 durch die Medardstraße, die mit einem Abstand von teilweise unter sechs Metern von Haus zu Haus für diesen Zweck eigentlich zu eng ist. Fehlende Gehwege führen zu gefährlichen Situationen für Fußgänger, entsprechend hoch ist auch die Lärmbelastung der Anwohner durch die Busse. Durch die geplante Umleitung über die Konzer und Saarburger Straße ergibt sich zudem eine bessere Erschließung des Schammatdorfs. Beide Straßen bleiben für Pkws wie bisher Stichstraßen. Eine Durchfahrt ist nur den Bussen erlaubt. Dazu wird ein bereits 2001 provisorisch eingerichtetes Verbindungsstück wieder aktiviert, das auch von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden kann.

Preispolitik VRT
Die Stadt will neu über die Tarifpolitik  im Verkehrsverbund Region Trier (VRT) verhandeln. Anfang 2012 waren die Ticketpreise um 4,6 Prozent gestiegen, zum 1. August wurde ein weiteres Plus von zwei Prozent beschlossen. Für das kommende Jahr steht seitens der Verkehrsunternehmen gar eine Forderung nach einer Erhöhung um 18 Prozent im Raum.
Der Stadtrat will diese Preisspirale nicht weiter hinnehmen und beauftragte die Verwaltung, sich mit den Stadtwerken und der VRT GmbH über eine Änderung des Kooperations- und Dienstleistungsvertrags zu verständigen. „Vom Erfolg der Verhandlungen wird ganz wesentlich die zukünftige Haltung der Stadt Trier zum VRT abhängen“, heißt es in der einstimmig angenommenen Beschlussvorlage. Besonders kritisiert wird die derzeitige Praxis, wonach der sich aus der demografischen Entwicklung in ländlichen Regionen ergebende Rückgang der Fahrgastzahlen über die Ticketpreise aufgefangen wird. In Trier befürchtet man dagegen bei weiteren Tariferhöhungen ein zusätzliches Minus bei den Fahrgästen, womit die im Mobilitätskonzept angestrebte Stärkung des Umweltverbunds gefährdet wäre.
Langfristig kann die ÖPNV-Infrastruktur in der Region nach Auffassung des Stadtrats nur mit einer gemeinwirtschaftlichen Finanzierung unter Beteiligung der Landesregierung aufrechterhalten werden. Eine entsprechende Resolution hatte der Rat bereits im Mai einstimmig verabschiedet.

Dachlandschaft Saarstraße
Um die charakteristische, in der Gründerzeit geprägte Dachlandschaft dauerhaft zu erhalten, hat der Stadtrat für einen großen Teil der Saarstraße eine Gestaltungssatzung erlassen. Gesichert werden damit einheitliche   Grundelemente wie Dachneigung, Dachfarbe und das Material der Eindeckung. Künftige Neubauvorhaben müssen sich an diesen Vorgaben orientieren, so dass Flachdächer und Staffelgeschosse ausgeschlossen sind.

Hotel kein Wohnhaus
Mit der Aufstellung eines Bebauungsplans hat sich der Stadtrat einstimmig gegen das Vorhaben ausgesprochen, das nh-Hotel am Verteilerkreis, das zur Zeit wegen Brandschutzauflagen nur teilweise genutzt werden kann,  in ein Wohnhaus umzuwandeln. Dagegen spricht aus Sicht des Baudezernats die fehlende räumliche Integration und mangelnde Infrastrukturanbindung des Areals sowie die Lärmbelastung durch die Nähe zur Autobahn. Mit dem Bebauungsplan „Moselufer nordwestlich Verteilerkreis“ (BN 86) soll eine Wohnnutzung für das 45 Meter hohe Bauwerk ausgeschlossen werden. Möglich bleibt jedoch die Umwandlung in ein Büro- oder Verwaltungsgebäude.

Lärmschutz
Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani beantwortete eine Einwohneranfrage von Regina Erz zum Thema Verkehrslärmbelästigung in der Straße Am Birnbaum, die in direkter Nähe zur vielbefahrenen Kohlenstraße liegt. Sie äußerte großes Verständnis für die Situation der Anwohner. Die zulässigen Lärmgrenzwerte könnten aber aufgrund des gewachsenen Verkehrsaufkommens nicht eingehalten werden. Für den Bau von Schallschutzwänden stünden keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Man versuche allerdings, durch energie- und lärmeffiziente Umrüstung des ÖPNV die Verkehrslärmbelastung im gesamten Stadtgebiet kontinuierlich zu reduzieren.