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13.10.2020

Aus dem Stadtrat

Rund fünf Stunden dauerten die beiden Sitzungen des Stadtrats am vergangenenen Dienstag, die OB Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Elvira Garbes leiteten. Weil die Tagesordnung der Fortsetzungssitzung vom 22. September wieder nicht komplett erledigt wurde, kommt das Gremium am Montag, 26. Oktober, 17 Uhr, erneut zusammen. Zu Beginn der Fortsetzungssitzung teilte Oberbürgermeister Wolfram Leibe mit, dass zum 1. Januar 2021 die neue gemeinsame Geschäftstelle für den Seniorenbeirat sowie für die Beiräte für Menschen mit Behinderung und für Migration und Integration ihre Arbeit aufnimmt. Der Stadtrat fasste danach unter anderem folgende Beschlüsse:

Flüchtlingsaufnahme
Die Stadt Trier soll bis zu 100 Menschen aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria aufnehmen, wobei Land und Bund die Kosten tragen sollen. Dies hat der Stadtrat gegen die Stimmen der AfD-Fraktion in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. In einer Diskussion, die teilweise sehr emotional geführt wurde, führten verschiedene Ratsmitglieder die erbärmlichen Bedingungen an, unter denen die Flüchtlinge litten und bekräftigten ihren Wunsch, schnell zu helfen.
Anja Reinermann-Matatko (Bündnis 90/Grüne) erklärte, mit dem gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD, Linke, FDP und UBT signalisiere man: „Wir in Trier haben Platz für Flüchtlinge aus diesem Camp." Grundvoraussetzung für die Aufnahme sei allerdings die Kostenübernahme durch Land und Bund, da Trier als stark verschuldete Gemeinde eine „freiwillige Leistung" dieser Größenordnung nicht beschließen dürfe. Auch Rednerinnen und Redner der anderen Fraktionen betonten, sie wollten ein Signal geben und führten Mitmenschlichkeit, Solidarität und grundsätzliche Werte an. Dr. Maria Duran-Kremer (SPD) erläuterte noch einmal, die Flüchtlinge aus Moria, die Deutschland jetzt aufnehme, hätten bereits ein Asylverfahren erfolgreich abgeschlossen. Michael Frisch (AfD) hingegen nannte es eine „Anmaßung" des Stadtrats, über das Budget von Land und Bund bestimmen zu wollen und sah durch den Antrag die föderale Struktur des Staates untergraben. Bürgermeisterin Elvira Garbes bekräftigte, Trier schaffe es, bis zu 100 Menschen aufzunehmen.

Nachtragshaushalt
Der Stadtrat hat den zweiten Nachtragshaushalt 2020 gegen die Stimmen der AfD und des parteilosen Ratsmitglieds Dr. Ingrid Moritz verabschiedet. Wichtigste Kennziffer ist die Steigerung des Defizits um knapp 27 auf jetzt rund 70 Millionen Euro. Davon entfallen nach Aussage von OB Wolfram Leibe allein rund 23 Millionen Euro auf die Bewältigung der Corona-Folgen. Dazu gehören das Programm „Trier hilft sofort", die Unterstützungszahlungen an die städtischen Beteiligungen, darunter die Stadtwerke, aber auch Ertragsausfälle und Aufwandssteigerungen in der Kultur und im Sport. Allein bei den Freibädern sind Ausgaben von rund 800.000 Euro nicht gegenfinanziert. Leibe verteidigte erneut den Beschluss des Stadtvorstands, die Freibäder trotz Corona-Auflagen zu öffnen: „Dabei hatten wir vor allem die Triererinnen und Trierer im Blick, die diesen Sommer wegen der Pandemie nicht in den Urlaub fahren konnten."
In seiner Erläuterung des zweiten Nachtragshaushalts verwies der OB aber auch darauf, dass man das Zusatzdefizit von 27 Millionen Euro auch vor dem Hintergrund sehen müsse, dass die genaue Höhe und das Zahlungsdatum von zugesagten Zuschüssen von Bund und Land noch nicht feststehen würden. Daher habe man diese Zuwendungen nicht im Nachtragshaushalt berücksichtigt.
Die Haushaltslage ist insgesamt auch deswegen schwierig, weil vor allem durch die Coronakrise mit Steuerausfällen von 20 Millionen Euro gerechnet wird. Betroffen ist nicht nur die Gewerbesteuer, sondern auch der städtische Anteil an der Einkommenssteuer, die durch die Kurzarbeit von vielen Arbeitnehmern sinkt. Bei der Bettensteuer hatte die Stadt 2019 noch Einnahmen von rund 1,2 Millionen Euro. Weil es vor allem während des Lockdowns im Frühjahr erhebliche Einbrüche im Tourismus gab, rechnet die Stadt 2020 nur noch mit rund 700.000 Euro. Außerdem drohen Mehrausgaben im Sozialbereich, wenn nach der Coronakrise bei immer mehr Menschen die Kurzarbeit ausläuft und eine längere Phase ohne Job zu befürchten ist. Leibe fasste seine Einschätzung in einem Satz zusammen: „Die Corona-bedingten Auswirkungen tun uns echt weh."
Ein Dauerbrenner bei der Haushaltskonsolidierung sind die sogenannten „freiwilligen Leistungen". Dabei geht es nach Aussage von Leibe für sehr viele Bürgerinnen und Bürger um essentielle Leistungen, vor allem in den Bereichen Schulen, Sport, Freizeit und ÖPNV. Dieses Thema spielt auch in den bevorstehenden Beratungen für den Haushalt 2021 eine zentrale Rolle. Leibe sprach sich dagegen aus, die kommunalen Investitionen zurückzufahren: „Das hätte drastische Folgen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, die ohnehin schon unter den Corona-Folgen leiden." 

Sondernutzungen
Der Stadtrat hat weitere Beschlüsse gefasst, die die infolge der Corona- Pandemie stark gebeutelte Gastronomie unterstützen soll – vor allem in den bevorstehenden Wintermonaten. So ermöglicht die Verwaltung den Gastronomen, bis zum 31. März 2021 über aktuell genehmigte Flächen für den gastronomischen Betrieb hinauszugehen. Da nun die kalten Wintermonate bevorstehen, lässt die Verwaltung weitere Ausnahmen zu: So dürfen auf Antrag Zelte und Planen zum Schutz vor Regen und Kälte aufgestellt werden, die gemäß der Sondernutzungssatzung eigentlich nicht zulässig sind.
Des Weiteren beschloss der Stadtrat, die Sondernutzungsgebühren für die Terrassennutzung bis zum 30. Juni nächsten Jahres zu erlassen. Die SPD forderte, auf die Gebühren bis zum Jahresende 2021 zu verzichten, wofür sie jedoch keine Mehrheit erhielt. Die Verwaltungsvorlage sah den Gebührenerlass bis 31. März vor – CDU und UBT forderten in einem Änderungsantrag – der die Mehrheit fand – die Verlängerung bis Ende Juni. Im ersten Quartal 2019 nahm die Stadt Gebühren für die Terrassennutzung in Höhe von 5000 Euro ein. Ordnungsdezernent Thomas Schmitt betonte den Ausnahmecharakter des Beschlusses und kündigte eine ohnehin geplante neue Sondernutzungssatzung nach dem Ende der Pandemie an, die dann auch konsequent umgesetzt werde.

Verbindungsstraße Trier-West
Sie ist ein Schlüsselprojekt im Masterplan für Trier-West: Eine neue Verbindungsstraße entlang der Bahnlinie soll als neue Nord-Süd-Achse die Eurener und die Luxemburger Straße entlasten. Zugleich dient sie zur Erschließung des geplanten Bahnhaltepunkts Trier-West und zur Anbindung des Wohn- und Gewerbegebiets Bobinet/Ausbesserungswerk. Der Stadtrat hat dafür jetzt mit großer Mehrheit den Baubeschluss getroffen. Die Kosten für die rund 1,1 Kilometer lange Trasse werden mit 15 Millionen Euro beziffert.
Im Norden schließt die Verbindungsstraße mit einem Kreisverkehr an die Horn- und Markusstraße an. Südlicher Anknüpfungspunkt ist die Straße An der Lokrichthalle, die weiterführt zum schon bestehenden Kreisel Im Speyer. Die außerdem geplante Anbindung an die Luxemburger Straße durch eine neue Eisenbahnunterführung wird aufgrund der noch ausstehenden Abstimmung mit der Deutschen Bahn AG zur Kostenverteilung verschoben.
Neben Abbiegestreifen an den Grundstückseinfahrten ist ein grüner Mittelstreifen geplant, der mit 33 Amberbäumen bepflanzt werden soll. Südlich des Bahnhaltepunkts sind beidseitig Fahrradstreifen und gepflasterte Gehwege vorgesehen. Im nördlichen Abschnitt reicht der Platz nur für einen Gehweg auf der östlichen Straßenseite aus.
Von den veranschlagten Kosten von 15 Millionen Euro entfallen allein 4,2 Millionen auf den Grunderwerb und auf Entschädigungen für Betriebsumsiedlungen. Die Stadt erwartet einen Zuschuss von maximal 10,8 Millionen Euro aus einem Bund-Länder-Programm für Städtebau. Somit verbleibt ein städtischer Eigenanteil von 4,2 Millionen. Momentan ist der Baubeginn für Mitte August 2021 im südlichen Abschnitt geplant. Rund zwei Jahre später soll die Straße fertig sein.
Im Stadtrat gab es für das Projekt 43 Ja-Stimmen bei sieben Gegenstimmen der Grünen und des parteilosen Ratsmitglieds Dr. Ingrid Moritz. In der kurzen Debatte kritisierte Dominik Heinrich (Grüne) die „enormen Kosten" für ein Projekt, das zusätzlichen Verkehr erzeugen werde, statt ihn zu reduzieren. Im Ortsbeirat Trier-West wurde das Vorhaben aufgrund der erwarteten Entlastung für die bestehenden Verkehrsachsen begrüßt und einstimmig angenommen, wie Ortsvorsteher Marc Borkam berichtete.

Umbesetzungen
Im Nachgang zur Verpflichtung des neuen AfD- Ratsmitglieds Bernd Schulz in der Sitzung vom 22. September beschloss der Stadtrat mehrere Ausschussneubesetzungen: Schulz, der die Nachfolge von Cornelia Doeschl angetreten hat, vertritt seine Fraktion im Sozial-Dezernatsausschuss sowie im Schulträger- und im Jugendhilfeausschuss. Das Mandat von Doeschl im Bauausschuss übernimmt nach dem Ratsbeschluss Christa Kruchten-Pulm. Außerdem gab es einen Wechsel im TTM-Aufsichtsrat: Schulz übernimmt das Mandat von Doeschl. Zudem stimmte der Stadtrat drei Umbesetzungen bei der Linksfraktion zu: Marc-Bernhard Gleißner übernimmt das Mandat von Matthias Koster im Dezernatsausschuss III, den umgekehrten Wechsel gibt es im SWT-Verwaltungsrat. Im Aufsichtrat der EGP tritt Theresia Görgen die Nachfolge von Jörg Johann an.