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13.10.2020

Angst um ein Trierer Original

blick auf das Exhaus durch das Eingangsgitter
Seit Anfang 2019 ist das Exhaus-Gebäude aufgrund baulicher Mängel zu. Bei der jüngsten Ratssitzung demonstrierten wieder mehrere Hundert Menschen dafür, die Kulturarbeit des Exhauses unter neuer, freier Trägerschaft zu erhalten und die Bauarbeiten am Gebäude fortzusetzen.

Über eine Stunde diskutierte der Stadtrat über die Zukunft des Exhauses, dessen Trägerverein infolge des laufenden Insolvenzverfahrens aufgelöst wurde. Einig waren sich alle Fraktionen in der Bedeutung der Einrichtung für die Stadt. Diskussionen gab es jedoch über die Suche nach einem neuen Träger.

Vor Beginn der Debatte informierte Bürgermeisterin Elvira Garbes über die aktuelle Situation: „Unser Jugendamt arbeitet mit dem Insolvenzverwalter daran, wichtige Teile des Vereins in neue, tragfähige Strukturen zu überführen." So gebe es für die Medienarbeit, die Jugendkulturarbeit und den „Bunker" in Trier-Nord, in dem viele Bands proben, Gespräche mit Trägern, um sie zunächst temporär weiterlaufen zu lassen. Für das Fanprojekt wurde laut Garbes eventuell ein neuer Sponsor gefunden. Es sei aber „alles noch in Klärung". Was den Hort betrifft, hat Insolvenzverwalter Professor Thomas Schmitt kurzerhand eine Gesellschaft gegründet, damit der Betrieb nahtlos weiterlaufen kann. Die Bürgermeisterin betonte die Bedeutung des Exhauses: „Es ist mehr als nur ein Gebäude, es ist ein Lebensgefühl, das mit schönen Erinnerungen verbunden ist. Viele sind traurig, dass der Verein nicht mehr existiert, aber wir müssen den neuen Tatsachen ins Auge sehen." Das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung wurde im September in ein Regelinsolvenzverfahren überführt, in dem der Insolvenzverwalter nun die Entscheidungen trifft.

Garbes betonte, die Stadt habe viel getan, um dem Exhaus zu helfen. So flossen 2016 bis 2019 rund 300.000 Euro an Zuschüssen an den Verein, der infolge von Brandschutzvorgaben seit 2016 mit Mindereinnahmen bei den Konzerten zu kämpfen hatte. Verschärft wurde die Situation, als im Februar 2019 das komplette Gebäude aufgrund baulicher Mängel geschlossen werden musste. Garbes sagte, es sei ein Zusammenkommen verschiedener Ereignisse gewesen, die zu dem traurigen Ergebnis geführt hätten. Sie sicherte zu, dass alles getan werde, damit es weitergehe. Bis Ende des Jahres muss ein Träger gefunden werden, der die Aufgaben des Exhauses dauerhaft übernimmt. Garbes versicherte, jeden interessierten Träger wohlwollend zu prüfen. „Wir können jedoch nicht einen Träger selbst formieren oder gründen", stellte sie klar. Den gemeinsamen Antrag von Grünen, CDU und Linken hielt Garbes für nicht zielführend, auch wenn sie ihn emotional verstehen könne.

Grüne, CDU und Linke forderten in ihrem Antrag, der mit 29 Ja- zu 23 Nein-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen wurde, dass ein neuer Träger die verschiedenen Aufgabenfelder des Exhauses (Hort, Streetwork, offene Jugendarbeit, Fanprojekt, Jugendkultur, Medienarbeit) unter einem Dach vereint. „Eine dauerhafte Zersplitterung des Leistungsspektrums in Teilbereiche" wird abgelehnt.

Norbert Freischmidt, der den Antrag für die CDU begründete, sagte: „Es soll ein neuer Träger gesucht werden, der das Leistungsspektrum übernimmt. Die Verwaltung soll prüfen, welche Trägerstruktur zweck- und zielführend ist." Wolf Buchmann (Grüne) betonte ebenfalls, es müsse eine neue Trägerstruktur aufgebaut werden, damit die Dinge besser weitergeführt werden könnten. Es sei wichtig, die Arbeit, die das Exhaus geleistet habe, zu erhalten. Er appellierte, den Exhaus-Verein als erfolgreichen Verein in Erinnerung zu behalten – nur die letzten beiden Jahre habe es nicht mehr funktioniert. Auch der unterstützende Beitrag durch die Stadt sollte erwähnt werden, so Buchmann.

Theresia Görgen betonte, man wolle mit dem Antrag eine „Zersplitterung des Angebots vermeiden", denn „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile". Sie sagte, das Exhaus stehe seit fast 50 Jahren für gute kulturelle und sozialpädagogische Arbeit. Görgen stellte die Frage, wer die Verantwortung für die Einnahmeverluste seit 2016 trage. Nach Brandschutzvorgaben und der Schließung des Gebäudes sei dann noch Corona gekommen, was dem Verein den Rest gegeben hätte, so Görgen.

Julia Bengart (SPD) kritisierte den Antrag, da die Gefahr bestehe, sich Lösungsmöglichkeiten zu verschließen, da es Träger geben könnte, die nicht alle Bereiche übernehmen wollten. Die Zeit dränge, da die Trägerschaft bis 1. Januar geklärt sein müsse. Sie bedauere, dass das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung nicht funktioniert habe. Von „Zerschlagung" des Vereins könne nicht gesprochen werden, da das Insolvenzverfahren die Auflösung vorsehe und daran könne man nichts ändern, so Bengart.

Bernd Schulz (AfD) forderte eine „Enttabuisierung der Debatte". Ein Verkauf oder eine Umnutzung des Gebäudes dürften nicht ausgeschlossen werden. Zwar wolle man die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Exhauses ermöglichen, aber es dürfe keine Denkverbote geben. Ein Alternativantrag der AfD, der vorsah, alternative Nutzungskonzepte für das Gebäude in der Zurmaiener Straße und einen möglichen Verkauf zu prüfen, lehnte der Rat mit großer Mehrheit ab.

Tobias Schneider (FDP) bezeichnete den Antrag von Grünen, CDU und Linken als „Augenwischerei". Es sei ein Simulieren von Lösungen, die es nicht geben könne, so Schneider. „Es kann nicht die Lösung sein, dass alles wieder in ähnliche Strukturen gegossen wird", so Schneider. Ihm gehe es darum, sagte der FDP-Politiker, dass gut geleistete Arbeit fortgeführt werden müsse. Die Struktur dahinter sei erstmal nachrangig.

Eine Aufarbeitung, wie es soweit kommen konnte, forderte Christian Schenk (UBT). Er betonte, dass die Stadt nicht mehr Herrin des Verfahrens sei und lehnte die Stoßrichtung des Antrags, dass der künftige Träger alle Bereiche übernehmen müsse, ab.

Dr. Ingrid Moritz (parteilos) sagte, die finanzielle Notlage des Vereins sei lange bekannt gewesen und die Insolvenz hätte verhindert werden können. Der Verein habe gute Arbeit geleistet und es sei wichtig, dass Jugendliche eine Anlaufstelle haben.

Björn Gutheil