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01.06.2021

Abschied vom Seilbahn-Traum?

Bergauffahrt der Stadtbuslinie 3 auf der Kohlenstraße
Die Stadtbuslinie 3 fährt auf der Strecke zwischen Porta Nigra und Petrisberg im Zehn-Minuten-Takt durch das Aveler Tal. Unter dem Stichwort „ÖPNV-Querachse“ wird eine direktere Anbindung der Höhenstadtteile an die City diskutiert.
Generationen von Trierer Kommunalpolitikern haben sich mit der Frage der direkten ÖPNV-Anbindung der schnell wachsenden Höhenstadtteile an die City beschäftigt. Immer wieder war auch der Bau einer Seilbahn im Gespräch. Gutachter haben diese Idee jetzt neu bewertet und kommen zu dem Schluss, dass eine neue Elektrobustrasse die bessere Alternative wäre. Im Baudezernatsausschuss gab es dazu eine kontroverse Debatte.

Ziel war es immer, die stauanfälligen Routen durch das Olewiger und das Aveler Tal vom Verkehr zu entlasten und die Bewohner der Höhenstadtteile durch ein attraktives Angebot zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu motivieren. Im Fokus stand dabei zunächst der Petrisbergaufstieg, also eine direkte Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Wissenschaftspark. Inzwischen firmiert das Projekt unter dem Titel „ÖPNV-Querachse" und beschreibt eine Strecke von der Hochschule in Trier-West bis zum Einkaufszentrum in Tarforst.

Nachdem das kostspielige Vorhaben seit 2012 auf Eis gelegen hatte, stand es im November 2019 wieder auf der Agenda: Damals beschloss der Stadtrat, die Chancen unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und aktueller Fördermöglichkeiten neu auszuloten. Einen Impuls erhielt die Debatte durch ein völlig neues Verkehrsmittel: Die Seilbahn könnte für den Abschnitt zwischen Bahnhof und Mosel durch ein „UpBus"-System ergänzt werden. Dabei werden die Kabinen von der Seilbahn abgekoppelt und auf ein Fahrgestell gesetzt, sodass sie auf der Straße mitrollen können.

Nach dem Ratsbeschluss berief die Verwaltung mit dem früheren Baudezernenten Peter Dietze und dem ehemaligen Leiter der SWT-Verkehrsbetriebe Frank Birkhäuer zwei Experten, die sehr gut mit der Materie vertraut sind. In ihrem Gutachten kommen sie zu der klaren Empfehlung, dass die Seilbahn nicht weiter verfolgt werden sollte. Allein die Kostenschätzung lässt aufhorchen: Inklusive UpBus und mehreren Zwischenstationen rechnen Dietze und Birkhäuer mit Investitionskosten von gut 250 Millionen Euro für die 7,6 Kilometer lange Strecke. Nimmt man allein den Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Tarforst, verringert sich die Summe allerdings auf rund 75 Millionen. Ebenfalls 75 Millionen Euro veranschlagen die Experten für das alternative Konzept: den Bau einer neuen Elektrobus-Trasse über den Hang des Petrisbergs inklusive einer Brücke über den Bahnhof und eines Tunnels unter der Kurfürstenstraße. Darin enthalten sind auch Maßnahmen zur Busbeschleunigung, einerseits bis zur Hochschule und andererseits bis nach Tarforst.

Als weitere Nachteile des Seilbahnkonzepts werden die schwierige Integration in das bestehende ÖPNV-Netz genannt und die Tatsache, dass der UpBus bisher nicht zur Personenbeförderung zugelassen ist.

Angesichts der Empfehlung des Gutachtens forderten Thomas Albrecht (CDU) und Tobias Schneider (FDP) in der Ausschussdebatte machbare Lösungen, statt weiter dem „Traum" einer Seilbahn nachzuhängen. Christiane Probst (UBT) plädierte sogar dafür, das Projekt ÖPNV-Querachse ganz aufzugeben und keine Steuergelder mehr für weitere Machbarkeitsstudien aufzuwenden.

Dagegen übten die Grünen Kritik an dem Gutachten. Es fehlten Aussagen, welchen Beitrag die beiden verglichenen Systeme zur Verkehrswende im Sinne des Trierer Mobilitätskonzepts leisten, bemängelte Ole Seidel. Das wichtige Thema der Fahrzeiten werde ausgeblendet. Auch Jörg Johann (Die Linke) sprach von einem „stark wertenden" Gutachten und bezweifelte, ob Elektrobusse die Steigung von 13 Prozent auf den Petrisberg bewältigen könnten.

Eine Mittelposition nahm die SPD ein: Rainer Lehnart sprach sich für eine ergebnisoffene Vertiefung der Diskussion in einem Workshop aus. Diesem Vorschlag schlossen sich Baudezernent Andreas Ludwig und schließlich auch die anderen Fraktionen an. Zu dem Workshop soll mit Professor Jan-Christoph Otten von der Hochschule Trier auch ein Experte für das UpBus-System geladen werden.

Ralph Kießling