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06.03.2018

Ein Weg aus der Sackgasse

Schlafplatz eines Obdachlosen im Freien
Bei klirrender Winterkälte wie in der letzten Woche kann die Übernachtung im Park lebensgefährlich werden. Dann stoßen die Unterkünfte für Obdachlose oft an ihre Kapazitätsgrenzen.
Der 20-jährige Lars zog als Kind nach der Scheidung der Eltern zu seinem Vater, der eine neue Familie gründete. Das führte zu Konflikten und zum Abbruch einer Ausbildung. Vor kurzem flog Lars endgültig bei seinem Vater raus, ist obdachlos und hat nun auch noch ein Alkoholproblem. Nach einigen Nächten in einer eigentlich für ältere Obdachlose gedachten Unterkunft beginnt Lars, sich mit einem Leben auf der Straße zu arrangieren und verschenkt damit eine große Chance.

„Wir wollen junge Menschen wie Lars nicht verloren geben." Mit diesen Worten leitete Jugendamtsleiter Carsten Lang die Präsentation des Konzepts für ein neuartiges Wohnprojekt für junge Obdachlose im Gneisenaubering in Trier-West ein. Für die Vorstellung hatte das Jugendamt zu einer Bürgerinformation ins Dechant-Engel-Haus eingeladen. Vorher hatten sich schon der Runde Tisch im Stadtteil sowie der Ortsbeirat mit dem Projekt befasst. Zu Beginn der Bürgerinformation begrüßte Quartiersmanagerin Renate Heineck die Besucher. Sie ist nicht als Akteurin in den Prozess eingebunden, übernimmt aber eine moderierende Funktion.

Bereits seit 2010 wird in Trier über Hilfen für junge Obdachlose bis 25 diskutiert. Vor allem wegen der offenen Finanzierung ist für junge Männer noch keine Lösung in Sicht. Junge Frauen können das Angebot des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) am Krahnenufer nutzen. Männer bis 25 sind mit älteren Obdachlosen im Benedikt-Labre-Haus der Caritas untergebracht. Diese Einrichtung stößt aber an Kapazitätsgrenzen und ist für die Bedürfnisse älterer Menschen ausgelegt, die oft schon seit vielen Jahren auf der Straße leben.

Daher entstand die Idee, in einem städtischen Gebäude in der Gneisenaustraße 44 nach einer Sanierung die Voraussetzungen für einen zeitlich befristeten Aufenthalt von jeweils etwa zehn jungen Obdachlosen zu schaffen. Um die Betreuung könnte sich mit dem Jugendwerk Don Bosco ein freier Träger kümmern, der schon seit Jahrzehnten in der Jugendarbeit im Stadtteil aktiv ist und breite Anerkennung genießt. Der Umbau des Gebäudes Gneisenaustraße 44 würde im Unterschied zu dem bald anstehenden Wohnbauprojekt im Haus Nr. 33-37 nicht aus dem Programm Soziale Stadt gefördert. Das Projekt könnte aber von einer großzügigen Unterstützung durch die Herbert- und Veronika-Reh-Stiftung profitieren. In der Diskussion ist ein Betrag zwischen 700.000 und einer Million Euro. Die Stiftung hat sich bereit erklärt, die Immobilie herrichten zu lassen und dem Jugendwerk Don Bosco zu übergeben.

Nach Einschätzung von Carsten Lang würde auch das Stadtviertel von dem Projekt profitieren, denn das denkmalgeschützte Haus Gneisenaustraße 44 steht derzeit leer und verwahrlost immer mehr. „Der aktuelle Zustand sorgt für einen negativen Eindruck bei der Einfahrt in das Wohnquartier", sagte er.

Kontroverse Debatte

Das Gebäude hat zudem den Vorteil, dass es in direkter Nachbarschaft des Jobcenters liegt, das seine Angebote in der Jugendberufshilfe und Berufsorientierung in das Hilfspaket für die jungen Obdachlosen einbringen könnte. Die Finanzierung der Unterbringung wäre über Zahlungen des Jobcenters und des Sozialamts sichergestellt.

In der Diskussion nach der Präsentation betonten mehrere Anwohner, dass sie das Projekt zwar grundsätzlich begrüßen, aber Bedenken wegen des Standorts haben. Eine Nachbarin verwies darauf, dass es hinter dem Gebäude eine Kindereinrichtung gibt und äußerte die Befürchtung, dass es zum Beispiel zu Sicherheitsproblemen durch etwaigen Alkoholkonsum der jungen Obdachlosen kommen könne. Carsten Lang hob hervor, dass in der Nachbarschaft der Immobilie auch das Haus des Jugendrechts ansässig ist, in dem unter anderem Polizisten stationiert sind. Wegen dieser Konstellation und des umfassenden Betreuungskonzepts für die jungen Obdachlosen ist er zuversichtlich, dass Konflikte mit Anwohnern und angrenzenden Einrichtungen vermieden werden können.

Ortsvorsteher Horst Erasmy sprach sich dafür aus, die Einrichtung für junge Obdachlose an dem vorgeschlagenen Standort zu realisieren. Wenn es aber Probleme gebe, werde er „alles in Bewegung setzen", um das Gebäude anders zu nutzen. Der Ortsbeirat Trier-West/Pallien befasst sich am 13. März erneut mit dem Konzept. Danach sind nach Angaben von Lang noch weitere intensive Beratungen und die Klärung zahlreicher Details nötig. Die abschließende Entscheidung über das Projekt trifft dann der Stadtrat.