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14.11.2017

Doppeltes Stigma

Gunter Demnig  fügt die Stolpersteine für Ernst und Leo Salomon in das Gehwegpflaster an der Hohenzollernstraße
Bereits seit 1992 verlegt der Kölner Bildhauer Gunter Demnig seine Stolpersteine und war dabei auch schon mehrfach in Trier zu Gast. Vor gut einer Woche fügte er die Steine für Ernst und Leo Salomon in das Gehwegpflaster an der Hohenzollernstraße in Trier-Süd ein. Foto: Seng
Die Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des NS-Regimes standen vergangene Woche gleich zweimal im Fokus: Vor dem Gedenken an die Pogromnacht (Bericht unten) besuchte OB Wolfram Leibe mit einer Gruppe die Stolpersteine in der Neu- und in der Zuckerbergstraße. Außerdem gibt es erstmals Stolpersteine für homosexuelle NS-Opfer. Zwei Brüder wurden trotz ihres großen persönlichen Einsatzes für das Vaterland nicht von dem Terror-Regime verschont.

Die eineiigen Zwillinge Ernst und Leo Salomon, die 1894 geboren wurden, meldeten sich freiwillig als Soldaten für den Ersten Weltkrieg. Nach ihrer Rückkehr übernahmen die Brüder den familiären Textilbetrieb. Beide wurden am 28. August 1935 wegen ihrer sexuellen Orientierung verhaftet und hart bestraft. Fünfeinhalb Jahre sollten sie im Gefängnis verbringen, doch da die Nationalsozialisten glaubten, Homosexualität „beseitigen“ zu können, wurden die Gebrüder als Forschungsobjekte missbraucht. Leo Salomon starb am 11. Oktober 1942 an den Folgen der Haft, nur wenige Tage vor seiner Entlassung. Sein Bruder Ernst Salomon, wurde am 18. Februar 1943 im KZ  Auschwitz ermordet. Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte am Montag vergangener Woche Stolpersteine zur Erinnerung an die Brüder in der Hohenzollernstraße 13.

Dreyer übernimmt Patenschaft

Der Initiator der Verlegung und Mitbegründer der Beratungsstelle „Rosa Strippe“ in Bochum, Jürgen Wenke, sprach bei der Verlegung detailliert über die Geschichte von Ernst und Leo Salomon. Außerdem hielt er im Stadtmuseum den Vortrag „Das doppelte Stigma“ über die Verfolgung Homosexueller in Trier während der Nazizeit.

Die Verlegung der Stolpersteine in der Hohenzollernstraße wurde begleitet durch das bekannte jüdische Musikstück „Donna Donna“, präsentiert von Schülern des Humboldt-Gymnasiums, das Ernst und Leo Salomon besucht hatten. Die Schüler führten zudem ein szenisches Stück über Toleranz und entschiedenes Auftreten gegen Rassismus und Vorurteile auf. „Die beiden Stolpersteine dienen als Mahnmale, um die Schrecken des Nationalsozialismus niemals zu vergessen“, betont Ministerpräsidentin Malu Dreyer in ihrem Grußwort zu der Verlegung. Sie übernimmt die Patenschaft für die neuen Gedenksteine.

Bei seinem Besuch verlegte Demnig außerdem sechs Stolpersteine in der Engelstraße. Sie erinnern an Maria Cordie, Michel Meyer, Peter Meyer, Anna Perings, Cäcilia Reichertz und Josef Scheit, die im früheren evangelischen Krankenhaus zwangssterilisiert wurden. Außerdem wird in der historischen Torausfahrt des Brüderkrankenhauses (Peter-Friedhofen- Straße) und in der Ehranger Kyllstraße 37 nun an Hilarius Feller erinnert, der als Psychiatriepatient der Euthanasie zum Opfer fiel. Die Stolperstein-Verlegungen wurden von der  AG Frieden, dem Kulturverein Kürenz, dem schwul-lesbischen Zentrum der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Verein Ehranger Heimat, dem Stadtmuseum und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit gemeinsam vorbereitet.