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21.03.2017

Aus dem Stadtrat

Der Stadtrat tagt im Großen Rathaussaal am Augustinerhof.
Der Stadtrat tagt im Großen Rathaussaal am Augustinerhof.
Fünf Stunden und 45 Minuten dauerte die Stadtratssitzung am Montag vergangener Woche, die von Oberbürgermeister Wolfram Leibe und Bürgermeisterin Angelika Birk geleitet wurde. Zu einem Eklat kam es bei der Einwohnerfragestunde zu Beginn der Sitzung, als NPD-Mitglied Safet Babic zunächst die Rechtmäßigkeit der zuvor geänderten Tagesordnung anzweifelte und dann seine Meinung zur Karl-Marx-Statue kundtat. Laut Gemeindeordnung sind Äußerungen, die sich auf Tagesordnungspunkte der Sitzung beziehen, nicht zulässig.

Obwohl ihm Bürgermeisterin Birk mehrfach das Wort entzog, die Sitzung unterbrach und das Mikrofon abgeschaltet wurde, redete er lautstark weiter. Ein Großteil der Stadtratsmitglieder verließ daraufhin demonstrativ den Ratssaal. Babic verlas sein Manuskript vor fast leeren Rängen und ging dann aus dem Saal. Birk stellte fest, dass die Einwohnerfragestunde „deutlich missbraucht“ worden sei und man sich rechtliche Schritte vorbehalte. OB Leibe hob hervor, dass die Verwaltung auch angesichts dieses Missbrauchs nicht von der Einwohnerfragestunde abrücke.

Im weiteren Verlauf der Ratssitzung standen unter anderem folgende Themen im Mittelpunkt:

Neues Ratsmitglied
Bürgermeisterin Birk verpflichtete in der Sitzung Bernhard Hügle (Foto: privat) als neues Stadtratmitglied. Er tritt in der Fraktion B 90/Grüne die Nachfolge von Christiane Wendler an. Durch diesen Wechsel kommt es noch zu weiteren Umbesetzungen: Hügle übernimmt außerdem das Mandat von Thorsten Kretzer im Schulträgerausschus, im Steuerungsausschuss tritt Petra Kewes die Nachfolge von Wendler an und im Jugendhilfeausschuss rückt Wolf Buchmann nach. Umbesetzungen gab es auch bei der Linken-Fraktion: Der kürzlich als Ratsmitglied verpflichtete Mateusz Buraczyk vertritt seine Fraktion künftig im Rechungsprüfungs- und im Stadtrechtsausschuss.

Jahresabschluss 2015
Die Abstimmung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung des Stadtvorstandes wird traditionsgemäß vom ältesten Ratsmitglied geleitet. Unter Vorsitz von Wolfgang Schmitt, Die Linke, erteilte der Rat auf Grundlage der Prüfberichte des Rechnungsprüfungsamtes dem Oberbürgermeister, der Bürgermeisterin und dem Beigeordneten Andreas Ludwig  einstimmig die Entlastung für den Jahresabschluss 2015. Keine Entlastung erteilt wurde dem im Dezember letzten Jahres abgewählten Beigeordneten Thomas Egger, aufgrund eines noch andauernden Prüfverfahrens.

Mieterhöhung
Der Stadtrat hat die Vorlage zur Erhöhung der Mieten sanierter städtischer Wohnungen in der Magnerichstraße 1/3 und 2 (Trier-West/Pallien) sowie in Mariahof in den Sozial-Dezernatsausschuss verwiesen. 46 Ratsmitglieder sprachen sich bei einer Nein-Stimme und drei Enthaltungen dafür aus. Zur Begründung verwiesen Vertreter mehrerer Fraktionen auf noch offene Fragen in Mariahof.
Der von Bürgermeisterin Angelika Birk eingebrachte Vorschlag sieht vor, dass in Mariahof in den Wohngebäuden Am Mariahof 51-55, 57-61, 63-67 sowie 64/66, in der Greiffenklaustraße 2/4/6 sowie der Lasinskystraße 2/4 nach der Sanierung die Mieten auf 5,40 Euro pro Quadratmeter erhöht werden. Für Neumieter sind sechs Euro veranschlagt. Bei den Bestandsmietern der Gebäude in der Magnerichstraße ist eine Erhöhung auf 5,30 Euro pro Quadratmeter vorgesehen. Der Betrag für neue Mieter liegt künftig bei 5,95 Euro pro Quadratmeter.
Das Projekt in der Magnerichstraße umfasst 68 Wohnungen. Die Arbeiten im Haus Nummer 2 sind abgeschlossen, sodass eine Neuvermietung ab diesem Monat möglich ist. Das Gebäude Magnerichstraße 1/3 (zwölf Wohnungen) wird mit einem Kostenaufwand von gut 1,3 Millionen Euro saniert. Die derzeit dort gezahlten Mieten schwanken zwischen 2,80 und vier Euro pro Quadratmeter. In Anbetracht der hohen Sanierungskosten ist nach Einschätzung des städtischen Amts für Soziales und Wohnen eine Anhebung der Mieten unausweichlich.
Deutlich größer als die Bauvorhaben in der Magnerichstraße ist das Projekt in Mariahof mit 120 Wohnungen. Die Gebäude wurden Mitte der 60er-Jahre errichtet und weisen einen erheblichen Sanierungsbedarf auf. Der Stadtrat hatte im März 2016 den Grundsatzbeschluss für die grundlegende Erneuerung getroffen.
Der Zeitplan des Amts für Soziales und Wohnen sieht vor, die Außenhüllen und die Treppenhäuser in den Jahren 2017/18 zu modernisieren. Erst 2019 beginnt die Innensanierung der Häuser und die Bewohner müssen ausziehen. Ihnen wurde bei einem Mietergespräch im Januar zugesagt, dass sie in Mariahof wohnen bleiben können. Um genügend Ausweichquartiere zur Verfüng zu haben, sollen andere Wohnungen, aus denen die Bewohner ausziehen, nicht weitervermietet werden und außerdem Wohnungen in dem neu zu errichtenden Gebäude auf dem Parkplatz neben dem Hofgut Mariahof genutzt werden.
In der Debatte würdigten Jutta Albrecht (CDU), Monika Berger (SPD), Thorsten Kretzer (B 90/Grüne) und Theresia Görgen (Linke) die vielfältigen Bemühungen des Sozialdezernats um eine umfassende und individuelle Beratung der Mieter. Sie monierten aber auch, dass es immer noch Defizite in der Kommunikation gebe.
Ortsvorsteher Jürgen Plunien beklagte, dass viele im Stadtteil kursierende Gerüchte die Situation nicht einfacher machten: „Eine sachliche Klärung offener Fragen ist dringend nötig“, betonte er. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Ludwig Limburg stehe er den Mietern für ein Gespräch zur Verfügung. Bürgermeisterin Angelika Birk bedankte sich für diese Unterstützung, betonte aber auch, dass Nachfragen der Mieter zu einzelnen Details der Sanierung nicht „als Einfallstor genutzt werden dürften, um die gesamte Sanierung grundlegend in Frage zu stellen“. Die Entscheidung über die Mieterhöhung müsse bald getroffen werden, um das aufwendige Projekt nicht zu gefährden.

Kein Staatstheater
Mit überwältigender Mehrheit hat der Stadtrat in seiner vergangenen Sitzung einen Antrag der AfD abgelehnt, der eine Umwandlung des Stadttheaters in ein Staatstheater und eine damit verbundene Kostenreduktion durch Kooperationen mit Häusern in Mainz, Kaiserslautern und Koblenz prüfen sollte.
„Im Hinblick auf den angespannten Haushalt der Stadt müssen die Kosten für das Theater reduziert werden. Nur so ist eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen“, begründete Michael Frisch (Afd) seinen Antrag. Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Kosten sieht er in der Umwandlung des Stadttheaters in ein gemeinsam mit dem Land betriebenes Staatstheater, ähnlich wie es mit dem Mainzer Theater 1989 geschah. Weitere Vorteile – neben den reduzierten Kosten – liegen für den Kommunalpolitiker auf der Hand: ein höheres Renommee führe zur Qualitätssteigerung im künstlerischen Bereich und damit zu höheren Besucherzahlen.  Die Angebotsvielfalt könne gesteigert werden. Zudem würde die Mitwirkung des Landes bei der Aufsicht und Besetzung wichtiger Stellen die finanziellen Risiken des Theaters verringern und die Stadt erhalte größere Planungs- und Rechtssicherheit für die Förderung durch das Land, auch bei der anstehenden Sanierung des Gebäudes.
Tobias Schneider (FDP), der stellvertretend für die restlichen Fraktionen im Stadtrat sprach, bezeichnete den AfD-Vorstoß als „Schaufensterantrag“. Die Probleme des Trierer Theaters seien „struktureller Natur“, die mit einer Umwandlung in ein Staatstheater nicht behoben werden könnten. „Trier braucht kein Staatstheater, sondern den Mut, eine Strukturreform zum Wohl des Theaters voranzubringen“, hob Schneider hervor.

Gesellschaftsvertrag TTM
Der Stadtrat stimmte einer Änderung des Gesellschaftsvertrags der Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) zu. Diese hängt unter anderem mit dem Amtsantritt des neuen Geschäftsführers Norbert Käthler zum 1. April zusammen. Außerdem wird die Regelung, dass der Oberbürgermeister und der zuständige Dezernent gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats sein können, wieder abgeschafft. Künftig gehört nur noch der OB oder der Beigeordnete, in dessen Zuständigkeit die TTM fällt, dem Gremium an. Konkret ist vorgesehen, dass der neue Kulturdezernent Thomas Schmitt mit seinem Amtsantritt am 18. April das Mandat übernimmt. OB Leibe betonte bei der Vorstellung der Stadtratsvorlage, die TTM sei nach der Umstrukturierung zum 1. Januar „wieder auf einem guten Weg“.
Im Zuge der Umstellung gab es außerdem eine personelle Entflechtung zwischen dem Rathaus und der TTM als 100-prozentiges städtisches Tochterunternehmen. Mitarbeiter, die teilweise für die TTM im Einsatz waren, sind nun wieder komplett bei der Stadt tätig. Mit dieser Trennung ist außerdem der Aufgabenbereich Kultur- und Kreativwirtschaft in städtische Zuständigkeit zurückgekehrt.

Bundeswehr-Widerspruch
Die Linksfraktion zog ihren Antrag zurück, der die Verwaltung aufforderte, Jugendliche über die Möglichkeit zu informieren, der Weitergabe persönlicher Informationen an die Bundeswehr zu widersprechen. Grund der Rücknahme war die Information von Bürgermeisterin Angelika Birk, dass dies bereits umfassend geschehe. So werde jedem Neubürger im relevanten Alter ein Musterwiderspruch ausgehändigt und eine Bekanntmachung in der Rathaus Zeitung weise auf die Möglichkeit hin, der Informationsweitergabe an die Bundeswehr zu widersprechen.

Sozialwohnungsbau Mariahof
Für das städtische Wohnbauprojekt am Hofgut Mariahof hat der Stadtrat bei Gegenstimmen der AfD eine Kostenerhöhung um knapp 1,4 auf nun 5,35 Millionen Euro bewilligt. Für die Anpassung an geltende Standards des sozialen Wohnungsbaus werden rund 630.000 Euro benötigt, während für die im Baubeschluss noch nicht berücksichtigte Herrichtung des Außengeländes 750.000 Euro veranschlagt werden.
Mit dem Bau von 33 Sozialwohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 1870 Quadratmetern soll unter anderem der dringende Bedarf für die Unterbringung anerkannter Asylbewerber gedeckt werden. Die Wohnungen können zudem während der Sanierung der älteren städtischen Mietshäuser in Mariahof als Ausweichquartiere genutzt werden (siehe nebenstehender Bericht).
Ursprünglich waren drei getrennte Gebäude geplant. Im Rahmen der Ausschreibung hat man sich nun aber für einen Entwurf mit einem gewundenen Baukörper entschieden. An der Auswahl waren auch Vertreter des Ortsbeirats Mariahof sowie Mitglieder des Trierer Architektur- und Städtebaubeirats beteiligt.
Die Mehrkosten entstehen unter anderem durch einen größeren Flächenbedarf für Trocken- und Lagerräume sowie Abstellräume für Fahrräder, Kinderwagen und Rollatoren, durch die Berücksichtigung der Nachrüstbarkeit eines Aufzugs und durch den Einbau von Terrassen, Balkonen und Laubengängen. Außerdem wurden nach den Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus behinderten- und rollstuhlgerechte Wohnungen zusätzlich in das Raumprogramm aufgenommen.

Burgunderviertel
Beigeordneter Andreas Ludwig beantwortete im Stadtrat eine umfangreiche Anfrage der Linksfraktion zur geplanten Abtretung des Vorkaufsrechtes der Stadt Trier für das ehemalige Konversionsgelände Burgunderviertel an die Gesellschaft für urbane Projektentwicklung (EGP). Er kündigte an, dass der Stadtrat über einen Verzicht des Erstzugriffsrechts entscheiden werde, auf Basis des bereits 2014 beschlossenen Rahmenplans für das Areal.