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31.07.2018

Schule als Smart Home

Ein Schüler erzeugt auf einem Standrad Energie, die Wasser in einer Flasche (links) erhitzt.
Ein Schüler erzeugt auf einem Standrad Energie, die Wasser in einer Flasche (links) erhitzt. Foto: GWT

Konkrete Energieeinsparungen an Schulen standen im Mittelpunkt eines dreijährigen Projekts mit Förderung des Bundesumweltministeriums. Aus Trier schafften auf der regionalen Ebene unter anderem die Grundschule Irsch und die Medardförderschule einen ersten Preis mit einer Prämie von 1500 Euro. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) ziehen Frank Staudt, Hausmeister an der Medardschule, und Daniel Sauvage, Energiesparbeauftragter bei der Gebäudewirtschaft, eine Bilanz.

RaZ: Wie entstand die Idee für die Beteiligung an der Aktion?

Daniel Sauvage: In erster Linie durch die Bereitschaft der Schulen, sich aktiv mit dem Thema Energie und Umwelt zu beschäftigen. Die Grundschule Irsch war sofort engagiert dabei. Durch die Teilnahme bestand für uns als Gebäudewirtschaft auch die Möglichkeit, bestimmte Maßnahmen mit einer 50 Prozent Förderung umzusetzen. So modernisierten wir in Absprache mit den Schulen die Beleuchtungs- und Heizungssteuerung. Man kann dies mit einer privaten Smart Home-Anlage vergleichen. So entstand ein System zur Steuerung komplexerer Abläufe, das auch ein Referenzobjekt für andere Schulen sein kann. Dann kamen wir mit Herrn Staudt ins Gespräch. In dessen Schule haben manche Räume bis zu sieben Heizkörper, die einzeln händisch zu steuern sind. Da haben wir ein erhebliches Energiesparpotenzial gesehen. So stieß die Medardschule im dritten Jahr hinzu. Wir konnten dort ebenfalls ein gefördertes Projekt umsetzen. Die neuen Anlagen können mit dem PC, Handy oder in jedem Raum gesteuert werden.

Es geht also nicht nur um die Heizung?

Sauvage: Nein, man kann die Beleuchtung steuern, aber auch Türen überwachen, Bewegungsmelder einsetzen oder CO2-Werte der Luft in den Klassenräumen ermitteln.

Frank Staudt: In der Medardschule wird derzeit die Heizung gesteuert. Jetzt wollen wir das zu Testzwecken auch mit der Beleuchtung machen. Wir stecken noch etwas in den Kinderschuhen. Das hängt auch damit zusammen, dass das Gebäude deutlich größer ist als in Irsch.

Was sind die wichtigsten Ziele?

Sauvage: Energie- und Kosteneinsparungen, aber auch Änderungen im Nutzerverhalten. In Irsch gab es früher Thermostatköpfe an den Heizkörpern, die man gar nicht verstellen konnte. Jetzt kann jeder Nutzer beim Verlassen des Raums die Temperatur entsprechend runterfahren oder selbst regeln.

Staudt: Ein sehr wichtiges Ziel ist der bewusste Umgang der Schüler mit Energie. Daher haben wir bei uns unter ihnen auch acht „Energiescouts" ausgebildet. Sie können jetzt dann auch mal ihren Lehrern sagen, was sie falsch machen. Die Scouts achten konkret darauf, dass das Licht ausgeschaltet und die Heizung runtergefahren ist, wenn der letzte den Raum verlassen hat. Je mehr ein Schüler konkret in einem Gebäude selbst machen kann, desto mehr passt er auch auf.

Haben die Schüler eigene Ideen eingebracht?

Staudt: Bei uns an der Medardschule gibt es einen Arbeitswelttag, in den ich eingebunden bin. Vor dem Start des Energiesparprojekts haben wir außerdem Ideen der Schüler gesammelt. Sie hatten etwa vorgeschlagen, mal einen Tag ohne Strom in der Schule zu testen. Zwar konnten wir das nicht umsetzen, es war aber auf jeden Fall ein guter Ansatz. Die beste Idee war eine Ladestation für Handys. Da wir bei dem Wettbewerb auch ein Solarpanel gewonnen haben, nehmen wir dieses Projekt nächstes Jahr in Angriff.

Wie wurden die Projekte in den Unterricht integriert?

Staudt: Beim Arbeitswelttag haben wir die ganzen Thermostatköpfe mit den Schülern zusammen ausgetauscht. Außerdem hatte uns die Energieagentur sogenannte „Energiefahrräder" geliehen. Dabei konnte jeder Schüler testen, wie anstrengend es ist, die Energie für das Erwärmen von einem Glas Wasser zu erzeugen. Dabei war ein Generator an einem Tauchsieder angeschlossen. Die konkrete Arbeit mit den Schülern an den Projekten hat insgesamt sehr viel Spaß gemacht.

Sauvage: An der Grundschule Irsch gibt es ebenfalls Energiescouts, die zum Beispiel auf Dinge wie Licht ausschalten beim Verlassen eines Raumes achten. Aber auch ein Musical über das Klima wurde auf die Beine gestellt. Ebenso ist das Thema Energie in allen Klassen seither Teil des Unterrichts. So konnte sich die Grundschule durch ihr Engagement für alle drei Projektjahre jedes Mal einen ersten Platz sichern. Ergänzend habe ich zusammen mit Manfred Hamm (Energieagentur Region Trier) den Schülern einige Zusammenhänge im Unterricht erklärt.

Wie hoch sind die konkreten Einsparungen durch diese Smart Home-Lösung?

Sauvage: In Medard kann man das noch nicht exakt sagen, weil die Anlage erst Ende 2017 in Betrieb ging. Für eine aussagekräftige Bewertung werden wir dort Daten aus einem ganzen Jahr abwarten, aber intern Zwischenwerte analysieren. In Irsch können wir nach einem Dreivierteljahr sagen, dass wir rund 90.000 Kilowattstunden weniger zur Beheizung des Gebäudes benötigt haben, ermöglicht durch die Kombination der eingesetzten Anlage und die Energiescouts vor Ort. Als Vorteil der neuen Einzelraumregelung kann jetzt zum Beispiel bei einem Elternabend der benötigte Raum gezielt beheizt werden, wo vorher unter Umständen das ganze Gebäude mit beheizt werden musste.

Sind die Ergebnisse auf andere Schulen übertragbar?

Sauvage: Wir haben zum Beispiel eine Anfrage von der Grundschule Matthias erhalten. Dort ist die nächste Umsetzung vorgesehen. Auch bei den Kollegen der Gebäudewirtschaft, die zahlreiche Schulen und mehrere Kindergärten betreuen, stößt das Projekt auf großes Interesse.

Wie war die Resonanz der beiden beteiligten Schulen?

Sauvage: Sehr gut, alle wollen nach dem Auslaufen des Projekts weitermachen.

Staudt: Das kann ich nur bestätigen. An der Medardschule wollen die Energiescouts unter den Schülern ihre Arbeit fortsetzen. Bei der Preisverleihung in Bitburg waren viele andere Schulen aus der Region mit dabei. Wie schneiden die Trierer Schulen im Vergleich ab?

Sauvage: Beim Abrufen der Fördermittel sind wir sehr früh aktiv geworden und liegen wir nach Aussage der Energieagentur an der Spitze. Leider können wir das Smart Home-System nicht in allen Gebäuden anwenden. Bei Nachtspeicherheizungen gibt es technische Grenzen. Etwas schwieriger ist die Umsetzung auch bei größeren Gebäuden. Wichtig ist, die technischen Gegebenheiten im Bestandsgebäude vorab zu betrachten, um eine Smart Home-Lösung abzuwägen.

Das Gespräch führte Petra Lohse

 
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