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29.06.2015 | Konferenz Flüchtlingsarbeit

Viele Wege zur Integration

Beratung im Worksho zum Thema Wohnen
Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat (Mitte) berichtet im Workshop „Wohnen“ über die Erfahrungen der Kölner Stadtverwaltung, insbesondere über das Auszugsmanagement, das Flüchtlinge in Wohnungen vermittelt.
Ab 1. August erwartet die Stadt die Zuweisung der ersten Asylbegehrenden, die bis zum Ende des Verfahrens oder dauerhaft in Trier bleiben werden. Auf der ersten Tagung zur Flüchtlingsarbeit der Stadt Trier diskutierten vergangene Woche 150 Fachleute verschiedener Institutionen, wie Unterbringung, Spracherwerb, Kulturvermittlung und berufliche Qualifizierung glücken können.

Nach dem Willen der Stadt sollen die Neuankömmlinge so schnell wie möglich auf eigenen Füßen stehen. Wie das geschehen kann, war das übergreifende Thema der Fachtagung „Lebens(t)raum gesucht!“ in der Europäischen Kunstakademie. „Wir wollen die Menschen integrieren, wir brauchen sie aber auch“, erläuterte OB Wolfram Leibe die Situation.

Bürgermeisterin Angelika Birk erklärte, jetzt würden Strukturen aufgebaut, die eine Koordinierung der Akteure auf dem Gebiet der Flüchtlingshilfe ermöglichen. Sie stellte hierzu Ruth Strauß vor, die im Rathaus ab 1. August die Stelle der Koordinatorin für die Belange asylsuchender Menschen innehat. Bei der Volkshochschule war sie zuvor mit der Koordinierung und dem Ausbau der Angebote zur Alphabetisierung Erwachsener betraut. Neben dem Aufbau von Strukturen betonte Birk die Wichtigkeit einer Willkommenskultur, gerade für traumatisierte Menschen aus Kriegsgebieten: „Wer an Humanität spart, gefährdet den sozialen Frieden.“

„Wohnen ist der erste Schritt zur Integration“, stellte OB Leibe fest. Erfahrungen aus Köln steuerte hierzu Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats e.V., bei: Dort ist eine dezentrale Unterbringung seit 2003 Konzept. Im Projekt „Auszugsmanagement“ bezahlt die Stadt verschiedene Träger, die mit eigens dafür eingestelltem Personal Flüchtlinge in Wohnungen vermitteln und neue Wohnungen rekrutieren. Dafür gibt Köln allein im Jahr 2015 über eine halbe Million Euro aus, spart jedoch dreimal so viel Geld ein, da die Unterbringung in Wohnungen deutlich billiger ist als in Wohnheimen.

Diskutiert wurde auch die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sowie von jungen Erwachsenen. Carsten Lang vom Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg berichtete von den insgesamt drei Wohngruppen, in denen junge Flüchtlinge aufgenommen werden. Im vergangenen Jahr habe man 264 Maßnahmen durchgeführt und stoße deutlich an Kapazitätsgrenzen. Seiner Erfahrung nach sind verschiedene Schritte notwendig, um die jungen Menschen aufzufangen: Bildung ab dem ersten Tag, Betreuung und Begleitung durch Fachkräfte, lokale Vernetzung der Akteure und bedarfsgerechte Angebote, die individuell zur Situation der Jugendlichen passen. Damit gelinge auch die Integration von „schwierigen“ Fällen.

Dass Kunst und Kultur kein überflüssiger Luxus, sondern ein wertvolles Mittel zur Verständigung sein können, machte Elke Reiter vom Kulturlabor deutlich. Sie informierte über das Projekt „Zusammenkunst“, bei dem verschiedene Künstlerinnen und Künstler in die Aufnahmestelle für Flüchtlinge gehen und mit den Kindern eine Stunde lang etwas erarbeiten, beispielsweise Tänze, Lieder, Bilder oder Kunstwerke. Im künstlerischen Ausdruck können die Kinder, die sich sonst sprachlich oft nicht verständigen können, miteinander und mit den Trierer Akteuren austauschen. Sie entspannen sich, bauen Vertrauen auf und lernen spielerisch auch die deutsche Sprache. In Zukunft sollen solche Projekte auch in die Stadt getragen werden, beispielsweise ist ein „Walking Act“ bei der kommenden Illuminale geplant. Dieses Engagement wird momentan nur über private Spenden finanziert, an einer Förderung durch öffentliche Mittel wird gearbeitet.

Ehrenamtler werden gebraucht

Eine notwendige Balance zwischen Arbeit im Ehrenamt und im Hauptamt wurde auf der Tagung immer wieder betont. Für die Koordinierung sowohl der freiwilligen Helfer als auch der professionellen Institutionen benötige man bezahlte Stellen, hieß es übereinstimmend. Gleichzeitig werden jedoch für verschiedene Bereiche auch Ehrenamtler gebraucht. Und schlussendlich müsse es auch Menschen geben, die Freunde der neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger werden möchten.

In Arbeitsgruppen wurden die Gespräche zu notwendigen Maßnahmen weiter vertieft. Eine Herausforderung betrifft beispielsweise die Organisation der ärztlichen Versorgung. Als beispielgebend wurden hier die Städte Hamburg und Bremen vorgestellt, die die Flüchtlinge von einer Krankenkasse gegen Zahlung einer Pauschale versorgen lassen. Dadurch, dass die Städte nicht in jedem Einzelfall die Bewilligung für einen Arztbesuch erteilen und die Abrechnungen nicht selbst prüfen müssen, sparen sie viel Geld. Im Bereich „Arbeit“ wurde neben dem Spracherwerb die Herausforderung gesehen, die Fähigkeiten der Asylbewerber und die Ansprüche der heimischen Wirtschaft zusammenzubringen und dabei die komplizierte Gesetzeslage zu beachten.

Allgemeines Fazit aller Arbeitsgruppen war die Forderung nach mehr Information über bestehende Angebote, Transparenz darüber, wer was macht, eine Koordination der Tätigkeiten und eine bessere Vernetzung der Akteure untereinander.

 
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