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15.02.2022

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Stark machen für Demokratie

In der vergangenen Sitzung hat der Stadtrat mehrheitlich einen Antrag mit dem übergeordneten Thema „Demokratie stärken, politische Bildung ausbauen" beschlossen. Wir haben den Antrag der SPD noch ergänzt und beantragt, dass in der vorgesehenen Expertenanhörung ein Fokus auf die Vermittlung von Medienkompetenzen gelegt wird, damit Bürger*innen Fake News von Fakten besser unterscheiden können. Außerdem sollen Überlegungen angestellt werden, wie politische Bildung Menschen mit Migrationsgeschichte besser vermittelt werden kann.

Die Pandemie und die vergangenen Monate haben noch einmal eindringlich gezeigt, wie wichtig politische Bildung für eine funktionierende Demokratie ist. Wenn auf Querdenker*innen-Demos von einer demokratischen Diktatur die Rede ist, dann zeigt sich eindeutig, dass hier ein bildungspolitischer Auftrag besteht. Die Demokratie ist ein hohes Gut, das aktiv geschützt und gelebt werden muss. Freiheitliche Grundrechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht, die auch von den Querdenker*innen jeden Samstag in Anspruch genommen werden, bilden das Fundament einer funktionierenden Demokratie und müssen daher konstant gelehrt werden, um aufzuzeigen, dass wir eben nicht in einer Diktatur leben. Falschinformationen, die übers Internet gestreut werden, gefährden hierbei unsere Demokratie und den demokratischen Konsens. Die Demokratie in Deutschland ist noch vergleichsweise jung. Und es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, sie weiterhin gegen demokratiefeindliche Kräfte zu verteidigen. Politische Bildung ist ein elementarer Teil davon. Die Expertenanhörung ist folglich ein wichtiger Schritt, um die bereits bestehenden Anlauf- und Informationsstellen zu bündeln.

Caroline Würtz


CDU
"Der Vernunft folgen, Flagge zeigen"

„Der Vernunft folgen und Flagge zeigen" – unter diesem Slogan wurde in Tuttlingen im Januar ein Offener Brief, der „Tuttlinger Appell", veröffentlicht, den unter anderem der dortige Oberbürgermeister, der Gemeinderat und die Kirchen unterzeichnet haben. In anderen Städten, so in Osnabrück, wurden andere solidarische Aktionen gegen sogenannte „Spaziergänger" durchgeführt, an denen sich auch Ratsfraktionen beteiligt haben.

Und in Trier? Dort wurde am Samstag, 12. Februar, nach dem Vorbild anderer Städte eine sogenannte „Menschenkette" gebildet, um ein deutliches Zeichen für einen gesellschaftlichen und demokratischen Zusammenhalt angesichts dieser Pandemie zu setzen. Gerne unterstützen wir die eigentlichen Ziele dieser Aktion, nämlich Unterstützung des Stadtvorstandes und der Verwaltung bei der Pandemie-Bekämpfung, Solidarität, kein Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse, keine gemeinsame Sache mit Extremisten, insbesondere Rechtsradikale, keine Vergleiche unseres Rechtsstaates mit der Nazi- Diktatur oder der DDR.

Wir als CDU-Fraktion hätten auch den Aufruf zu dieser Aktion mit unterzeichnet, wenn dieser nicht mit anderen, allgemein politischen Forderungen, die mit dem eigentlichen Anliegen nichts zu tun hatten, wie zum Beispiel Änderung des Gesundheitssystems, verknüpft worden wäre. Unsere Kritik daran wurde von den Veranstaltern leider nicht akzeptiert. „Zeigen Sie Flagge! Machen Sie deutlich, dass sich unsere freie, demokratische und an Vernunft und Wissenschaft orientierte Gesellschaft nicht spalten lässt!" Unter diesem Slogan hätten auch wir den Aufruf unterzeichnet. So haben wir uns als Privatpersonen, aber nicht als Fraktion an der Menschenkette beteiligt.

CDU-Stadtratsfraktion


SPD
Politische Bildung ausbauen

Gerade die Corona-Pandemie nutzen Verschwörungsideolog:innen gezielt, um mit Ängsten und Sorgen ihre Macht zu vergrößern. Studien zeigen, dass sie damit vier Prozent unserer Bevölkerung auch erreichen. Die Orientierung der verbleibenden 96 Prozent ist aber auch jeden Tag – auch abseits von Corona – immer wieder neu zu bestärken. Das Internet mit seinem scheinbar barrierearmen und demokratisierten Zugang verschärft diese Entwicklung für einige noch mehr. Es ist wichtig, den digitalen Raum auch als demokratischen Raum zu definieren, in dem die gleichen Rechte und Pflichten gelten wie auch außerhalb des Netzes.

Um uns alle in unserem Umgang mit Medien und Demokratie auch weiter zu stärken und bilden, sollten wir die Arbeit hierfür weiter ausbauen und nach der Schule nicht dem Zufall überlassen. Es ist daher richtig, dass wir im Land zum Beispiel den Sozialkundeunterricht ausbauen. Es ist daher richtig, dass wir das Bundesprogramm „Demokratie leben" in Trier mit vielen Partner:innen so stark für Trier gestalten. Wir haben eine aktive, starke, demokratische Zivilgesellschaft in Trier, für deren Aktivitäten wir als SPD sehr dankbar sind und die wir gerne weiter stark unterstützen.

Gleichwohl wollen wir als SPD auch in Trier noch mehr Menschen erreichen, die wir bislang nicht erreichen. Daher haben wir als SPD im Stadtrat erfolgreich beantragt, sich mit Expert:innen inhaltlich als Stadt zu vernetzen, um zu schauen, was wir an neuen Wegen und Angeboten gehen können, um unsere Demokrat:innen für die neuen Herausforderungen zu stärken. Danke an alle, die dies unterstützen. Denn Demokratie gehört stetig gestärkt und im Wert erneuert. Da sind wir alle jeden Tag gefordert.

Sven Teuber


AfD
Bischof Stein: faires Verfahren

In einer Anhörung hat sich der Stadtrat mit der Rolle von Bischof Bernhard Stein bei der Ahndung von sexuellem Missbrauch beschäftigt. Ziel der Anhörung war es, die Ratsmitglieder bei ihrer Entscheidung über eine mögliche Aberkennung der dem Bischof verliehenen Ehrenbürgerwürde und die Umbenennung des nach ihm benannten Platzes zu unterstützen.

Für uns als AfD-Fraktion ist es wichtig, diese Entscheidung auf einer umfassenden, verlässlichen und wissenschaftlich fundierten Untersuchung aller relevanten Aspekte zu treffen. Das gebieten der Respekt vor den betroffenen Menschen und die Prinzipien unseres Rechtsstaates. Es darf weder eine vorschnelle Verurteilung noch eine Relativierung nachgewiesener Taten geben. Zudem ist der historische Kontext zu berücksichtigen: In den 1970er Jahren gab es ein breite gesellschaftliche Debatte über die Legalisierung der Pädophilie. Insbesondere die Grünen setzten sich damals, bis in ihre Programmatik hinein, dafür ein. Dieser Zeitgeist hat sicherlich auch das damalige Verhalten der Kirche beeinflusst. Leider blieb die Stellungnahme von Professor Christian Pfeiffer hinter unseren Erwartungen zurück. Er musste einräumen, dass sein Plädoyer für eine umgehende Verurteilung von Bischof Stein nicht auf eigenen Studien, sondern lediglich auf einer Kenntnisnahme
einer Dokumentation der Opferverbände beruht. Das wird weder dem Grundsatz „audiatur et altera pars" noch elementaren wissenschaftlichen Standards gerecht.

In Übereinstimmung mit dem ehemaligen Justizminister Gerhard Robbers plädieren wir daher dafür, die Ergebnisse der noch laufenden Untersuchungskommission abzuwarten. Erst dann kann der Rat in dieser schwierigen Frage eine faire und vernunftbasierte Entscheidung treffen. 

AfD-Stadtratsfraktion


Matthias Koster (Die Linke) vor dem neuen Straßenschild in der Gerty-Spies-Straße.Die Linke
Eine würdige neue Namenspatronin

Seit Monatsbeginn ist es offiziell: Die frühere Hindenburgstraße hat jetzt einen neuen Namen und heißt von nun an Gerty-Spies-Straße. Der Stadtrat und der Ortsbeirat Mitte/Gartenfeld hatten zuvor mehrfach über die Umbenennung diskutiert.

Die Linksfraktion hat sich dabei stets dafür eingesetzt, dass die Straße nicht mehr nach Hindenburg benannt wird, sondern einen neuen Namen bekommt, der dazu einlädt, sich mit der Geschichte zu befassen und sich ihrer zu vergegenwärtigen. Mit Gerty Spies ist dies gelungen: Die Jüdin Gerty Spies, 1897 in Trier geboren, wurde 1947 ins KZ Theresienstadt deportiert. Ihre schrecklichen Erlebnisse hat sie nach der Schoah literarisch verarbeitet.

In einem ihrer Gedichte – „Des Unschuldigen Schuld", das noch im KZ Theresienstadt entstand – fragt Gerty Spies:

Was ist des Unschuldigen Schuld –
Wo beginnt sie?

Sie beginnt da,
wo er gelassen, mit hängenden Armen
schulterzuckend daneben steht,
den Mantel zugeknöpft, die Zigarette
anzündet und spricht:
Da kann man nichts machen.

Seht, da beginnt des Unschuldigen Schuld.

1997 verstarb Gerty Spies in München. Es ist ein starkes Zeichen, dass ihr jetzt in ihrer Heimatstadt Trier eine Straße gewidmet wird.

Matthias Koster


UBT
Unterstützung für Unternehmer

Der Online-Umsatz ist in der Pandemie noch einmal deutlich gestiegen. Dies hat neben den weiteren Einschränkungen wie 2G und 2G+ auch unseren Innenstadthandel massiv geschädigt. Die pandemiebedingten Rückgänge der Übernachtungen treffen unsere Hotels stark. Ebenfalls stark getroffen sind die Gastronomie, der Veranstaltungsbereich sowie die Kulturschaffenden. Also viele, die Trier so bunt, vielfältig und unverwechselbar machen. Darauf haben die Firmen in einem als Hilferuf zu verstehenden Offenen Brief reagiert, auf den der Stadtvorstand mit einer Pressemeldung geantwortet hat. Die Stadt erklärt, dass sie gemeinsam mit den Fraktionen und in Beschlüssen im Rahmen ihrer Möglichkeiten schon viel getan hat (so Ausweitung von Sondernutzungsflächen) und für weitere Gespräche bereitsteht.

Dies ist enorm wichtig. Wir benötigen einen offenen Dialog mit allen Beteiligten aus Rat, Verwaltung und Wirtschaft, um mit den Firmen der Stadt – gerade den kleinen und mittelständischen – Wege aus der Krise zu finden. Dies könnte in einer Sondersitzung des Runden Tischs Einzelhandels geschehen oder in einer größeren Runde mit Vertretern von Wirtschaft, Handel und Dienstleistungen. Wir stehen an der Seite der Trierer Unternehmerinnen und Unternehmer und fordern von Bund und Land eine Exitstrategie, die der Geschäftswelt eine Planung ermöglicht. Zudem benötigen wir aus städtischer Sicht weitere Unterstützung, um nach der Pandemie den Tourismus schnellstmöglich wieder anzukurbeln und Trier als Einkaufsstadt der Großregion weiter zu forcieren.

Christian Schenk


FDP
Konzept für Fahrradabstellanlagen

In der vergangenen Stadtratssitzung wurde der Antrag der FDP-Fraktion zur Erstellung eines Konzepts für Fahrradabstellanlagen mit großer Mehrheit beschlossen. Bereits im letzten Jahr stimmte der Stadtrat für unseren Antrag für Abstellanlagen für Fahrräder an Schulen. Im Nachgang stellte sich jedoch heraus, dass eine Verbesserung der Fahrradabstellinfrastruktur an Schulen nicht ohne weiteres aus dem Sonderprogramm „Stadt und Land" finanziert werden kann. Die Ergebnisse der Prüfung des Dezernats II, an welchen Schulen die Fahrradabstellanlagen trotzdem mit Mitteln des Sonderprogramms realisiert werden können, steht noch aus.

Wir haben dies zum Anlass genommen, die Erstellung eines stadtweiten Konzeptes für Fahrradabstellanalagen zu beantragen. Für die Radfahrer unverzichtbar sind außer einem gut ausgebauten Radwegenetz, vor allem flächendeckende Fahrradabstellanlagen. Dankenswerterweise konnten in den letzten Jahren auf Initiative von Ortsbeiräten vielerorts diesbezügliche Lücken geschlossen werden. Es ist jedoch fraglich, ob auch künftig durch die von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion geforderte sogenannte Unabweisbarkeit zum Beispiel Fahrradbügel noch ohne weiteres aus den Ortsbeiratsbudgets finanziert werden können.

Die Erarbeitung des Konzepts soll im Arbeitskreis Radverkehr als zuständigem Fachgremium erfolgen. Nun obliegt es dem Arbeitskreis ein Konzept zu erstellen, das unter anderem Vorschläge für eine sichere Unterbringung von teuren E-Bikes oder aber auch für Abstellmöglichkeiten an Mehrfamilienhäusern beinhaltet, zumal diese dort häufig fehlen. Wir danken den Ratskolleg/innen für die große Zustimmung zu unserem Antrag und freuen uns auf die Ergebnisse des AK Radverkehr.

Joachim Gilles